Oberliga Hamburg
12. Spieltag


FC Türkiye

0

:

2


Niendorfer TSV

Anpfiff

Sa - 14.10. 14:00 Uhr

Spielstätte

Georg-Wilhelm-Straße

Zuschauer

70

Schiedsrichter

Dennis Voß (Dassendorf)

„Wir hätten auf jeder Parkinsel, in jedem Stadtpark mehr Spaß gehabt!“

Niendorf-Trainer Ali Farhadi lobte seine Schützlinge nach dem Spiel, gab Ihnen einen Tag frei und schwor sie auf die "Wochen der Wahrheit" ein. Foto: Kormanjos

Niendorf-Trainer Ali Farhadi brachte das auf den Punkt, was sich nicht nur die neutralen Besucher gedacht haben: „Es ist unmöglich, auf diesem Platz hier Fußball zu spielen. Wir hätten auf jeder Parkinsel, in jedem Stadtpark mehr Spaß gehabt. Das ist wirklich grenzwertig!“ Womit wir auch schon beim großen Problem des FC Türkiye wären. Die Rahmenbedingungen machen es dem aktuellen Trainer-Gespann Dennis Kreutzer und Gökhan Acar nahezu unmöglich, erfolgreich zu arbeiten. „Wir haben seit vier Wochen nicht richtig trainiert“, bemängelt Kreutzer die nun schon seit etlichen Jahren vorherrschenden Probleme und fehlenden Möglichkeiten bei den Wilhelmsburgern. Kein Wunder, dass die Haltbarkeit der Trainer in den letzten Jahren stets sehr kurz war…

Früher Jubel bei den Gästen nach dem Führungstreffer.

Schiedsrichter Dennis Voß (TuS Dassendorf) überließ die Entscheidung, das Oberligaspiel (!) zwischen dem FC Türkiye und dem Niendorfer TSV überhaupt anzupfeifen, den beteiligten Mannschaften. Während Kreutzer auf Nachfrage des Unparteiischen mit einem verschmitzten „Meine Jungs kennen seit Jahren nichts anderes“ konterte, wollten auch die formstarken Gäste einer Austragung nicht im Wege stehen. Doch der Platz an der Landesgrenze ist eine wahre Zumutung – und wohl auch der Hauptgrund, weshalb der hochambitionierte FC Türkiye, sollte nicht bald ein kleines Wunder geschehen, nie über Mittelmaß hinauskommen wird. Vor allem, da auch der neue Platz an der Fährstraße – sollte längst bezugsfähig sein – ständig neue Probleme bereitet. „Es ist aktuell schwierig für uns, hier zu arbeiten“, gestand Kreutzer nach der neuerlichen Pleite. Nach unseren Informationen quartierte man sich unter der Woche sogar einmal auf dem Platz an der Snitgerreihe ein, um überhaupt trainieren zu können – und die Mannschaft samt Trainerteam übernahm die Kosten. So viel zu den fast schon unzumutbaren Zuständen im Drumherum…

Rein sportlich betrachtet war den Wilhelmsburgern am heutigen Nachmittag gar nicht mal groß etwas vorzuwerfen. Im Gegenteil. Vor allem in der zweiten Halbzeit spielte bis zur 70. Minute nur eine Mannschaft – und das waren die Hausherren. „Wir machen es sicher vernünftig, aber in entscheidenden Situationen entscheiden wir uns falsch“, so Kreutzer – und: „Mir kommt es auch so vor, als wenn der Gegner viel weniger braucht, um ein Tor zu erzielen. Wir machen die Dinger nicht und sind hinten zu löchrig.“ Sie hängten sich rein, machten und taten. Aber eines scheint derzeit augenscheinlich zu sein: Den Spielern des FC Türkiye fehlt jegliches Selbstvertrauen. Beispiel: Kurz nach Wiederanpfiff rollte ein blitzsaubere vorgetragener Konter über Michael Löw und Nikola Stefanovic, der mit einem unnachahmlichen Spurt Marvin Karow stehen ließ und scharf nach innen passte. Im Zentrum stand der noch vor der Pause für den verletzten Bilyal Mustafov eingewechselte Tolga Tüter gänzlich frei, hatte alle Zeit der Welt, aber jagte die Pille komplett unmotiviert und kläglich noch über den Fangzaun hinter dem Tor (51.). Es hätte nicht nur das 1:1 sein können, sondern schlichtweg müssen!

Trenel darf seelenruhig einschießen - "Dela" verzweifelt an Huneke

Niendorfs Kevin Trenel (re.) - hier gegen Sascha de la Cuesta - zeigte wieder eine starke Vorstellung. Foto: Kormanjos

