Auf dem Platz – Louca gibt die richtige Antwort!

Süderelbe-AKteur bei hart erkämpften Sieg rassistisch beleidgt

06. Februar 2016, 00:23 Uhr

Kollektiver Jubel und große Erleichterung bei den Spielern des FC Süderelbe, als kurz vor Schluss der fast schon nicht mehr für möglich gehaltene Führungstreffer fällt. Vielen Dank an Ingo Brussolo für das Bild!

„Es ist einfach nur schade und traurig, dass der Amateurfußball von solchen Dingen überschattet wird“, stand Süderelbe-Coach Jean-Pierre Richter nicht etwa die Freude über einen späten und hart erkämpften Sieg, sondern der Schock über die Ereignisse danach, ins Gesicht geschrieben. Was war passiert? Als Schiedsrichter Björn Krüger die Partie gegen den VfL Pinneberg beendete und die Spieler des FCS ihren 2:0-Heimerfolg feiern wollten, ließ sich ein Pinneberger Anhänger aufs Übelste gehen und beschimpfte den Sieg-Torschützen Samuel Louca als „Sch... Schwarzer!“ Dieser wollte das nicht auf sich sitzen lassen, marschierte schnurstracks in Richtung des „Bekloppten“ und war auch vom seinen Teamkollegen nicht zu bremsen. Selbst die Pinneberger Spieler eilten herbei, so dass sich eine Traube von über 20 Leuten bildete, um Louca zu beruhigen.

Im Luftduell: FCS-Riese Klaas Kohpeiß (M.) gegen das Pinneberger Duo Jeske (l.) und Richert. Foto: Ingo Brussolo.

„Für solch ein Verhalten gibt es keine Entschuldigung!“, hatte auch Richter keinerlei Verständnis für das abscheuliche Benehmen des „Fans“. Bereits während der 90 Minuten kochten die Emotionen ein ums andere Mal über. „Es ist ja ein Duell mit Vorgeschichte“, verriet Richter hinterher uns führte aus: „Als sie hier im letzten Jahr gewonnen haben, haben sie im Siegerkreis gleichzeitig unseren Abstieg gefeiert.“ Diese Provokation nutzten die Hausherren als Motivationsspritze, verkrampften dabei allerdings über weite Strecken. „In der ersten Halbzeit war das kein gutes Spiel von uns, wir haben oft die falschen Entscheidungen getroffen und erst ab der 35. Minute ein bisschen Zugriff aufs Spiel bekommen“, befand Richter, der mit ansehen musste, wie der VfL beim Pflichtspieldebüt von Neucoach Thorben Reibe zunächst die Richtung vorgab. Bis auf einige Halbchancen sprang jedoch nichts Zählbares für den Gast heraus. „Wir wussten, dass Süderelbe stark ist und Qualität hat. Aber wir hatten eine vernünftige Taktik, wollten sie gar nicht erst ins Spiel kommen lassen und das hat lange Zeit sehr gut geklappt“, konstatierte Reibe, dessen Team in Person von Fabian Knottnerus, der per Kopf nach Richert-Flanke in Dennis Lohmann seinen Meister fand (27.), den schönsten Spielzug im ersten Abschnitt vortrug.

Tüter mit dem Türöffner – Louca macht den Deckel drauf

Führungsschütze Tolga Tüter (3. v. l.) kniet am Boden. Selbst die Ersatzspieler rennen aufs Feld und sind in Ekstase. Foto: Ingo Brussolo!

Sehr kurios: Pinnebergs Fänger Norman Baese war zwischen der 36. und 72. Spielminute gleich dreimal bezwungen, doch die Tore des Richter-Ensembles zählten allesamt nicht. Zunächst verlängerte Ernesto Keisef eine Richter-Hereingabe mit den Haarspitzen in den Knick (36.), stand dabei allerdings genauso im Abseits wie wenige Augenblicke darauf Tolga Tüter (38.), als er von Keisef in Szene gesetzt wurde. Schließlich war es Yannick Petzschke, der einen Eckball von Mirco Bergmann am zweiten Pfosten stehend über die Linie bugsierte. Die Jubelschreie waren zuerst groß – aber verstummten schnell. Denn zuvor soll Klaas Kohpeiß den unter den Ball hindurch tauchenden Baese behindert haben (72.). „Wenn du drei Tore zurückgepfiffen bekommst – wahrscheinlich berechtigterweise –, ist es trotzdem mental unglaublich schwierig, das wegzustecken. Dann aufzustehen, in den Schlussminuten den Doppelschlag zu setzen und eine Mannschaft, die über Kampf und Teamgeist die Klasse halten will, mit Kampf und Teamgeist zu schlagen, das ist natürlich brillant!“, jubelte Richter, dessen Team in Person von Kohpeiß noch einen Pfostenschuss zu verzeichnen hatte (50.).

Allerdings blieb Pinneberg stets gefährlich und hätte kurz nach Wiederanpfiff eigentlich in Führung gehen müssen! Der für den verletzt ausgewechselten Daniel Diaz Alvarez in die Partie gekommene Flemming Lüneburg vergab nach einem überaus vorzüglichen Spielzug und scharfer Richert-Hereingabe die „Tausendprozentige“, als er es nicht schaffte, den herausragend parierenden Lohmann aus allerkürzester Entfernung zu überwinden (53.). „Sehr gut, Jungs. Wir sind dran“, munterte Reibe seine Schützlinge an der Seitenlinie auf – und sah, wie seine Truppe sieben Minuten vor Schluss, als eigentlich nichts mehr darauf hindeutete, den bitteren Knockout verpasst bekam. Der bis dato weitestgehend unauffällige Keisef hatte freie Schussbahn, steckte aber nochmal für den einlaufenden Tolga Tüter durch. Der Angreifer – zu jenem Zeitpunkt schon mit gesenktem Kopf unterwegs – umkurvte Baese und schob schließlich eiskalt zum umjubelten 1:0 ein (83.)! Pinneberg stellte auf eine Dreierkette um, ging ins Risiko – und bekam in der Nachspielzeit das unglückliche 0:2 eingeschenkt, als ausgerechnet Samuel Louca einen Tüter-Eckball am zweiten Pfosten stehend in die Maschen nickte (90. +1)! Was im Anschluss daran passierte, sei schlichtweg „eine absolute Katastrophe“, so Richter. „Samu ist halt ein sehr emotionaler Mensch und die Mannschaft steht hinter ihm. Wer seine familiäre Geschichte kennt, weiß, dass das für ihn das schlimmste ist. Wir müssen in solchen Sachen aber cleverer werden und das einfach ignorieren.“

„Kein fußballerischer, sondern ein moralischer Sieg“

Zum Spiel fand „JPR“ folgende Worte: „Es waren harte 90 Minuten. Wir haben uns sehr schwer getan, was abzusehen war nach der schweren Vorbereitung. In der Zweiten Halbzeit haben wir eine Schippe draufgelegt, aber es hat eigentlich nicht gelangt. Es war eine sehr zähe Nummer. Das war von unserer Seite kein fußballerisches Sieg, sondern ein moralischer. Bis zur 80. Minute ging nicht so viel von uns nach vorne. Da arbeiten wir sicher die nächsten Tage noch dran, aber jetzt müssen wir erstmal feiern und Samuel auf andere Gedanken bringen.“ Sein Gegenüber haderte ein wenig mit der vergebenen „Riesenchance aufs 1:0“ und fügte an: „Den müssen wir machen! Ich habe viele gute Dinge gesehen, aber der Ertrag stimmt einfach nicht.“

Der LIVE-Ticker zum Spiel mit allen Highlights zum Nachlesen: