Regionalliga Nord

Mit „Bruder Leichtfuß“ zum „Ausrufezeichen, wenn es um Themen wie Respekt, Fairness und Diplomatie geht“

10. September 2023, 17:28 Uhr

Er kam, sah, spazierte durch die Bremer Hintermannschaft - und erzielte das 2:0 direkt nach der Pause: Teutonen-Verteidiger Tjorben Uphoff (li.). Foto: noveski.com

Es war das letzte Spiel der vergangenen Saison. Der FC Teutonia 05 führte beim Bremer SV mit 2:1. Ein Ergebnis, mit dem der BSV abgestiegen und die U23 des SV Werder Bremen die Klasse gehalten hätte. Doch dann kam es zu eben jener Szene, die für ein wochenlanges Nachspiel und einen medialen Aufschrei sorgte. Aufgrund einer vermeintlichen und nach wie vor nicht geklärten rassistischen Äußerung gegenüber Teutonen-Kapitän Marcus Coffie verließen die Gäste vorzeitig und geschlossen den Platz. Ein Spielabbruch war die Folge. Da die Vorwürfe der „Kreuzkirchler“ nicht zweifelsfrei bewiesen werden konnten, wertete das Sportgericht des Norddeutschen Fußball-Verbandes die Partie mit 5:0 für den Bremer SV. Dadurch hielt man die Klasse, während Werder II absteigen musste.

Einen eigenen Pfosten-Kopfball verwertete der früh eingewechselte Serkan Dursun (Mi.) im Nachsetzen - 1:0. Foto: noveski.com

„Es war schon ein Thema. Unsere Sportliche Leitung hat das nochmal angesprochen“, verriet Teutonen-Trainer Dominik Glawogger, dass die Geschehnisse im Vorfeld noch einmal zur Sprache kamen. „Ich selbst war letztes Jahr noch nicht hier und kann mich da deswegen emotional nicht so sehr hineinversetzen. Aber wir wollten schon ein Ausrufezeichen setzen, wenn es um Themen wie Respekt, Fairness und Diplomatie im Leben geht. Deshalb ist das ein schönes Zeichen von der gesamten Mannschaft, dass wir heute gewonnen haben.“

Einer, der entscheidend zum Erfolg beitrug: Tjorben Uphoff. „Klar ist, dass das mit das unschönste Erlebnis war, was ich und viele andere auch in ihrer bisherigen Laufbahn erlebt haben. Wir haben uns im Vorfeld nochmal eingeschworen – und damit ist das Thema auch beendet“, erklärte er nach den 90 Minuten. Viel Brisanz also vor dem neuerlichen Aufeinandertreffen beider Teams. Brisant ging es auf dem Platz im Stadion Hoheluft aber lange Zeit nicht zu. Stattdessen feierte der FC Teutonia 05 die „Revanche“ und einen am Ende gänzlich ungefährdeten 3:1-Heimsieg (alle Highlights im LIVE-Ticker)!

"Leichtfüßig? Das lasse ich mal genau so stehen"

Kevin Weidlich (2. v. re.) kann sein Schmunzeln nach Uphoffs "Energieleistung" und dem Solo durch die Bremer Defensive zum 2:0 kaum zurückhalten. Foto: noveski.com

Und damit zurück zu Tjorben Uphoff, der nach dem Spiel auch als „Bruder Leichtfuß“ durchgehen dürfte. „Leichtfüßig? Das lasse ich mal genau so stehen“, entgegnete er mit einem breiten Grinsen, als der eher für seine rustikale Spielweise bekannte Innenverteidiger auf seine „Sololäufe“ in der zweiten Halbzeit angesprochen wurde. Die erste Einzelaktion krönte er nach einem Ballgewinn und dem folgenden Doppelpass mit Fabian Graudenz, spazierte durch die Bremer Hintermannschaft und schoss eiskalt zum 2:0 ein (47.)! Wenige Augenblicke später brach Uphoff erneut im Zentrum durch, spielte wieder einen Doppelpass mit Graudenz, ehe Ole Wohlers das Auge für Fabian Istefo hatte. Aus nahezu identischer Position brachte dieser das Runde zur Vorentscheidung im Eckigen unter (49.)!

