Oberliga

HEBC tobt: „Das war so klar Hand, dass das schon unfassbar klar war!“

10. September 2023, 14:59 Uhr

Während die Spieler des FC Union Tornesch (li.) den späten 3:3-Ausgleichstreffer bejubeln, blicken die Akteure des HEBC völlig konsterniert drein. Foto: noveski.com

„Es war schon sehr hektisch, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass noch irgendetwas anbrennen wird“, brachen sämtliche Emotionen aus Özden Kocadal heraus, als sein HEBC zehn Zeigerumdrehungen vor Ultimo auf äußerst sehenswerte Art und Weise das vermeintlich vorentscheidende 3:2 heraus kombinierte. Mit puren Emotionen und geballten Fäusten schrie der Chefcoach der Eimsbütteler seine Freude heraus. Emotional wurde es aber auch in der Folge – und wie (alle Highlights im LIVE-Ticker)!

Morris von Winckelmann (2. v. li.) war der überragende Mann, erzielte alls drei Tore seiner Unioner. Die ersten beiden Treffer nach perfekter Vorarbeit von Tim Witte (li.). Foto: noveski.com

Als der Abpfiff ertönte, ertönte zugleich ein gellendes Pfeifkonzert von den Zuschauerrängen. Eine Unmutsbekundung, die nicht etwa beiden Mannschaften, die alles auf dem Platz ließen, sondern dem Schiedsrichter-Gespann galt. „Wir hatten heute das Glück des Tüchtigen. Für mich ist das ein klarer Handelfmeter! Das muss man ganz ehrlich sagen“, gab Martin Schwabe, Cheftrainer des FC Union Tornesch, unumwunden zu – und sprach damit auf die am Ende in buchstäblich letzter Sekunde alles entscheidende Situation an.

Da sich der HEBC wenige Augenblicke zuvor selbst schlug – dazu später mehr –, warf man in der Nachspielzeit noch einmal alles nach vorne. Die Bälle segelten in den Strafraum der Unioner, bis einer dieser Bälle vom eingewechselten Ben Petersen glasklar mit dem ausgespreizten Arm abgewehrt wurde. Jede, aber auch wirklich jede am Reinmüller anwesende Person hatte das Vergehen wahrgenommen. Nur Referee Marvin Vogt (SV Börnsen) und seine Assistenten nicht. Der fällige Elfmeterpfiff blieb aus und HEBC-Coach Kocadal sah Rot! „Ich hätte mich genauso geärgert und wahrscheinlich auch eine Karte bekommen. Ich kann das voll und ganz verstehen“, fand sogar Schwabe überaus ehrliche Worte.

Strittige Entscheidungen und Palo erweisen HEBC einen Bärendienst

Johann Buttler bejubelt seinen überaus sehenswerten herausgespielten Ausgleichstreffer zum 1:1. Foto: noveski.com

Doppelt bitter für den HEBC vor dem Hintergrund, dass dem 0:1 ein nicht geahndetes Foulspiel an Tjorven Köhler, der trotz eines klaren Trikotgriffes von Jari Maack sportlich-fair auf den Beinen blieb, vorausging (10.), und ein umstrittener Handelfmeter zum 3:3-Ausgleich in der 89. Spielminute führte. Ein Strafstoß, den der HEBC mit einem eklatanten Blackout selbst einleitete, aber vermutlich auch nicht zustande hätte kommen dürfen. 

Der inzwischen in die Spitze beorderte Leandro de los Santos Korth nahm das Spielgerät – nach Meinung der Hausherren – mit dem Arm mit. Der Pfiff blieb aus, aber die Gefahr war gebannt und die Kugel in Reihen der „Veilchen“. Doch Erciyes Palo war aufgrund des Nicht-Pfiffes derart aufgebracht und außer sich, dass er sich wütend und lautstark echauffierte, ehe Schiri Vogt ihm den gelben Karton zeigte und auf indirekten Freistoß für Tornesch im Sechzehner des HEBC entschied.

"Wenn er den pfeift, dann muss er unseren auf jeden Fall pfeifen!"

Fabian Lemke (re.) dankt Vorbereiter Malte Wilhelm. Der HEBC geht zehn Minuten vor Schluss mit 3:2 in Front. Foto: noveski.com

„Wir haben uns selbst geschlagen“, platzte Kocadal im Nachgang der Kragen. „Denn das fühlt sich ganz klar wie eine Niederlage an!“ Und weiter: „Wir kassieren den Ausgleich, weil wir einfach einen ganz dummen Fehler begangen haben. Das war völlig unnötig, dass wir da so vehement reklamieren. Denn wir haben den Ball. Stattdessen kriegen wir einen Freistoß gegen uns und dann wird Elfmeter gepfiffen…“ Zurecht? „Der Ball war so scharf geschossen. Es kann sein, dass es ein Handspiel war. Ich habe es nicht gesehen und kann dazu nichts sagen. Aber wenn er den pfeift, dann muss er unseren auf jeden Fall pfeifen“, brachte es der 38-Jährige auf den Punkt.

