Top, die Wette gilt: Krause sorgt für Osdorfs Pokal-Sause!

"Überhebliches" Rugenbergen in Überzahl düpiert

10. Dezember 2016, 00:36 Uhr

Sascha Blume (li.) rieb sich vorne auf. Hier im Duell mit Broder Hansen (re.). Foto: KBS-Picture.de

Gut gelaunt und frohen Mutes kamen Piet Wiehle (TuS Osdorf) und Ralf Palapies (SV Rugenbergen) gemeinsam am Blomkamp an. Grund: Beide arbeiten für die von Stefan Kohfahl ins Leben gerufene Real Madrid-Fußballschule und hatten am Abend ihre Weihnachtsfeier. Da Wiehle und Palapies jedoch zur gleichen Zeit mit ihren Teams im Achtelfinale des ODDSET-Pokals aufeinandertrafen, machten sie sich zusammen auf den Weg zum Spiel – und fuhren danach auch wieder im Gleichschritt hinüber. Während sich die Laune auf der einen Seite weiter gen Höhepunkt gesteigert hatte, verdunkelte sich die Miene auf der anderen jedoch zusehends…

Er wurde immer lauter, die Unzufriedenheit nahm von Minute zu Minute zu: Ralf Palapies schlug sich immer wieder die Hände vors Gesicht, konnte kaum mehr hinsehen. Seine Mannschaft verspielte am Blomkamp eine 1:0-Pausenführung – und das in Überzahl! Auf die Frage, was in der zweiten Halbzeit mit seiner Elf losgewesen sei, entgegnete Palapies: „Die war von unserer Seite gekennzeichnet von Überheblichkeit!“ Der Coach der Bönningstedter, die in der Liga zuletzt 19 von 21 möglichen Punkten holten, ging sogar noch weiter: „Von ‚Wir haben das Spiel eh schon gewonnen‘ bis hin zu ‚Wir sind ja sowieso einer mehr, der andere wird‘s schon richten‘: Leider haben wir die völlig falsche Einstellung an den Tag gelegt!“

"Von beiden Mannschaften ziemlich schlecht!"

Melvin Bonewald (li.) versucht noch zu retten, was nicht mehr zu retten ist: Marc Brunkhorst (re.) trifft zur Rugenbergener Führung. Foto: KBS-Picture.de

Die ersten 45 Minuten sind schnell erzählt. Viele Unzulänglichkeiten hüben wie drüben, immer wieder hieß das Strickmuster hoch und weit. Fußballerisch war das von beiden Seiten absolute Magerkost. Palapies dazu: „Die erste Halbzeit war von uns noch weitestgehend okay, wobei sie insgesamt von beiden Mannschaften ziemlich schlecht war. Das hatte wenig mit Fußball zu tun.“ Sein Gegenüber befand: „Es waren unglaublich viele Stockfehler und blinde Bälle dabei. Uns fehlte die Konzentration – und das in ganz einfachen Situationen“, so Wiehle, dessen Equipe in der Nachspielzeit –als die 284 Besucher bereits mit einer trostlosen Nullnummer rechneten – aus dem Nichts einen Dreifach-Schock hinzunehmen hatte: Erst blieb dem TuS nach einem vermeintlichen Handspiel an der Strafraumgrenze eine aussichtsreiche Situation verwehrt, ehe im direkten Gegenzug der Ball plötzlich im Gehäuse von Claus Hencke landete, als die Hausherren keinerlei Zugriff auf den rechts durchstartenden Raoul Bouveron bekamen und Marc Brunkhorst dessen tolle Hereingabe per Lop zum 1:0 für den SVR vollendete (45. +1)!

Drei Nackenschläge binnen weniger Sekunden

Es begann die Zeit des Toni Ude (li.), der sich nicht mehr in den Griff bekam... Foto: KBS-Picture.de

„Der Zeitpunkt und das Zustandekommen sind natürlich ärgerlich“, so Wiehle, der jedoch anfügte: „Wir sind aber selbst schuld, wenn wir es nicht schaffen, zu dritt die Flanke zu verhindern.“ Der nächste Rückschlag folgte, als Referee Stephan Timm (SC Egenbüttel) beide Teams bereits in die Kabinen bat. Antonio Ude geriet mit Jan Düllberg und gefühlt jedem seiner Gegenspieler aneinander. Plötzlich marschierte der Unparteiische auf ihn zu und zückte den roten Karton! „Ich kann dazu wirklich überhaupt nichts sagen, weil ich nichts mitbekommen habe“, erklärte Wiehle hinterher. Es sollen wohl einige Worte gefallen sein, die Referee Timm nicht passten. Routinier Ude erwies seiner Elf damit natürlich einen rieseigen Bärendienst. Oder auch nicht? „Ich habe der Mannschaft gesagt, dass sich die Situation nicht großartig ändert. Ob wir nun mit zehn oder mit elf Mann spielen: Wenn wir das taktisch richtig machen und gut auffangen, dann macht das keinen großen Unterschied“, hatte Wiehle die Hoffnung längst noch nicht verloren.

