Oberliga

Spät, später, „Dasse“: Nikolic sieht „geilen Fight“ des VfL, doch die TuS hat „Strömaggio“

27. September 2020, 18:10 Uhr

Der Moment der Entscheidung: VfL-Schlussmann Christian Gruhne (li.) ist geschlagen, Dassendorfs Mattia Maggio dreht jubelnd ab. Foto: Herzog

Jean-Pierre Richter war überrascht. Nicht, dass der Trainer der TuS Dassendorf seiner Elf im Spiel beim VfL Lohbrügge (Hier gibt’s die Highlights im Live-Ticker) nicht zugetraut hatte, auch in der letzten Minute noch zuzuschlagen und den zweiten „Dreier“ der Saison einzufahren. Nein, es lag an etwas ganz anderem. „Ich habe den Ball am Außennetz gesehen und nicht im Tor“, erklärte „JPR“ nach dem Abpfiff am Binnenfeldredder. „Erst als alle anderen jubelnd an mir vorbeigelaufen sind, habe ich registriert, dass der Schuss drin war“, grinste Richter und durfte sich freuen: „Zwei Spiele, zwei Siege und nach dem zweiten Spieltag Tabellenführer – besser geht's erstmal nicht“, konstatierte der Übungsleiter treffend. Bis aber Sieg Nummer zwei und damit die Punkte vier, fünf und sechs aufs Dassendorfer Habenkonto wanderten, mussten Richter und Co lange warten...

Exakt bis zur zweiten Minute der Nachspielzeit. Len Aike Strömer spielte in jenem Moment links am Strafraum Mattia Maggio an. Der Ex-Profi nahm das Leder auf, zog ab und die Kugel schlug unten links am kurzen Pfosten neben Christian Gruhne, dem Ex-Dassendorfer zwischen den Pfosten des VfL-Gehäuses, im Netz ein. Der Rest war kollektiver Jubel: Die komplette Besetzung der TuS-Ersatzbank stürmte ebenso zum Jubeln an die linke Eckfahne wie die Dassendorfer Kicker, die auf dem Feld standen. Wie schon beim 2:1-Sieg in der Vorwoche gegen Union Tornesch, wo Strömer zwei Maggio-Treffer per Flanke vorbereitete, hatte das Duo der TuS zum Sieg verholfen. Mit „Strömaggio“ zum Erfolg, quasi.

Gruhne: „Wenn er den Schuss mit dem Vollspann trifft, ist er auch genau neben dem Pfosten drin“

Zweikampf unter den Augen des Schiedsrichters: Referee Lasse Holst (re.) beobachtet das Duell zwischen Hischem Metidji (Mitte) und dem Dassendorfer Kerim Carolus. Foto: Herzog

„Ich bin gerade noch ein bisschen genervt“, ärgerte sich Christin Gruhne entsprechend kurze Zeit nach der Begegnung. „Wenn er den Schuss mit dem Vollspann trifft ohne Rotation, dann ist er auch genau neben dem Pfosten drin“, sagte der VfL-Keeper zum Versuch seines Ex-Teamkollegen, den er in jener zweiten Minute der „Overtime“ passieren lassen musste. Zuvor aber stand Gruhne im Duell mit „Dasse“ wiederholt auf dem richtigen Posten, bot eine starke Partie und entschärfte unter anderem im zweiten Durchgang einen Schuss von Kristof Kurczynski, den dieser freistehend aus zwei Metern vorm Tor abgegeben hatte. „Mehr als diese eine Aktion, wo wir auf der Linie retten, hatte Dassendorf in der zweiten Hälfte auch nicht“, blickte der Lohbrügge-„Goalie“ auf die gerade zu Ende gegangene Begegnung zurück. „Ich hätte mir einen Punkt gewünscht. Wir hatten den Pfostentreffer – das wäre der Lucky Punch gewesen, den wir uns erhofft hatten“, erklärte Gruhne mit Blick auf die 80. Minute, als Pascal Bäker die Kugel ans Aluminum des Dassendorfer Gehäuses hämmerte.

