Oberliga

„Das ist der geilste Punkt der letzten Jahre!“

06. September 2023, 01:26 Uhr

Ammat Janha (Mi.) köpft den Ball über Christian Gruhne (re.) hinweg zum vermeintlichen 2:0 - aber die Fahne war oben. Foto: noveski.com

„Es gibt manchmal so Tage, wo man auch mal mit einem Punkt zufrieden sein muss“, hatte Thomas Seeliger den Dienstagabend als einen dieser Tage ausgemacht. „Nicht, weil Niendorf die bessere Mannschaft war, sondern weil uns heute der letzte Punch gefehlt hat. Es fehlte die Genauigkeit und wir haben uns auch nicht so viele Torchancen erarbeitet, wie man das eigentlich von uns kennt. Wir sind manchmal zu kompliziert, wollen zu viel und zu schön. Ich hatte eher so ein bisschen Angst, dass wir zu viel wollen und dann in eine Kontersituation laufen“, analysierte der Cheftrainer der TuS Dassendorf, der früh im Spiel den umgeknickten Rinik Carolus verlor (7.), die Punkteteilung gegen den Niendorfer TSV (alle Highlights im LIVE-Ticker) auf dem mit Flutlicht ausgestatteten Trainingsplatz am Wendelweg.

Aus spitzem Winkel bringt Ante-Akira Kutschke (li., verdeckt) den Niendorfer TSV in Führung. Foto: noveski.com

Sein erster Weg nach dem Pausenpfiff führte zu Schiedsrichter Ben Henry Uhrig (SC Egenbüttel). Ali Farhadi haderte mit der aus seiner Sicht zu langen Nachspielzeit in den ersten 45 Minuten. Ein über dreiminütiger Zuschlag, der seinem Niendorfer TSV teuer zu stehen kam. 180 Sekunden waren bereits vorüber, als der dritte Eckball in Folge den gewünschten Ertrag für die Hausherren brachte. Eine eigentlich gänzlich harmlos anmutende Hereingabe von Zhi-Gin Lam rauschte flach an Freund und Feind vorbei, so dass der beste Dassendorfer an jenem Abend, Lennard Sowah, keine Mühe mehr hatte, den Ausgleich herzustellen (45. +3)!

Kutschke bringt Niendorf in Front

Das hätte das Niendorfer 2:0 sein können: Falk Gross (re.) zirkelte den Ball freistehend an die Unterkante der Latte. Foto: noveski.com

„Die lange Nachspielzeit in der ersten Halbzeit hat mich ein bisschen geärgert. Dass dann auch noch das Tor gefallen ist, ist natürlich bitter. Aber der Schiedsrichter hat das so gesehen – und am Ende immer Recht. Wir müssen das akzeptieren“, so Farhadi, der sein Team bis zu diesem Zeitpunkt auf der Siegerstraße sah. Weil ein versuchter Steckpass von Lam am gegnerischen Sechzehner abgefangen wurde, rollte der blitzschnelle Gegenzug. Leon Meyer fand mit seinem langen „Diago“ von rechts auf der anderen Seite den nimmermüden Ante-Akira Kutschke. Dieser ließ Jordan Brown und Maximilian Ahlschwede stehen – und vollendete von halblinks ins lange Eck (22.)!

"Mit ein bisschen Pech kannst du auch 0:2 zurückliegen"

Ein Eckball von Zhi-Gin Lam (re.) rutscht an Freund und Feind vorbei - und Lennard Sowah (li.) vor die Füße. Der Verteidiger hat mit dem Pausenpfiff keine Mühe mehr. Foto: noveski.com

Niendorf führte – und hätte den Vorsprung ausbauen können. Torschütze Kutschke luchste Henrik Dettmann den Ball ab, machte einige Meter und hatte das Auge für den freistehenden Falk Gross. Aus 15 Metern beförderte der Youngster die Kugel an die Unterkante der Latte (43.). Das hätte das 2:0 sein können, wenn nicht gar müssen. „Niendorf hat das nicht schlecht gemacht. Mit ein bisschen Pech kannst du auch 0:2 zurückliegen“, gab Seeliger unumwunden zu. Auch kurz vor der Halbzeit, als Ammat Janha nach einer von Stephan Wemakor im Spiel gehaltenen Brückner-Ecke vor dem gar nicht gut aussehenden Christian Gruhne an den Ball kam und diesen über ihn hinweg in die Maschen köpfte, hatte die TuS Glück, dass die Fahne oben war – Abseits (45.).

Und dennoch sprach Farhadi nach dem Spiel im Mannschaftskreis vom „geilsten Punkt der letzten Jahre“. Das lag sicherlich auch daran, dass seine „Sachsenwegler“ mit Beginn der zweiten 45 Minuten eifrig an der Uhr drehten und mit dem Remis mehr als nur zufrieden schienen. „Wir haben einen Tag weniger Pause gehabt“, sprach Farhadi auf das Türkiye-Spiel (2:2) am Samstag an. „Das war mega anstrengend. Deshalb haben wir am Montag nur locker trainiert. Schlussendlich war das heute ein Kraftproblem. Das hat man gemerkt.“ Nichtsdestotrotz: „Natürlich war der Ballbesitzanteil klar auf Dassendorfer Seite. Aber das ist nun mal so, wenn du so viele gute und hochklassige Spieler, die nicht so viele Fehler machen und genau wissen, was sie tun, in deinen Reihen hast. Aber am Ende hätten wir mit der einen oder anderen Aktion noch den Lucky Punch setzen können. Ich habe in der zweiten Halbzeit zumindest keine klare Torchance von denen auf meinem Zettel.“

"Manchmal muss man auch mit einem Punkt zufrieden sein"

Anschließend bejubelte Sowah (Mi.) seinen Premierentreffer in dieser Saison für "Dasse". Und ein immens wichtiger war es mit dem Halbzeitpfiff zugleich. Foto: noveski.com

Dassendorf probierte es, kam aber überhaupt nicht durch. Der alles überragende Tim Philipp Krüger, der jeden Zweikampf für sich entschied, hielt den Laden hinten zusammen. „Ich habe vor dem Spiel gesagt: Wenn du die Null hältst, gewinnst du das Spiel. Und dann musst du wieder einem Rückstand hinterherlaufen. Am Ende versucht du es zwar – und trotzdem war mir wichtig, dass nicht noch ein Gegentor fällt. Deswegen bin ich nicht traurig“, bilanzierte Seeliger. „Natürlich wollten wir gewinnen. Aber manchmal muss man auch mit einem Punkt zufrieden sein.“ Auch sein Gegenüber zeigte sich alles andere als unzufrieden mit dem Remis: „Das hat richtig Spaß gemacht und war ein toller Ausflug.“

Ein toller Ausflug mit etwas Zählbarem im Gepäck. Und das nicht bei irgendwem: „Dassendorf ist für mich ganz klar Meisterschaftsfavorit Nummer eins. Die haben eingewechselt und man denkt sich: ‚Da kommt ja eine Maschine nach der anderen.‘ Und dann fragt man sich: ‚War der nicht schon in der Startelf?‘ Auch wenn das Aufwärmprogramm eine Katastrophe war, hat es in der Kabine gebrannt. Das hat mir bei Türkiye gefehlt. Niendorf ackert, Niendorf kämpft und Niendorf muss alles investieren, um am Ende als Sieger vom Platz zu gehen. Heute haben wir alles beherzigt“, so Farhadi abschließend.

Autor: Dennis Kormanjos

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