Oberliga

BU-Siegesserie reißt, Osdorf-„Streak“ hält: Stier „stolz“, Obloch lässt „Kirche im Dorf“

01. Dezember 2019, 20:02 Uhr

Eine Chance, ein Tor: Jeremy Wachter (re.) setzte seine Serie fort und traf auch im elften Ligaspiel in Folge für seinen TuS Osdorf. Foto: Kormanjos

Während der HSV Barmbek-Uhlenhorst zehn der letzten elf Spiele gewann, reiste der TuS Osdorf mit sieben ungeschlagenen Partien am Stück an die Dieselstraße – und mit dem Gedanken, vor knapp acht Monaten das Pokal-Viertelfinale durch ein „Last-Minute-Tor“ von Prince Hüttner mit 2:1 für sich entschieden zu haben. Schon damals ging es hoch her – auch diesmal spielten die Emotionen eine große Rolle. Genauso wie ein Akteur, der seine ungeheure Quote weiter ausbaute: Jeremy Wachter. Der TuS-Torjäger war auch im elften Liga-Einsatz in Folge treffsicher (alle Highlights im LIVE-Ticker). „Wenn ich ihn immer gegen uns sehe, dann läuft er nicht so viel und ist ein fauler Sack“, scherzte BU-Coach Marco Stier, in Anwesenheit von TuS-Trainer Philipp Obloch, ehe er ein Loblied auf den bereits 25 Mal erfolgreichen Wachter sang…

Chris Pfeifer leitete das 0:1 mit einem Fehlpass ein, bereitete den Ausgleich aber mit einer butterweichen Flanke vor. Foto: KBS-Picture.de

„Er hat halt den absoluten Killerinstinkt, den so ein Stürmer haben muss, und macht aus einer Chance ein Tor. Das ist große Qualität. Er lauert und weiß, wo der Ball runterkommt – egal ob hohe oder flache Bälle. Das zeichnet ihn aus und macht ihn zu einem sehr guten Stürmer“, so Stier, der den gerade 27 Jahre jung gewordenen Gegner-Schreck ein wenig mit Tim Jeske verglich. „Er ist ähnlich, nur der andere ist noch einen Tick effektiver“, witzelte er – und bekam in Minute 27 eine erste Kostprobe vom „Wahnsinns-Wachter“, als Chris Pfeifer am eigenen Sechzehner einen Fehlpass spielte, der zum gefundenen Fressen für den Linksfuß wurde. Eine kurze Drehung um den Gegenspieler, ein satter Abschluss aus zehn Metern halblinker Position – und schon war Johannes Höcker, der noch dran war, geschlagen. Wachters „Fackel“ segelte unter die Latte! Sein Trainer konterte nach Spielschluss die „Fauler Sack“-Aussage von Stier mit folgenden Worten: „Ich muss ihn ein bisschen in Schutz nehmen. Anlaufen ist nicht sein Lieblingspart, das stimmt. Aber er war auch die ganze Woche krank und hat erst am Freitag wieder trainiert. Das merkt man dann natürlich auch ab einer gewissen Zeit“, so Obloch, der großen Respekt vorm Gegner hatte: „Es ist brutal schwer, hier zu spielen. BU ist eine richtig gute Mannschaft mit einem guten System und einer guten Struktur, die mächtig Druck entwickelt.“