Im Gefühl des sicheren Sieges stellte Rugenbergen das Fußballspielen nahezu ein – während Osdorf plötzlich aus seiner Lethargie erwachte. Von einer numerischen Unterzahl war rein gar nichts zu sehen. Ganz im Gegenteil! Der SVR brachte in der zweiten Halbzeit ganze zwei gefährliche Abschlüsse zustande, wovon ein abgerutschter Flankenball von Düllberg, der an den Querbalken klatschte, auch noch dem puren Glück entsprach (75.). Die andere Szene ereignete sich in Minute 63, als Dennis von Bastian – einziger Gäste-Akteur, der auch mal Verantwortung übernahm – Bouveron herrlich steil schickte. Doch dieser scheiterte am sensationellen Fußreflex von TuS-Titan Hencke. Ansonsten spielte fast nur noch Osdorf – wohlgemerkt mit einem Mann weniger.

Top, die Wette gilt: Krause sorgt für Osdorfs Pokal-Sause

... und von Schiedsrichter Timm (re.) den roten Karton aufgedrückt bekam. Foto: KBS-Picture.de

Nachdem Bennet Krause beim Schussversuch zu Fall gebracht wurde, legte sich Cousin Torben den Ball 17 Meter vor dem Kasten von Dennis Schultz zurecht und holte sich noch einen aufmunternden Klaps von Sascha Blume ab. „In der Mannschaft gibt es immer schon ein paar Wetten, dass wir in Richtung Mittellinie gehen können, wenn der Ball in dieser Position liegt“, verriet T. Krause hinterher mit einem leichten Augenzwinkern. „Deshalb habe ich schon einen gewissen Druck, aber ich gebe natürlich immer mein Bestes, dass der Ball dann auch reingeht.“ Und wie er das tat: Mit seiner exorbitanten Schusstechnik schlenzte er das Runde über die Mauer hinweg und in den linken Knick – 1:1 (57.)! Da hätten sich selbst Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo noch eine kleine Nachhilfestunde abholen können. Auch in der Folge agierten die Gäste viel zu passiv und behäbig. Auf der anderen Seite fand Tim Jobmanns herausragender Diagonalball auf rechts Kevin Trapp. Dessen Flankenversuch auf Wachter konnten gleich zwei Rugenbergener Verteidiger nicht entscheidend klären, stattdessen stand erneut Krause goldrichtig und stellte den Spielverlauf auf den Kopf (71.)!

Die Chancen in der Schlussphase gehörten nicht etwa den Bönningstedtern, sondern den zehn Osdorfern, die noch reihenweise Kontermöglichkeiten liegenließen. „Wir verlieren aufgrund der zweiten Halbzeit völlig zurecht und sind damit raus“, brachte es Palapies nüchtern auf den Punkt. Ganz so einfach wollte er es seinen Jungs dann aber doch nicht machen. „Darüber werden wir intern sprechen müssen und leider nehmen wir es auch mit ins neue Jahr. Vor acht Wochen waren wir Vorletzter und heute legen wir eine Überheblichkeit an den Tag, die ich mir sicher nicht gefallen lassen werde. Daraus muss die Mannschaft ganz viel lernen. Vor allem, dass man immer alles abrufen muss – auch dann, wenn man 45 Minuten lang ein Mann mehr ist. Wir haben zwar zuletzt eine gute Serie hingelegt, aber eben noch lange nicht ausgelernt. Und der eine oder andere dachte sich ab der 46. Minute wohl, er hätte schon ausgelernt. Wir haben uns in der Halbzeit gesagt, dass es nun noch schwieriger wird. Aber wir haben nichts von dem, was wir uns vorgenommen haben, umgesetzt. Gar nichts!“

"Blomkamp-Mythos" entfacht: Der Traum lebt weiter

Osdorfs Kevin Trapp (re.), hier in der Defensive gefordert, bereitete das 2:1 mit seiner Fanke maßgeblich vor. Foto: KBS-Picture.de

Matchwinner Torben Krause, der mal wieder stark angeschlagen auflief und zumindest 78 Minuten lang durchhielt, verlor trotz Pausenrückstand und Unterzahl nicht den Glauben an ein Weiterkommen, wie er im Nachgang zu Protokoll gab: „Das ist Pokal und wir haben hier ja schon einige Wunder erlebt. Darauf haben wir uns in der Halbzeit auch ein bisschen eingeschworen, dass wir diesen ‚Blomkamp-Mythos‘ entfachen und mit zehn Mann nochmal alles versuchen müssen. Das hatte dann auch null mit Taktik zu tun, sondern mit Kampf und Leidenschaft, um das Ding noch zu drehen.“ Das gelang Osdorf auch aufgrund seiner zwei Tore. „Da es bei mir während des Spiels körperlich immer schwerer geht, muss ich zumindest aus den ruhenden Bällen etwas machen“, scherzte „TK9“ anschließend – und wittert nun den ganz großen Coup. „Der Pokal ist schon eine riesige Sache! Im Sommer haben wir mit dem Oberliga-Aufstieg ein ganz großes Ziel erreicht. In der Liga kann es deshalb auch nur um den Klassenerhalt gehen. Aber wenn wir es tatsächlich schaffen würden, ins Finale zu kommen, dann hätten wir für einen so kleinen Verein natürlich etwas geschafft, was niemand für möglich gehalten hätte.“ Der Traum lebt jedenfalls weiter…

Der komplette LIVE-Ticker zum Spiel

Der Freistoß-Treffer von Torben Krause im Video