Schon früh liefen die Hausherren einem Rückstand hinterher, weil „keiner von uns hellwach ist und zehn Mann nur drumherum stehen“, wie Kreutzer völlig zutreffend erkannte. Die Situation: Malte Wilhelm spielte einen Freistoß aus dem linken Halbfeld nahezu flach auf den Elfmeterpunkt. Der Ball fand Kevin Trenel und der schien selbst ein wenig überrascht über die ihm gewährten Freiheiten. Denn der einmal mehr starke „Flügelflitzer“ durfte die Kugel in Ruhe stoppen, zwei, drei Schritte gen Mitte machen und dann eiskalt ins linke untere Toreck einschießen (18.). Das ging viel zu einfach! Erste Chance, erstes Tor – und anschließend war der Gast vom Sachsenweg eigentlich nur noch auf eine gut stehende Defensive bedacht. „Dieser Belag hat uns nicht gut getan, wir haben nicht gut gespielt – das muss man ganz klar sagen. Das war richtig schwerfällig im Aufbau, viele Ballverluste hier und da“, befand Farhadi, dessen Elf im zweiten Abschnitt richtig unter Beschuss geriet. Erst die tausendprozentige Chance von Tüter (51.), dann der Hundertprozenter von Sascha de la Cuesta, der nach einem guten Angriff über Serhat Yapici und Michael Löw aus neun Metern zum Abschluss kam – doch Fynn Huneke warf sich noch so entscheidend in den Schuss, dass dieser sich haarscharf über den Querbalken senkte (67.). Und wenn’s nicht läuft, dann kommt auch noch Pech hinzu. Wenige Augenblicke zuvor war Yapici nach einem langen Abschlag von Tobias Braun blank vor Marcel Kindler – doch auf einmal ging die Fahne des Assistenten hoch, der eine Abseitssituation erkannt haben wollte. Eine klare Fehlentscheidung, denn Yapici enteilte in hohem Tempo der viel zu spät rausrückenden Niendorfer Abwehr (61.).

„Das 2:0 hat uns den Allerwertesten gerettet“

Türkiye Mert Kepceoglu musste nach Schlusspfiff erst einmal beruhigt werden. Foto: Kormanjos

Statt des längst fälligen Ausgleichstreffers machte Niendorf den Sack zu – und das mit dem gefühlt zweiten Angriff. Türkiye war zu weit aufgerückt, woraufhin Trenel von links Huneke bediente. Dessen Querpass schoss Ante-Akira Kutschke in die Maschen (70.)! „Das 2:0 hat uns den Allerwertesten gerettet“, erkannte auch Farhadi. „Am Ende muss man sagen, es hat gereicht, weil wir das wichtige zweite Tor gemacht haben. Hätten wir das nicht gemacht, kann es sehr, sehr eng werden. Denn die Qualität, die auf der anderen Seite ist, ist sehr hoch einzuschätzen.“ Nach dem vorentscheidenden Treffer war der Bann gebrochen und die „Himmelblauen“ kamen nun zu einer ganzen Reihe an Top-Möglichkeiten. Der eingewechselte Dario Streubier konnte nach tollem Zusammenspiel mit Malte Wilhelm freistehend den Ball nicht im langen Eck unterbringen (72.). Dann köpfte Adam Benn den darauffolgenden Eckball von Nico Kukuk völlig ungehindert drüber (73.), ehe Kutschke am rechten Pfosten scheiterte (75.). Wenig später parierte Braun einen Trenel-Kopfball stark (82.), dafür sah der Türkiye-Keeper kurz darauf weniger glücklich aus, als er weit aus seinem Tor eilte und anstatt das Leder ins Nirvana zu jagen, unter Bedrängnis von Magnus Hartwig genau in die Füße von Trenel zu passen. Denn Distanzversuch konnte aber noch vor dem Einschlag gerettet werden (83.).

„Es passt in unsere Gesamtsituation…“

Der NTSV durfte in den letzten neun Ligaspielen achtmal dreifach jubeln. Foto: Kormanjos

„Es war ein reiner Arbeitssieg“, bilanzierte Farhadi. „Aber das haben wir uns die letzten Wochen ja auch immer wieder eingebläut, dass man nicht irgendwo hinfährt und selbstverständlich Punkte einfährt. Das gibt’s in dieser Liga nicht. Dafür muss man richtig hart arbeiten.“ Damit bleiben Farhadis Niendorfer weiter in der Erfolgsspur und feierten den achten Sieg in den letzten neun Spielen. „Das Momentum ist auf unserer Seite. Wir nutzen es, so lange wir können – und wenn’s bis Mai ist, nehmen wir es gerne mit“, so der Übungsleiter. Sein Gegenüber meinte: „Jetzt haben wir aus den letzten drei Spielen nicht einen Punkt geholt – das macht unsere Situation natürlich nicht besser. Es passt in unsere Gesamtsituation…“ Genauso wie die Tatsache, dass die „Platzhirsche“ wie Serhat Yapici mit ihrer Art und Weise die jungen Spieler „erdrücken“. Nachdem Mert Kepceoglu in der letzten Sekunde der Partie einen Pass ins Zentrum und nicht links raus zu eben Yapici spielte, faltete dieser den Youngster auch nach Abpfiff noch zusammen. Bezeichnend aber war das, was weit nach Spielschluss geschah. Nicht etwa die Spieler des FC Türkiye räumten ihre restlichen Sachen von der Bank selbst weg, sondern die Kinder von NTSV-Keeper Marcel Kindler brachten dem Trainerduo Kreutzer/Acar die noch herumliegenden Trikots und Shirts. Auch das passt wohl zu der Einstellung einiger Akteure. Denn bis auf Sacha de la Cuesta und Philip Pettersson war der Rest schnell verschwunden...