Bajramovic: „Ich wusste, dass Victor bei Elfmetern im Tor eine Waffe ist“

Vicky-Keeper Medaiyese pariert im Elfmeterschießen gegen Teutonia 05 zwei Mal

03. Oktober 2016, 14:47 Uhr

Nach dem Schlusspfiff kannte der Jubel keine Grenzen mehr: Die Vicky-Spieler begraben Keeper Victor Medaiyese unter sich. Foto: KBS-Picture

Ein Spiel mit einer Anstoßzeit um 10 Uhr morgens und das dann auch noch an einem Feiertag – das lockt so manchen nicht unbedingt aus dem Bett. Die etwa 400 Zuschauer an der Kreuzkirche aber schon. Und das frühe Aufstehen sollte sich für sie lohnen: Der FC Teutonia 05 und der SC Victoria boten eine Pokalfight, der erst im Elfmeterschießen mit dem Sieg des Oberligisten endete. Und mit einem Helden, der kurz nach seinen Glanztaten schon wieder das Pflichtbewusstsein im Kopf hatte. 

Und dann tauchte er noch einmal ab. Diesmal jedoch nicht auf der Linie, sondern vielmehr irgendwo unter seinen Mitspielern. Einer nach dem anderen war wenige Sekunden vorher los geeilt, schnell wuchs die Jubeltraube im Strafraum an – und dann lag Victor Medaiyese inmitten seiner Teamkollegen, musste sich umarmen, herzen und drücken lassen.

Ehm: „Hier hat am Ende die bessere Mannschaft verloren“

Luftkampf: Teutonias Aytac Erman (li.) und der Victorianer Torben Wacker im Kopfballduell. Foto: KBS-Picture

Kurzum: Der Keeper des SC Victoria war in den finalen Minuten des ODDSET-Pokalspiels des Oberligisten beim Hammonia-Landesligisten FC Teutonia 05 zum Mann des Tages avanciert. Nicht in der normalen Spielzeit, nicht in der Verlängerung – nein: Medaiyese hatte sich seine Großtaten für das abschließende Elfmeterschießen aufgehoben. Während seine Mannschaftskameraden Felix Schuhmann, Torben Wacker und Danial Jadidi allesamt trafen, war bei den Teutonen nur Aytac Erman erfolgreich. Michael Meyer zimmerte seinen Elfer an den Pfosten – und bei den Versuchen von Moritz Wolff und Gerrit Pressel tauchte Medaiyese jeweils ab und hielt den Ball fest.

„Bei uns sind nicht die richtigen Schützen angetreten. Meyer ist keiner, der Tor macht. Und die anderen beiden hätte der Torwart mit der Mütze halten können“, ärgerte sich Teutonias Manager Bert Ehm, „ich glaube, hier hat am Ende die bessere Mannschaft verloren. Wir hatten so viele Torchancen, die wir nicht genutzt haben...“

Eine Aussage, mit der der 69-Jährige nicht so ganz Unrecht hatte, wie auch Vickys Trainer „Jasko“ Bajramovic nach dem Spiel anerkennen musste: „In der ersten Halbzeit haben wir nicht den Fußball gespielt, den wir spielen wollten. Da war Teutonia besser. Auch, was das Chancenverhältnis angeht“, sagte er, „wir wussten, dass es schwer wird. Wir haben ja nicht gegen einen normalen Landesligisten gespielt, Es war uns klar, dass der Gegner mindestens Oberliga-Niveau hat. Im Laufe des Spiels haben wir dann aber immer mehr die Kontrolle bekommen.“ Allerdings, und das kritisierte Bajramovic zurecht: „Wir hätten den Sack früher zumachen müssen.“

Joker Jadidi sticht: 2:2-Ausgleich in der Nachspielzeit

Einen Schritt schneller: T05-Akteur Volkan Aktan (li.) lässt Vincent Boock stehen. Foto: KBS-Picture

Das Ganze sah im Spiel wie folgt aus: Nach 23 Minuten spielte Vincent Boock den Ball von links hoch in den Strafraum, wo ihn Marcel Rodrigues aus Nahdistanz zum 1:0 für den Oberligisten über die Linie drückte. Teutonia, immer wieder angetrieben vom starken Stefan Winkel, der erst am Vorabend des Spiels von einem kurzen London-Trip in die Hansestadt zurückgekehrt war, erarbeitete sich nach und nach seine Gelegenheiten: Winkel selbst (8., 19.) und Aytac Erman (39., nach Winkel-Flanke) vergaben jedoch. Dennoch gelang den Hausherren noch vor dem Pausentee der Ausgleich – mit einem richtig schön anzusehenden Spielzug: Jaques Rodrigues de Oliveira legte den Ball nach links, wo ihn Jeton Arifi weiter nach vorne trieb und in die Mitte weiterleitete, wo Winkel das Spielgerät annahm und im rechten Tor-Winkel unterbrachte (41.).

