Die Cordi-Krise und die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit
„Aus unserer Perspektive könnte ich schon sagen, dass wir eine Enttäuschung sind“
Frank Pieper-von Valtier muss mit den „Altlasten“ seiner Vorgänger auskommen und steckt mit Cordi in der Krise. Foto: Bode
Lediglich drei Punkte beträgt der Vorsprung der „Bekkampler“ auf den ersten Abstiegsplatz, den derzeit der SC Condor einnimmt. „An Abstieg denke ich nicht“, sagte Seidel vor den letzten beiden Punktspielen. Man dürfe sich davon „nicht irritieren lassen“ und „Concordia gehört nicht dazu“, so Seidel weiter. Aussagen, die unterstreichen, wie groß die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei den Jenfeldern ist! Statt der Situation ins Auge zu blicken, wurde weiter geträumt: „Mittelfristig streben wir trotzdem die Regionalliga an – auch wenn es derzeit überhaupt nicht danach aussieht.“ Ein Ziel, das wie eine längst geplatzte Seifenblase erscheint. Und so muss auch Seidel bei der Frage nach der größten Enttäuschung der bisherigen Saison schweren Herzens eingestehen: „Das ist ja immer eine Frage der Sichtweise und aus welcher Perspektive man guckt. Aus unserer Perspektive könnte ich schon sagen, dass wir eine Enttäuschung sind, wenn ich gucke, was unsere Ziele waren und wo wir stehen. Ja.“ Und weiter: „Wir wollten schon oben mitmischen. Das tun wir nicht.“
Neuer Manager? Nicht in Sicht!
Cordi-Präsident Matthias Seidel (Mi., mit Schal) scheint die Situation am Bekkamp zu unterschätzen. Foto: Bode
Beim Pokal-Aus gegen Piepers Ex-Verein BU (2:5), gleichzeitig auch der sportliche Jahresabschluss, präsentierte sich Cordi eine Halbzeit lang desaströs. „Ich kann verstehen, wenn man als Zuschauer sagt: Das sah nicht so aus, als würden sie wollen. Aber ich glaube schon, dass die Spieler wollten. Die Frage ist nur, warum sie es nicht gemacht haben. Trotzdem würde ich nie einem meiner Spieler den Willen absprechen“, erklärte der Übungsleiter anschließend.
Vermeintliche Leistungsträger laufen ihrer Form meilenweit hinterher und wirken wie Fremdkörper, die Kaderzusammenstellung scheint unausgewogen und unpassend. „Natürlich hat man die eine oder andere Situation unterschätzt – auch in Sachen Kader“, offenbarte Seidel, und nahm Trainer Frank Pieper-von Valtier aus der Schussbahn: „Er übernimmt einen Kader, der noch die Spuren von verschiedenen Trainern, aber die wenigsten von Frank selbst hat. Das haben wir eventuell auch unterschätzt.“ Womit wir auch schon beim nächsten Thema wären: Die Suche nach einem Manager. Anfang September trennte sich der Club von Florian Gossow. In einer Pressemitteilung hieß es: „Die Position des Ligamanagers wird kurzfristig neu besetzt.“ Interimsmäßig übernahm Seidel selbst das Amt – und hat es bis heute inne. Ein Nachfolger? Nicht in Sicht! Das Anforderungsprofil? Völlig unklar! Und so scheint sich das Dilemma fortzuführen…
Rückkehr in die Realität...
„In der Winterpause wird personell etwas passieren. Wir werden auf dem Transfermarkt tätig“, kündigte Seidel an, und will die Fehler, die vor und während der Saison gemacht wurden, auswetzen – selbstredend ohne neuen Manager, der sich der Sache annimmt. Es wirkt wie ein Akt der Verzweiflung. Kein Manager, dafür ein Chefcoach, der weiter fest im Sattel sitzt. Für „einen der besten Trainer der Oberliga“ hält Seidel den langjährigen BU-Dompteur. Doch auch der scheint angesichts der ganzen Unwägbarkeiten machtlos. Und so wird es Zeit, dass man am Bekkamp schnellstmöglich die Träumerein bei Seite legt und in die Realität zurückkehrt – bevor es zu spät ist…