Oberliga

Süderelbe feiert ersten Auswärts-Dreier: Ein Adel, der verpflichtet - und drei „ganz einfache“ Tore!

22. Oktober 2022, 19:26 Uhr

Der FC Süderelbe feiert den ersten Liga-Auswärtssieg in dieser Saison - und das ausgerechnet an der Adolf-Jäger-Kampfbahn. Foto: Kormanjos

Dank der „adelig“ überragenden Leistung von Anton Ludolf Johann Graf von und zu Westerholt U. Gysenberg feierte der FC Süderelbe einen 2:1-Erfolg bei Altona 93 und eliminierte den Vorjahres-Finalisten bereits in der zweiten Pokalrunde. Als der Stadionsprecher des AFC bei der Liga-Revanche die Aufstellungen vortrug und den vollen Namen des Schlussmannes zum Besten gab, fühlte sich ein Teil des Altonaer Anhangs offenbar an das Pokalduell erinnert. Auf der einen Seite machte sich ein raunendes Gelächter breit, auf der anderen Seite gab’s Beifall für die fehlerfreie Aussprache. Kaum verwunderlich, dass FCS-Coach Stefan Arlt erneut auf seinen „Pokalhelden“ zwischen den Pfosten setzte (alle Highlights im LIVE-Ticker).

Anton von Westerholt war erneut ein sicherer Rückhalt, musste sich aber nicht in der Häufigkeit wie im Pokalspiel auszeichnen. Foto: noveski.com

Der Grund war allerdings nur unterschwellig das Pokalspiel, wie Arlt hinterher auf Nachfrage erklärte: „Er hat die letzten drei Wochen sensationell trainiert. ‚Hoffi‘ (Niklas Hoffmann, Anm. d. Red.) ist der ganz klar stärkere Fußballer. Aber hier auf dem Rasen war heute kein Fußball gefragt. Sich mit allem reinschmeißen, was man hat - das ist sein Ding. Zweimal hat er Kopf und Kragen riskiertund hält die Dinger“, sprach der Süderelbe-Übungsleiter auf die Chancen von Michael Gries (48.) und Armel Gohoua an (63.). „Er hat aber auch zweimal über den Ball geschlagen“, scherzte Arlt - und meinte: „ Er ist ein ganz junger Mann, der auf einem super Weg ist.“

"Wir haben drei Tore hergeschenkt!"

Und zu eben jenem Zeitpunkt, als Anton von Westerholt erstmals so richtig eingreifen musste, war die Partie schon weitestgehend entschieden, weil der AFC katastrophal verteidigte. Oder wie es Andreas Bergmann formulierte: „Wir haben drei Tore hergeschenkt!“ Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Einen tief aus der eigenen Hälfte von Dino Fazlic mit viel Effet vor das gegnerische Tor geschlagenen Freistoß konnten die Hausherren nicht verteidigen. Stattdessen verlängerte Marius Wilms die Kugel per Direktabnahme über Julian Barkmann hinweg zur Gäste-Führung (17.)! Auch der zweite Süderelbe-Streich war auf einen ruhenden Ball zurückzuführen: Erneut war es Fazlic, der eine Ecke von rechts vom Tor weg zog. Kein Verteidiger fühlte sich für Jeffery Volkmer zuständig, der das Leder volley in die Maschen beförderte (37.)!

Kömürcü schockt Altona direkt nach Wiederanpfiff

Dino Fazlic bereitete sowohl das erste als auch das zweite Tor per Standard direkt vor. Foto: noveski.com

„Das Dritte fällt in einer Situation, wo wir gerade aus der Halbzeit gekommen sind und uns vorgenommen hatten, nochmal richtig anzugreifen. Und dann ziehst du dir auf solche Art und Weise den Stöpsel“, haderte Bergmann mit eben jener Szene, die sich keine 60 Sekunden nach Wiederanpfiff abspielte. Can Kömürcü durfte am gegnerischen Sechzehner gefühlt fünf Pirouetten drehen und schweißte das Spielgerät anschließend aus 20 Metern ins rechte untere Toreck ein (46.)! Auch AFC-Fänger Barkmann gab diesmal keine allzu glückliche Figur ab. „Trotzdem haben wir weitergemacht und hatten Chancen“, so Bergmann, der noch zwei Alu-Treffer seiner Mannen sah. Kevin Prinz von Anhalt schädelte das Leder an den Pfosten (60.), ehe Bujar Sejdija einen Freistoß an die Latte donnerte (75.).

"Es wirkte heute schwerfällig"

„Ich glaube, wir hätten heute auch noch eine längere Zeit spielen können…“, brachte es Bergmann auf den Punkt - und begründete die Niederlage wie folgt: "Weil wir heute einen Tag hatten, wo wir nicht so griffig waren und nicht so reingekommen sind. Süderelbe ist extrem viel auf die zweiten Bälle gegangen. Da haben wir nicht die Ruhe gefunden. Es wirkte heute schwerfällig und es fehlte die Inspiration. Wir haben heute Fußball gearbeitet. Aber auch solche Spiele gehören zum Prozess dazu.“ Trotzdem: „Wenn du solche Geschenke verteilst, tut es umso mehr weh!“

Währenddessen feierte Süderelbe nach bis dato fünf Niederlagen in der Fremde den ersten Erfolg auf gegnerischem Terrain. „Erstmal sind wir froh, dass wir nach mehreren Anläufen jetzt mal ein Auswärtsspiel gewonnen haben. Wir hatten schon in einigen Spielen - mit Ausnahme von Niendorf - relativ gute Ansätze“, befand Arlt, monierte aber die Klarheit in den Aktionen. „Manchmal muss man sich auf die wesentlichen Sachen besinnen. Hin und wieder ist es in einem Auswärtsspiel nun mal so, dass du nicht so dominant sein kannst, wie zu Hause. Oft haben wir leichte Fehler gemacht und Gegentore verschenkt.“ Unter der Woche wurde in Winsen auf Rasen trainiert, um sich auf den Schlagabtausch an der „AJK“ einzustimmen. Offenbar mit Erfolg.

"Kann mich an kein Spiel entsinnen, wo wir aus vier, fünf Schüssen drei Tore gemacht haben"

FCS-Kapitän Can Kömürcü machte unmittelbar nach Wiederanpfiff mit einem 20-Meter-Strahl alles klar. Foto: noveski.com

Man wollte „mit wenigen Kontakten spielen“, gab Arlt die Marschroute vor. „Es muss alles nicht schön aussehen. Einfach mal einen ‚Dreier‘ holen!“ Gesagt, getan. Wenn es nur immer so einfach wäre. „Ich kann mich gar nicht an ein Spiel entsinnen, wo wir vier- oder fünfmal aufs Tor geschossen und drei Tore gemacht haben. Normalerweise haben wir immer fünf Hundertprozentige, um dann ein Tor zu kassieren. Heute war es mal anders.“ Auch deshalb, weil es den „Kiesbarglern“ bei den Toren sehr leicht gemacht wurde. „In der Tat“, entgegnete der Chefcoach, dessen Plan voll aufging. „Fußball ist ja auch immer ein Stück weit Psychologie. Wir haben uns zwei, drei Sachen überlegt - natürlich mit der Hoffnung, dass das auch Wirkung zeigt.“ Ein Beispiel: Yannick Petzschke aus dem Spiel nehmen. „Dadurch haben die viele lange Bälle gespielt - und darauf kann man sich dann einstellen.“

Genauso wie auf die Tatsache, dass Torsteher Anton von Westerholt gegen den AFC offenbar ganz besonders gut aufgelegt ist...

Autor: Dennis Kormanjos