"Das hat mir persönlich, aber auch uns allen gutgetan"

Auch am 3:0 von Fabian Istefo (li.), der bei seinem Treffer kaum Gegenwehr verspürte, war Uphoff maßgeblich beteiligt. Ein Doppelschlag binnen 120 Sekunden. Foto: noveski.com

Mit diesen beiden Aktionen trug „Uppe“ maßgeblich zur Wiedergutmachung nach dem Norderstedt-Dilemma bei. „Nachdem ich dort auch an zwei Toren maßgeblich beteiligt war, tut das schon ganz gut, wenn das heute mal auf der anderen Seite der Fall ist“, sprach der gerade 29 Jahre jung gewordene Defensivakteur mit einem Augenzwinkern und Lockerheit auf zwei Gegentore, an denen er mitbeteiligt war, beim 1:3 in Norderstedt an. „Das hat mir und ich glaube auch uns allen nach Mittwoch wirklich gutgetan. Denn da war schon eine kleine Ernüchterung vorhanden nach den beiden Spielen in der englischen Woche“, gab er unumwunden zu. „Wir hoffen, dass wir jetzt den Turnaround geschafft haben. Mit dem Sieg können wir relativ zufrieden mit dem Start in die Saison sein.“

Doch wie kam es überhaupt zu seinen beiden Ausflügen in die Offensive? „Dadurch, dass der Gegner sehr Mann-orientiert gespielt hat, ist es nun mal so: Wenn man einen ausspielt, kommen die ins Springen. Dann habe ich die Lücke gesehen, auch beim zweiten Mal – und manchmal funktioniert das dann auch“, gab er sich ganz bescheiden. Ein Blitzstart in den zweiten Durchgang – nachdem der früh eingewechselte Serkan Dursun die Hausherren im ersten Durchgang, als er eine Istefo-Flanke zunächst an den Pfosten köpfte, den Abpraller aber im Nachsetzen in die Maschen beförderte (39.), in Front brachte.

"Man sieht, wie viel mit Bereitschaft und Einstellung möglich ist"

Nach zwei Niederlagen nacheinander mussten Jubel und Freude bei Fabian Istefo und seinen Teutonen raus. Die "Kreuzkirchler" sind wieder in der Spur. Foto: noveski.com

„Ich habe kurz vor dem Wiederanpfiff zu Kevin Weidlich gesagt: ‚Lasst uns gleich voll draufgehen! Nicht, dass wir hintenraus ein paar Probleme bekommen, wenn uns die Luft ausgeht.‘ Heute ist das super aufgegangen, vor drei Tagen war das noch genau umgekehrt – da haben wir direkt nach der Pause das Tor bekommen“, blickte Glawogger zurück – und wählte im dritten Spiel innerhalb von acht Tagen genau den richtigen Schachzug. 

Sein Team ließ sich auch von zwei frühen verletzungsbedingten Ausfällen nicht aus der Bahn werfen. Ganz im Gegenteil. „Es war schon vor dem Spiel die Überlegung da, etwas zu rotieren und frische Kräfte zu bringen. Wir haben ja eine große Auswahl an Spielern“, musste Glawogger sowohl Tobias Schwede (22.) als auch Michael Igwe (27.) ersetzen. Letzterer wurde von Dursun „abgelöst“ – und dieser markierte gleich den Führungstreffer. „So ist das im Fußball. Wenn man die Tore zum richtigen Zeitpunkt erzielt, dann sieht das immer sehr souverän aus. Aber man hat heute einfach gesehen, wie viel mit Bereitschaft und Einstellung in der Arbeit gegen den Ball möglich ist“, so Glawogger, der auch nach dem Bremer Anschlusstor durch Fritz Kleiner (57.) nicht mehr um den verdienten Heimsieg zittern musste.

Autor: Dennis Kormanjos

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