Nach dem Seitenwechsel hatte zunächst der SC Victoria die erste große Einschussmöglichkeit: Boock legte das Leder fein mit der Hacke auf Rodrigues. Der zog ab, sein Schuss aber landete nicht im Ziel, sondern touchierte den Außenpfosten (51.). Das nächste Tor jedoch sollte auf der anderen Seite fallen. Und zwar eine Minute vor Schluss: Pressel bediente von links Erman – 2:1 für die Teutonen. Der Sieg des klassentieferen Teams lag in der Luft. Allerdings nur kurz. Erst klärte Medaiyese Ermans Heber (90.) übers Tor, dann nutzte Vicky es aus, dass die Gastgeber ihre Gelegenheit auf das 3:1 vergeben hatten und schlug in der dritten Minute der Nachspielzeit durch Joker Jadidi zurück – 2:2.

Und noch ein Joker-Tor: Ledesma zum 3:3 – aus abseitsverdächtiger Position

Freude beim SCV: Mirco Bergmann (Zweiter v. li.) lässt sich für seinen Treffer zum 3:2 feiern. Foto: KBS-Picture

Es ging also in die Verlängerung – und die sollte ein ähnliches Ende nehmen wie die reguläre Spielzeit. Zwar traf Mirco Bergmann nach 103 Minuten zum 3:2 für Vicky, als er im Anschluss an einen geblockten Schuss von Boock zur Stelle war, doch nachdem zuvor mit Jadidi der Joker der Gäste gestochen hatte, tat es ihm nun der der Teutonen gleich: In der 120 Minute gelang dem ebenfalls eingewechselten Nicholas Ledesma der 3:3-Ausgleich. 

Zum Ärgernis der Gäste aus abseitsverdächtiger Position. „Das 3:3 war unglücklich. Und es war klar abseits. Warum der Schiedsrichterassistent da die Fahne nicht hochhebt, weiß ich auch nicht...“, konstatierte der spätere Held Medaiyese, der zudem zugab: „Ich hätte nicht gedacht, dass Teutonia nochmal nachlegt.“

Weil die Teutonen nun aber genau das getan hatten, musste nun das Elfmeterschießen herhalten. Der Ausgang ist bekannt. Und Vicky-Coach „Jasko“ Bajramovic hatte ihn so schon vorausgeahnt. „Während des Elfmeterschießens war ich mit am beruhigtesten, weil ich wusste, dass Victor bei Elfmetern im Tor eine Waffe ist. Er wartet lange, hat eine gute Antizipation. Die Jungs schießen nach dem Training bei uns oft noch Elfmeter, da hält er auch den einen oder anderen“, verriet Bajramovic, „außerdem habe ich erzählt bekommen, dass er in der Jugend in Norderstedt auch mal vier Elfer gehalten haben soll. Ich wusste also, dass er das kann.“

Elfer-Held Medaiyese: „Ich mache derzeit mein Abi und muss jetzt nach Hause, um zu lernen...“

Volle Konzentration auf den Ball: Jaques Rodrigues de Oliveira (li.) versucht das Spielgerät gegen Marcus Rabenhorst unter Kontrolle zu bringen. Foto: KBS-Picture

Der „Held des Tages“ (Bajramovic: „Er macht die Schützen durch seine Präsenz nervös“) wollte seinen Taten nach dem Spiel gar nicht so sehr an die große Glücke hängen. „Ich bin einfach froh, dass wir gewonnen haben. Wir haben alle gefightet. Ich habe nicht damit gerechnet, dass das Spiel noch ins Elfmeterschießen geht“, erklärte der 20-Jährige und bestätigte, dass es sich das Selbstvertrauen für ein deratiges „Shoot-Out“ tatsächlich bei den lockeren Elfmeterübungen nach dem eigentlichen Training geholt habe. 

Sein Erfolgsrezept? „Das ist eine Mischung zwischen Glück und Zufall“, vermochte Medaiyese es nicht ganz genau zu beschreiben. Nur so viel: „Man täuscht ein paar Bewegungen an, um den Schützen zu verwirren“, sagte der Schussmann, der den Triumph gar nicht groß feiern wollte – oder besser konnte: „Heute ist Montag, morgen ist Dienstag. Da ist wieder Schule. Ich mache derzeit mein Abi und muss jetzt nach Hause, um zu lernen...“

Jan Knötzsch

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