Den Freistoß aus 14 Metern jagte Stefan Basta mit Vollspeed in Richtung Tor. In der Mauer blockte Robert Schick – und dann ertönte der Pfiff. Morris von Winckelmann krönte seine famose Leistung, verwandelte den Elfmeter ganz sicher und machte damit den Dreierpack perfekt (89.)! Zuvor verwertete der „Flügelflitzer“ zwei blitzsaubere und bärenstarke Vorlagen von Tim Leon Witte für die aufopferungsvoll kämpfenden Gäste (10., 57.). „Das spricht für die Mannschaft – und vor allem vor dem Hintergrund, dass alle sehr jung sind“, hob Schwabe die Mentalität hervor. „Dass nicht nur die erfahrenen, sondern auch die jungen Spieler mittlerweile diese Moral haben, ist viel Arbeit. Sie setzen viele Sachen gut um, auch wenn wir immer mal wieder schlechte Phasen haben. Aber dieses Mal haben wir diese Phase überstanden. Wie heißt es so schön: Die Leidensfähigkeit war ganz gut.“

HEBC mit toll herausgespielten Toren

Direkt nach dem 3:2 köpfte Chris Grünewald (li.) einen Abpraller zum vermeintlichen 4:2 ein - Abseits. Klare Fehlentscheidung, wie die Aufnahmen zeigen. Foto: noveski.com

Und das ohne „ein paar potenzielle Stammspieler, die heute gar nicht dabei sein konnten. Das stimmt mich positiv“, so Schwabe, der drei Akteuren sogar zum Oberliga-Startdebüt verhalf. „Von daher bin ich guter Dinge. Es ist ein harter Kampf, aber wir sind konkurrenzfähig“, konstatierte der Tornesch-Trainer, der seine Elf gut in die Partie kommen sah. „Aber die Führung für HEBC zur Halbzeit war verdient, weil sie einfach mehr Abschlüsse und Zug zum Tor hatten“, gestand er. Erst veredelte Johann Buttler einen traumhaften Spielzug, den er selbst mit einem „Diago“ mit viel Schnitt einleitete, nach Steckpass von Fabian Lemke (18.)! Dann war Malte Wilhelm nach einer Vorarbeit von Allan Muto zur Stelle (32.)!

"Vielleicht habe ich ein bisschen zu doll 'Hand' geschrien"

Ist das ein Handspiel? Den indirekten Freistoß von Stefan Basta blockte Robert Schick. Den fälligen Strafstoß verwandelte Morris von Winckelmann zum 3:3. Foto: noveski.com

Den zwischenzeitlichen von Winckelmann-Ausgleich konterte der HEBC mit dem bereits angesprochenen 3:2 – und wieder auf herausragende Art und Weise. Der eingewechselte Schick steckte mit der Hacke für Lemke durch, der durchlief und den Ball von Wilhelm quergelegt bekamt – Ekstase bei Kocadal! Doch die Freude über diesen Treffer war schnell verflogen, weil den Hausherren auch noch das reguläre 4:2 durch Christopher Grünewald, der nach einem Wilhelm-Schuss, den Adrian Weiß entschärfte, per Kopf zur Stelle war (83.), aberkannt wurde. Eine (weitere) klare Fehlentscheidung, wie die Video-Aufnahmen beweisen!

Und letztlich setzte es sogar noch die Rote Karte, weil er sich nach unzähligen gegen sein Team ausgefallenen Entscheidungen verständlicherweise über den nicht gegebenen Handelfmeter echauffierte. „Vielleicht habe ich ein bisschen zu doll ‚Hand‘ geschrien. Aber ich habe niemanden beleidigt. Das war so klar Hand, dass das schon unfassbar klar war. Den muss er pfeifen!“

"Es ist in diesem Moment sehr, sehr bitter"

"Haaaaand!", schallt es aus Özden Kocadals Mund. Doch die Pfeife von Vogt blieb in der letzten Aktion stumm. Das hätte Strafstoß geben müssen! Foto: noveski.com

Obwohl der Punktgewinn für das Schlusslicht am Ende glücklich war, konnte Schwabe „sehr stolz“ auf seine Jungs sein, „weil sie sich entwickeln und wir mit einem guten Gefühl in das wichtige Spiel gegen HR gehen können“. Aber: „So gut wir momentan auswärts spielen, so schlecht spielen wir zu Hause – auch wenn die Gegner natürlich echte Kaliber waren“, hofft er auf die Trendwende im Derby gegen Halstenbek. Während Kocadal bilanzierte: „Es ist jetzt in diesem Moment sehr, sehr bitter, dass wir dieses Spiel, was wir aus meiner Sicht ganz klar gewinnen müssen, aus eigener Dummheit hergegeben haben! Das tut weh und wird auch ein paar Stunden dauern. Aber dann müssen wir uns wieder aufrappeln, weil es zum Glück unter der Woche schon wieder weitergeht.“

Autor: Dennis Kormanjos

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