Oberliga

Der „andere Schnack von Spielern“ schüchtert Niendorf komplett ein!

25. Februar 2024, 20:24 Uhr

Martin Harnik (li.), der mal wieder einen Doppelpack schnürte, zieht an Ammat Janha vorbei. Foto: Chris Haupt/epic/Instagram

Seinen Humor hatte Ali Farhadi nicht verloren. „Auf dem Rasen hätten wir Dassendorf auseinandergenommen“, scherzte der Trainer des Niendorfer TSV mit einem breiten Grinsen, um postwendend hinterher zu schießen: „Es gibt einfach solche Tage, an denen du gar nicht erst aufstehen möchtest. Das war heute so ein Tag.“ Denn das mit Spannung erwartete Oberliga-Spitzenspiel zwischen dem Dritten und dem Ersten war im Endeffekt eine äußerst einseitige Sache. Vor allem die erste Halbzeit auf dem Kunstrasenplatz am Sachsenweg ging „ganz klar an Dassendorf“, gab Farhadi unumwunden zu. „Wir sind gar nicht ins Spiel gekommen. Man hat richtig gemerkt, wie eingeschüchtert die Jungs waren und sich nicht zugetraut haben, in eine Situation zu gehen, wo es vielleicht auch mal wehtun kann. Und dafür ist Dassendorf zu abgekocht. Das ist einfach ein ganz anderer Schnack von Spielern und auch mit Abstand der stärkste Gegner, den wir die letzten Wochen hatten. Bei allem Respekt vor den Gegnern davor, aber da gehe ich auch davon aus, dass wir die Spiele gewinnen – das habe ich auch den Jungs gesagt.“

Len Aike Strömer (re.) hatte eine der großen Chancen in der ersten Halbzeit, köpfte den Ball an die Latte. Foto: Chris Haupt/epic/Instagram

Die ersten 45 Minuten waren so einseitig, dass das Spitzenspiel (alle Highlights im LIVE-Ticker) zwischenzeitlich einen gewissen Pokal-Charakter bekam – mit der klaren Rollenverteilung zwischen dem David (Niendorf) und dem übermächtigen Goliath (Dassendorf). „Die erste Halbzeit war in der ganzen Art und Weise, wie wir gespielt haben, hervorragend“, lobte Thomas Seeliger seine Mannen. „Bemängeln kann man vielleicht nur, dass man zwar zwei Tore gemacht hat, aber noch weitere zwei Hundertprozentige hatte.“ In der Tat: Mit dem 0:2 waren die „Sachsenwegler“ bestens bedient.

Doppelter Torschütze für die TuS: Natürlich Martin Harnik. Und wie! Das Führungstor war ein Treffer aus dem obersten Regal, technisch anspruchsvoll und überaus sehenswert. Maximilian Ahlschwede spielte den hohen Ball aus der eigenen Hälfte auf den bärenstarken Okan Kurt, der das Spielgerät im rechten Halbfeld per Direktabnahme aus der Luft vor des Gegners Tor beförderte, wo Harnik ebenfalls per Volley ins linke Eck vollstreckte (33.)! Wahnsinn! Kurz vor der Pause legte der Torjäger, der den ersten „Hundertprozenter“ noch vergab und freistehend am glänzend reagierenden René Melzer scheiterte (14.), mit einem schulbuchmäßigen Kopfball nach einer mustergültigen Flanke von Mattia Maggio nach (43.)!

"Insgeheim haben wir uns in der Kabine auf drei Punkte geeinigt"

Mattia Maggio (li.) leistete die mustergültige Vorarbeit für Harnik bei dessen Kopfballtreffer zum 2:0. Foto: Chris Haupt/epic/Instagram

„Für den Entwicklungsprozess wäre so ein Pünktchen sehr nett gewesen. Insgeheim haben wir uns in der Kabine auch auf drei Punkte geeinigt“, verriet Farhadi mit einem Augenzwinkern. „Aber schlussendlich haben die Jungs eigentlich so gespielt, wie ich mich gerade fühle: Richtig matschig.“ Zumindest nach der Pause zeigte der NTSV ein etwas anderes Bild. „Da kann ich meiner Mannschaft nur ein Kompliment machen. Wir waren drin, haben die Zweikämpfe besser angenommen und sind auch besser in die Tiefe gekommen, was für unser Spiel wichtig ist.“ Die Folge: „Wir machen zum richtigen Zeitpunkt das 1:2.“ Aber: „Wir fangen zum falschen Zeitpunkt das 1:3.“