„Dass man so einen Gegner über 90 Minuten dominiert, macht uns stolz“

Tim Jeske (re.) erzielte den Ausgleich für BU. Foto: KBS-Picture.de

Druck, dem Oblochs Osdorfer lange standhielten. „Ich glaube, dass wir nicht eine Torchance zugelassen haben. Das Gegentor machen wir ja selber. Aber das passiert, da bin ich auch nicht böse drüber“, so Stier, der vielmehr die Moral und die Antwort darauf lobend hervorhob: „Wie wir unseren Stiefel danach einfach weiterspielen, das ist schon große Klasse. Ich will uns nicht zu sehr in den Himmel loben. Aber dass man so ein Spiel gegen eine Osdorfer Mannschaft, die bekanntlich sehr schwer zu bespielen ist und auch einen extrem guten Lauf hat, über 90 Minuten dominiert, macht uns stolz und zeigt auch, dass wir uns weiterentwickelt haben.“ Einziges Manko sei mal wieder die fehlende Effektivität vor des Gegners Kasten gewesen. „Wir hatten 13:0 Ecken und vier, fünf oder sechs sehr gute Chancen, wo wir einfach die Tore machen müssen. Letztendlich haben wir es durch unsere Art und Weise erzwungen.“ Weil Pfeifer ungehindert flanken und seinen Fauxpas vor dem 0:1 wieder gutmachen durfte, und Tim Jeske gegen den bis dato starken Moritz Rosemeier im Kopfballduell die Oberhand behielt, war Tjark Grundmann geschlagen (77.).

Hosseini nimmt Eren raus, „Osdorf verteidigt mit Mann und Maus“

Das harte Einsteigen von Samuel Hosseini sorgte bei den Osdorfern für großen Ärger. Foto: KBS-Picture.de

Schon zuvor ging es auf dem Platz und auch an der Seitenlinie sehr emotional zur Sache. Vor allem, als Samuel Hosseini – mit der Absicht, den Ball zu treffen – direkt vor der Osdorfer Bank gegen Mehmet Eren zu spät kam und diesem mit gestreckten Beinen in den Knöchel fuhr. Für Eren ging es kurze Zeit später nicht weiter, der Knöchel war inzwischen angeschwollen und musste getaped werden. Einen starken Eindruck hinterließ nicht nur in jener unschönen Szene Referee Dennis Voß (TuS Dassendorf), der Hosseini Gelb zeigte, die Situation gut moderierte, die aufgebrachte Osdorfer Bank mit ruhigen und sachlichen Worten beruhigte und seine Entscheidung plausibel begründete. In der Folge und nach dem Ausgleich drückte BU auf den Luckypunch – doch der blieb aus. „Osdorf hat mit Mann und Maus verteidigt. Der Ball wollte einfach nicht mehr rein. Dennoch bin ich im Großen und Ganzen sehr stolz auf die Jungs“, zeigte sich Stier trotz dessen zufrieden.

„Solange Teutonia und Dassendorf vor uns stehen, habe ich keine Bauchschmerzen“

Für Mehmet Eren ging es nach dem harten Foul mit dick bandagiertem Knöchel nicht weiter. Foto: KBS-Picture.de

Sein Gegenüber befand derweil, dass sein Team in der ersten Halbzeit „relativ viele Teile unseres Plans umgesetzt hat. In der zweiten Halbzeit haben wir aber keine Entlastung mehr hingekriegt.“ Dennoch, so Obloch, müsse man „mal die Kirche bei uns im Dorf lassen. Auswärts bei BU ein Punkt – das ist top und können wir genau so mitnehmen. Solche Spiele bringen uns weiter und lassen uns lernen. Es war ein geiler Fight, bei dem mir nach der Pause das mutige Rausspielen ein bisschen gefehlt hat.“ Keine Vorwürfe wollte er seinen Schützlingen beim Gegentreffer machen: „Die Jungs im Zentrum haben unendlich viele Strafraumszenen richtig gut wegverteidigt und viele Duelle gewonnen. Wenn da 60 Bälle im Spiel in den Strafraum fliegen, ist ja ganz klar, dass dann irgendwann auch mal jemand zum Abschluss kommt.“ Zumal BU auch „ein bisschen andere Ansprüche als Osdorf habe“, wie selbst Stier meinte, ehe er auf Nachfrage, ob der zweite Platz das Ziel bis zur Winterpause wäre, entgegnete: „Wir haben uns vorgenommen, da zu überwintern, wo wir vor der Saison sein wollten – und das ist unter den ersten drei Plätzen. Der Spieltag lief allerdings nicht optimal für uns“, erklärte er mit Blick auf die Siege von Teutonia (3:2 gegen Dassendorf) und Victoria (2:1 bei Paloma). „Aber auch wir müssen mal die Kirche im Dorf lassen. Teutonia und Dassendorf haben den dreifachen Etat von uns. Solange die beiden über uns stehen, habe ich keine Bauchschmerzen.“

Autor: Dennis Kormanjos