„Ich finde nicht, dass wir bisher eine scheiß Saison gespielt haben“

SVCN-Trainer Matthias Wulff spricht über den bisherigen Verlauf und blickt voraus

25. September 2018, 16:30 Uhr

Nachdenklich: Der Sieg bei Vicky kann für SVCN-Coach Matthias Wulff und sein Team ein Erfolg sein, der einen Kick bringt – aber er ist auch nicht der sofortige Problemlöser. Foto: Bode

Nein, als so richtig gelungen konnte man die Saison des SV Curslack-Neuengamme bislang nicht einstufen. In der für den SVCN mit der Partie gegen den TSV Sasel am 29. Juli gestarteten Spielzeit fuhr die Mannschaft von Neu-Trainer Matthias Wulff, der im Sommer vom „Co“ zum „Chef“ aufrückte und die Nachfolge von Torsten Henke antrat, ihren ersten „Dreier“ erst am 9. September mit einem 3:1 gegen den HEBC ein. Den ganzen August über blieb die Equipe vom Gramkowweg sieglos, das Abstiegsgespenst grüßte bereits und Wulff selbst beschied nach dem 0:5 gegen Niendorf am 15. September, dass die Frage, wohin der Weg des SVCN führe, beantwortet sei: nach unten. 

Doch nichts ist so schnelllebig wie der Fußball: Nicht einmal eine Woche nach der „Klatsche“ vor eigenem Publikum gegen Niendorf musste Curslack – im ODDSET-Pokal übrigens auch bereits frühzeitig ausgeschieden – am vergangenen Freitag beim SC Victoria antreten. Eine Partie, in deren Vorfeld so mancher nur damit beschäftigt war, nachzudenken, wie ich hoch denn diesmal die „Pleite“ der Wulff-Schützlinge ausfallen würde. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Und so war nach dem Abpfiff am Freitagabend nicht der SVCN das Team, das ein Problem und Sorgen hatte, sondern nach dem 2:1-Sieg der Gäste eher der kriselnde SC Victoria.

„Fakt ist, dass wir nicht aus allem raus sind, weil wir gegen Vicky gewonnen haben“

Vorne fehlen Curslack die Tore und die Erfahrung des verletzten Arnold Lechler (li.). Foto: Bode

„Ich weiß gar nicht, ob wir jetzt richtig angekommen sind. Ich bin eigentlich nicht der Meinung, dass wir vorher nicht richtig angekommen waren“, erklärte Matthias Wulff nach dem Match gegen Vicky. „Ich finde nicht, dass wir eine scheiß Saison gespielt haben bisher – das Niendorf-Spiel mal ausgeklammert“, fügte der 36-Jährige hinzu. Aber wie  lautet dann die Erklärung dafür, dass der SVCN so lange nicht richtig in Fahrt kam? Liegt es wirklich an der, wie diverse selbsternannten „Experten“ urteilten, nicht hundert Prozent gelungenen Zusammenstellung des Kaders, aus dem man zum Beispiel vor Saisonbeginn mit Jan Landau und Adrian Sousa zwei der treffsichersten Akteure abgab und in dem sich mit Arnold Lechler nur ein auf Oberliga-Niveau erprobter Stürmer befindet, hinter dem sich in der Mehrheit „Youngster“ befinden?

Ein bisschen ja und ein bisschen nein. „Wir haben uns einfach ein Stück weit nicht rechtzeitig belohnt und einfach nicht genug Tore geschossen aus den Aktionen, die wir haben. Gerade in den drei Heimspielen gegen Buchholz, Condor und Meiendorf hatten wir überall in deutliches Chancenplus, konnten aber trotzdem nicht gewinnen“, gibt Wulff zu, sagt aber auch: „Ich fand nicht, dass vor dem Vicky-Spiel alles Mist war.“ Mist nicht, aber eben auch nicht ideal – das aber muss man dem SVCN in gewissen Teilen vielleicht auch zugestehen. Denn: Erstens muss man Wulff und seinen Co-Trainern Daniel Grosse und Marco Wyrwinski die Zeit geben, aus dem Schatten des am Gramkowweg allgegenwärtigen Henke herauszutreten. Zweitens: Es dauert auch einige Zeit, bis ein neuer Trainer neue Spieler integriert und neue Ideen umgesetzt hat, wobei man diese – Stichwort Dreierkette – auch selbst phasenweise schon wieder hinterfragt hat. Und drittens: Mit Gianluca Babuschkin fehlt, das darf man nicht vergessen, ja auch noch der Stammkeeper... 

„Unten in der Tabelle nicht nur blinde Truppen, die nichts können“

Auch der etatmäßige Stammkeeper Gianluca Babuschkin wird schmerzlich vermisst. Foto: Bode

Dennoch, um an Wulffs Aussage anzuknüpfen: auch, wenn man bisher „keine scheiß Saison gespielt“ hat, muss die Mannschaft den Schalter Richtung Erfolg langfristiger umlegen als nur an der Hoheluft, müssen diverse Mechanismen irgendwann komplett und nicht nur im Ansatz greifen. Das Erfolgserlebnis gegen Vicky kann dabei aber gegebenenfalls helfen, findet Wulff. „Für die Jungs ist es wichtig, dass sie sehen, dass alles möglich ist. Wir haben vor dem Spiel gegen Vicky gesagt, dass wir in jedes Spiel gehen, um zu gewinnen. Es zeichnet die Mannschaft aus, dass sie in der Lage ist, nach so einer Klatsche alles reinzuhauen und zurückzukommen“, bilanziert der Curslacker Übungsleiter und sagt: „Klar kann so einen Sieg einen Kick geben – da hoffen wir drauf. Aber wir haben am Samstag mit Altona zuhause schon den nächsten Kracher vor der Brust.“

Und: „Unten in der Tabelle nicht nur blinde Truppen, die nichts können und nichts mehr holen werden“, warnt Wulff davor, sich auf nur diesem einen Sieg auszuruhen und die derzeitige Situation mit zehn Punkten aus neun Spielen jetzt vielleicht ein paar Prozentpunkte leichtfertiger zu sehen, als das bislang der Fall gewesen ist. „Fakt ist, dass wir nicht aus allem raus sind, weil wir gegen Vicky gewonnen haben. Wir haben zehn Punkte auf dem Konto, das ist erst einmal so. Aber das und der Sieg vom Freitag bedeuten nicht, dass wir jetzt eine befreite Saison im Mittelfeld spielen“, verliert der Henke-Nachfolger die Realität nicht aus den Augen.

Jan Knötzsch