Leon Meyer (Mi.) hat gegen Rinik Carolus (re.) das Nachsehen. Foto: Chris Haupt/epic/Instagram

Nach einem ruhenden Ball brachte Lennart Merkle die Hoffnung mehr oder minder aus dem Nichts zurück (80.). Die Freude war aber nur von ganz kurzer Dauer. Und auch Farhadi war aufgrund des Zustandekommens des dritten Gegentreffers „sehr verwundert“. Der Grund: „Das war mit die schlechteste Ecke von Dassendorf. Das muss man wirklich so sagen. Alle anderen waren bombenstark geschlagen. Dann kommt da so ein ‚Schwubbel-Ball‘ rein und zwei Jungs stehen komplett frei. Da haben wir nicht kommuniziert. Da hat unsere Kette versagt. Aber ich weiß noch nicht mal, ob wir in die Schlussoffensive gekommen wären“, gestand er.

"Wir haben es heute verschlimmbessert"

Sven Möller (Mi.) spekuliert darauf, dass sich Ammat Janha und Stephan Wemakor gegenseitig in die Quere kommen. Foto: Chris Haupt/epic/Instagram

Doch zurück zur angesprochenen Ecke von Sven Möller, die den gänzlich ungedeckten und völlig alleingelassenen Len Aike Strömer fand. Dessen Direktabnahme mit rechts schlug im rechten Toreck ein (83.)! „Eigentlich ist er ein Kopfballungeheuer, diesmal hat er ja den Fuß genommen“, witzelte Seeliger, der Strömer eigentlich schon vor dem Standard vom Platz nehmen wollte und das nach dem Torerfolg nachholte. „Alles in allem ein verdienter Sieg für die TuS Dassendorf“, resümierte ein sportlich-fairer Farhadi. „Wir haben es heute verschlimmbessert. Bleib da, wo du bist. Mach das, was du kannst. Und dann kannst du gegen so einen Gegner bestehen. Aber einige wollten ein bisschen überpacen, draufgehen, was Besonderes machen – und waren dadurch sehr gehemmt.“

"Insgesamt können wir sehr zufrieden sein"

Obwohl seine Elf nach dem Wechsel „etwas ungenauer“ wurde und den einen oder anderen Ballverlust zu verzeichnen hatte, war man diesmal „trotzdem immer wieder gut drin in der Rückwärtsbewegung“, so Seeliger. „Wir haben nicht viel zugelassen, außer eine ganz kurze Phase, wo sie mal den Pfosten getroffen haben“, sprach er auf Falk Gross‘ Distanzversuch an, der am Außengebälk landete (69.). „Das Gegentor musst du so auch nicht kriegen in der Situation. Aber es gab Gott sei Dank die schnelle Antwort. Wir hätten das vielleicht ein bisschen ruhiger gestalten können, wenn wir früher das Dritte nachgelegt hätten. Aber insgesamt können wir sehr zufrieden sein“, wusste Seeliger genau, was auf sein Team zukam. „Auch wenn sie ein paar Verletzte haben, ist das trotzdem eine junge, bewegliche Mannschaft, die Feuer hat, auch nicht zu Unrecht da oben steht und zu Hause nur ein Spiel verloren hat. Insofern waren die Jungs schon sehr konzentriert und fokussiert.“

"Jedes Spiel ist in gewisser Weise wie ein Pokal-Endspiel"

Die Dassendorfer Torschützen Martin Harnik (Mi.) und Len Strömer liegen sich im Arm. Foto: Chris Haupt/epic/Instagram

Und machten einen weiteren Schritt im Titelkampf. „Ich bin gespannt, wer das Rennen machen wird. Beide machen brutale Arbeit und spielen eine Bomben-Saison. Wir sehen zu, dass wir zumindest im leichten Windschatten bleiben“, sagte Farhadi zur Ausgangslage. Während Seeliger abschließend betonte: „Es ist nun mal so, dass wir uns nichts erlauben dürfen, wenn wir den Titel holen wollen. Da ist jedes Spiel in gewisser Art und Weise wie ein Pokal-Endspiel. So sind wir da auch rangegangen, haben den Dreier geholt und müssen nächste Woche genau daran anknüpfen.“

Autor: Dennis Kormanjos