„Begeisterung“ hier, „Übelkeit“ da – VfL II feiert „moralischen Sieg“!

Osdorf-Coach Wiehle nach 4:4 total bedient

10. Dezember 2015, 10:40 Uhr

Asan Saliev spielte stark auf, machte per Doppelpack aus einem 2:3 eine 4:3-Führung. Foto: Claus Bergmann

„Einige dachten nach dem frühen Tor wohl, es würde ein Selbstgänger werden – da kannst du auch noch so viel warnen. Ich weiß nicht, ob der eine oder andere Spieler das nicht verinnerlicht, wenn ich nämlich sehe, was einige hier abgeliefert haben, da wird mir ganz schlecht!“ Überaus deutliche Worte von Osdorf-Coach Piet Wiehle nach dem 4:4-Unentschieden über „Kellerkind“ VfL Pinneberg II. Ganz anders war die Stimmungslage auf der anderen Seite, wo Neucoach Patrick Bethke ein erfolgreiches Debüt auf der Trainerbank feierte. „Ich habe versucht, die Mannschaft am Montag aufzubauen, ihr Selbstvertrauen einzuimpfen und bin einfach nur froh, wie sich die Truppe heute präsentiert hat – nämlich als Mannschaft. Ich bin total begeistert, was in den Jungs steckt!“

Einmal mehr bewies sich die Tatsache, dass „eine frühe Führung scheinbar Gift für unser Spiel ist“, so Wiehle, dessen Elf keine sechs Minuten für das 1:0 brauchte. Torben Krause schlenzte einen 17-Meter-Freistoß herrlich in den linken Giebel! Nachdem Torschütze Krause wenig später nach feinem Spielzug über Bennet Krause und Herbrand nur knapp den zweiten Treffer verpasste (10.), kippte das Spiel. Pinneberg II hielt von Anfang an richtig gut dagegen, war über weite Strecken sogar das spielbestimmende Team. Allerdings konnte man durchaus den Eindruck gewinnen, dass ohne die gütige Mithilfe der Hausherren, nicht nur der Ausgleich in diesem Maße nicht zustande gekommen wäre. Ein Hildermann-Freistoß von Höhe der Mittellinie mutierte zur Bogenlampe und stellte Dennis Wolf vor ungeahnte Probleme. Der TuS-Keeper ließ den harmlos anmutenden Ball fallen, so dass Martin Staegemann ihn über die Linie stocherte (18.)! Zehn Zeigerumdrehungen darauf patzte Innenverteidiger Sven Müller, als er den Ball zunächst am eigenen Sechzehner eroberte, ihn dann wieder an Finn Lüneburg verlor und diesen schließlich auch noch von den Socken holte. Den fälligen Strafstoß verwandelte VfL-Kapitän Torsten Jung äußerst souverän – 2:1 VfL (28.)!

Saliev dreht nach Udes Blitztor das Spiel

Osdorf war völlig von der Rolle, hatte Glück, dass der freistehende Lüneburg wenig später in Wolf seinen Meister fand (34.). Die Reaktion der „Blomkampler“: Sascha Blume verlängerte Herbrands langen Einwurf, „Toni“ Ude hielt den Fuß rein – 2:2 (36.)! Da Pinneberg mit einem „Mini-Kader“ von gerade einmal 14 Mann anreiste, schien die Frage berechtigt, ob man dieses Tempo auch nach der Pause würde aufrecht erhalten können. Spätestens, als Ude keine 60 Sekunden nach Wiederanpfiff einen traumhaften Angriff über Müller, T. Krause und Wachter zum 3:2 abschloss, sah es so aus, als würde die Partie nun ihren erwarteten Verlauf nehmen. Doch das komplette Gegenteil war der Fall! Jania konnte auf rechts ungehindert die Linie herunter marschieren und clever in den Rücken der Abwehr passen, wo der bärenstarke Asan Saliev trocken ins kurze Eck vollendete (59.)! Zehn Minuten darauf: Wolf eilt zu zögerhaft aus seinem Kasten, wird von Lüneburg „angeloppt“. Der Abpraller landet bei Saliev, der in herrlicher Manier aus 23 Metern per Lop ins linke Eck traf. Der Ball titschte noch einmal auf und senkte sich in den Winkel – 4:3 Pinneberg II (69.)!

„Mir fehlte einfach die letzte Überzeugung“

Der VfL legte eine unglaubliche Moral an den Tag, ließ sich von nichts schocken und aus der Ruhe bringen, präsentierte sich unter dem neuen Coach wie ausgewechselt. Immer wieder trieb Patrick Bethke seine Schützlinge nach vorne, sprach ihnen Mut zu und das stets mit positiven und lobenden Worten. Dass Osdorf noch zum Ausgleich kam, lag nicht zuletzt an einem erneuten ruhenden Ball, den Torben Krause punktgenau auf den Schädel von Blume servierte, der diesen Eckball am ersten Pfosten stehend einnickte (75.)! Die folgende Druckphase des Hammonia-Dritten überstand der VfL mit viel Herz, Kampf und Leidenschaft unbeschadet und nahm einen wichtigen Punkt im Kampf um den Liga-Erhalt mit.

„Im Endeffekt sind genau das die erwartet schweren Spiele. Diese Mannschaften werfen alles in die Waagschale, was sie haben: laufen und kämpfen. Im letzten Jahr hat es gereicht, um uns 3:0 zu schlagen – nun hat es dazu gereicht, dass sie einen Punkt mitnehmen. In einigen Situation fehlte mir einfach die letzte Überzeugung, das Ding einfach mal ins Netz zu nageln“, befand Wiehle und ging mit seinen Kickern hart ins Gericht. „Es waren heute zwei Spieler, die uns in der Vergangenheit diverse Punkte gerettet, aber heute mit ihren individuellen Fehlern um zwei Punkte gebracht haben. Da kannst du vor einem Spiel auch noch so oft sagen: spielt einfach. Das scheint einfach nicht zu fruchten.“ Erleichtert präsentierte sich sein Gegenüber nach dem Spiel. „Wenn man gesehen hat, was die Jungs fußballerisch gegen den Tabellendritten gezeigt haben, dann bin ich mal gespannt, was wir in den nächsten Wochen erreichen können. Das war eine super Mannschaftsleistung“, so Bethke, der abschließend anfügte: „Wer 3:2 gegen Wedel gewinnt, denkt natürlich, Pinneberg kriegt mal eben sechs, sieben Stück. Dann kommen wir hierher, ziehen am letzten Strohhalm – und die Jungs liefern so eine Leistung ab. Da kann ich nur den Hut vor ziehen!“ Und es bewahrheitet sich einmal mehr: Scheinbar kehren neue Besen doch ganz gut...