Nikolic: „Ich finde, dass wir es sehr gut gemacht haben, aber leider nicht belohnt worden sind“

Mit Bodenhaftung: Len Aike Strömer (re.) versucht auf allen Vieren Lohbrügges Simon Keisef entscheidend zu stören. Foto: Herzog

Doch statt zu jubeln „stehen wir jetzt ohne Punkte da. Wir müssen uns insgesamt noch finden, glaube ich. Das hat man in der vergangenen Woche gegen Bramfeld (1;1, Anm. d. Red.) gesehen, wo wir nicht konzentriert zu Ende spielen, in der zweiten Halbzeit gar keinen richtigen Fußball mehr zeigen und uns fast ergeben. Gegen Dassendorf ist jeder motiviert und läuft, bis er Krämpfe hat. Gegen diese Mannschaft musst du aber auch 90 bis 95 Minuten durchziehen. Trotzdem hat es leider nicht gereicht“, bilanzierte Gruhne und lag mit seinem Fazit eng bei dem, was Elvis Nikolic nur Augenblicke später formulieren sollte: „Wir haben einen richtig geilen Fight geliefert. Jeder auf dem Platz hat sich zerisssen. Dassendorf hat eine erdrückende Qualität. Wenn du den Kapitän eines beliebigen Drittligisten (Maximilian Ahlschwede, Anm. d. Red.) holen kannst, zeigt das, was für eine Power in dem Verein steckt. Ich finde, dass wir es sehr gut gemacht haben, aber leider nicht belohnt worden sind“, erklärte der Trainer der Lohbrügger. „In der Situation, die zum Tor führt, rücken wir zu spät und unkontrolliert raus, so dass Dassendorf Maggio freispielen kann. Er spielt den dann stumpf auf den ersten Pfosten. Gruhne war leider die Sicht versperrt. Den Ball mit dem Spann so ins kurze Eck zu bringen, ist auch Qualität. Dass Dassendorf gegen jeden seine drei, vier Chancen bekommt, ist klar“, so Nikolic.

Richter: „Letztlich musste es dann so ein brutaler Schuss wied er von Maggio sein“

In die Luft geschraubt: Der Lohbrügger Chris Pfeifer (li.) im Kopfballduell mit Mirco Duve-Bergmann. Foto: Herzog

Und „Spät-Jubler“ Jean-Pierre Richter? „So viele Steine hatte ich eigentlich gar nicht auf dem Herzen, als dass sie mir in dem Moment hätten runterfallen können. Natürlich ist jetzt nach dem Spiel eine gewisse Erleichterung da, weil wir viel investiert hatten. Man hat gesehen, was für ein Brustlöser der Treffer für die Mannschaft war, wenn man ein so intensives und auf Messers Schneide umkämpftes Spiel gewinnt“, resümierte der „Dasse“-Coach und konstatierte: „In so einer Partie ist der erste Treffer dann quasi der Lucky Punch. Lohbrügge hatte als einzige zwingende Aktion den Pfostenschuss. Klar ist so ein Sieg für uns dann mega schön.“ Wie schon in der Vorwoche Union Tornesch sei auch der VfL „ein gut geordneter Gegner“ gewesen, befand „JPR“ und ergänzte: „Qir hatten schon in der ersten Halbzeit einige Möglichkeiten und Überzahl in den Räumen, aber wir waren teilweise zu ungenau und haben aus guten Bällen zu wenig gemacht. Unterm Strich war Christian Gruhne auf Lohbrügger Seite natürlich überragend. Gerade in der Schlussphase. Immer, wenn man dachte, jetzt ist er endlich geschlagen, dann hat er gezeigt, warum er einer der besten Oberliga-Torhüter ist und mit uns jahrelang Titel abgeräumt hat.“ Letztich, so Richter, „musste es dann schon so ein brutaler Schuss wie der von Mattia sein, nachdem wir es zum Teil zu sehr im Klein-Klein probiert haben. Dass Strömer und Maggio harmonieren und funktionieren, wissen wir ja...“