Kritik trotz HUFC-Sieg: „Erste Halbzeit top, zweite flop – wir müssen mehr machen“

Hamm holt gegen Billstedt den nächsten „Dreier“

31. August 2018, 22:39 Uhr

Hamms Coach Sidnei Marschall fand trotz des Sieges Ansätze zur Kritik an seinem Team. Foto: Knötzsch

Ercan Ileri war außer sich. „Scheiße, das sind verschenkte Punkte“, schrie der Mittelfeldspieler des SC V/W Billstedt in den Nachthimmel über dem Stadion Hammer Park. Es dauerte einige Sekunden, dann ging Hamid Derakshahn auf Ileri zu, umarmte seinen Schützling und beruhigte ihn. Dabei hätte auch der Trainer der Gäste nach dem Spiel gegen Hamm United allen Grund gehabt, unzufrieden zu sein. Zumindest mit dem Auftritt seiner Elf in der ersten Halbzeit und dem Ergebnis: Die Kicker vom Öjendorfer Weg traten mit einer 1:2-Niederlage den Rückweg nach Hause an. 

„Ich glaube, dass wir in der ersten Hälfte zu viel Respekt hatten. Natürlich haben uns fünf wichtige Spieler gefehlt, die nicht ran konnten, aber eigentlich hatten wir uns vorgenommen, mutiger aufzutreten. Das haben wir in der zweiten Halbzeit dann auch gemacht. Nach der Pause war das genau das Spiel, das uns ausmacht: Wir haben gut mit und gegen den Ball gespielt, sind immer wieder in den Sechzehner gekommen und hatten unsere Chancen. Aber wir müssen mehr aus unseren Möglichkeiten machen. Die Chancen, die wir haben, müssen wir noch gefährlicher aufs Tor bringen“, analysierte Derakhshan und konstatierte: „Ich bin mit der zweiten Halbzeit vollkommen zufrieden. Wir waren läuferisch gut, spielerisch mutig und haben hinten keine Chance zugelassen.“

Derakhshan: „Hamm hat sich den Sieg in der ersten Halbzeit zurechtgelegt“

V/W-Trainer Hamid Derakhshan (li.) fand vor der Pause an der Linie mehrfach klare Worte. Foto: Knötzsch

So weit, so gut – doch die Sache hatte aus Billstedter Sicht eben einen kleinen, aber umso wichtigeren Haken: den ersten Durchgang. „In der ersten Hälfte hat Hamm keine Chance zugelassen. Letztlich kann man sagen, dass der Gegner sich den Sieg in der ersten Halbzeit zurechtgelegt hat. Hätten wir eher etwas mutiger gespielt, wäre mehr drin gewesen“, bilanzierte Derakhshan. Tat seine Elf aber nicht. Und so geriet der Gast in einer relativ höhepunkt- und chancenarmen Partie, die die rund 140 Zuschauer nicht unbedingt vom Hocker gerissen haben dürfte, nach 22 Minuten in Rückstand. Dabei musste ein Elfmeterpfiff von Schiri Lasse Holst (FC Türkiye) helfen. Nachdem Kevin Dülsen im Anschluss an an einen Chip-Ball von Jan Landau die Kugel an die Hand gesprungen war, deutete der Spielleiter auf den Elfmeterpunkt.

Christian Ayim griff sich den Ball, legte sich das Spielgerät zurecht und ließ Pascal Haupt im V/W-Kasten keine Chance. Auch in der Folgezeit wirkte der Spielaufbau der Hausherren strukturierter, Billstedt strahlte weiterhin kaum Gefahr im gegnerischen Strafraum aus. Die Quittung erhielt die Derkahshan-Elf kurz vorm Pausenpfiff: Dimitri Patrin flankte den Ball von rechts in die Box, Daniel Weber kam an den Ball und zum Abschluss. Dabei schoss Hamms Nummer acht den auf der Linie stehenden Billstedter Furkan Gökmen an, von dessen Kopf die Kugel endgültig ins Netz sprang – 2:0 für die „Geächteten“. Eine Minute vor der Halbzeit vergab Ayim einen möglichen dritten Treffer.

Marschall: „Wir spielen einfach keinen Fußball mehr und machen den Gegner unnötig stark“

Für den Billstedter Kim Liebermann (MItte) war die Partie nach 64 Minuten wegen einer Verletzung vorzeitig beendet. Foto: Knötzsch

Nach Wiederbeginn passierte in der zweiten Hälfte der Begegnung bis zur 75. Minute kaum etwas, dann stand Schiri Holst erneut im Mittelpunkt. Nach einem Zweikampf zwischen Hamms Torsten Hartung und Nikola Maric ging der Billstedter zu Boden und der Unparteiische zeigte zum zweiten Mal an diesem Abend auf den Punkt. Der erst kurz zuvor eingewechselte Tarek Abdalla übernahm die Verantwortung, verlud Keeper Samuel Graudenz, der nach links sprang, zielte rechts und traf zum 1:2-Anschlusstreffer. Zehn Minuten vor dem Ende hatte dann Michael Adijei-Bediako für V/W den Ausgleich auf dem Fuß, doch nachdem er mit Tempo in den Strafraum eingedrungen war, zielte er letztlich doch ein paar Meter zu hoch. Die restliche Spielzeit überstand der HUFC ebenso schadlos, so dass die Punkte 13, 14 und 15 auf das Konto des Aufsteigers wanderten.

„Das Spiel war identisch wie in der vergangenen Woche gegen Inter 2000: Die erste Halbzeit war top, die zweite flop. Ich weiß nicht, woran das liegt. Vielleicht fehlen uns die Kräfte. Wir spielen einfach keinen Fußball mehr und machen den Gegner unnötig stark“, ärgerte sich Sidnei Marschall nach dem Match. „Wir haben schnell durchschaut, wie Billstedt spielen wollte: Lange, diagonale Bälle. Wir standen in der Defensive gut dagegen“, so der HUFC-Übungsleiter, der bekannte: „Der Elfmeter für V/W war aus meiner Sicht keiner.“ Auch, wenn die „Geächteten“ mit dem Sieg ihre Position im obersten Drittel festigten, tritt Marschall weiterhin auf die Euphoriebremse: „Ich sage jede Woche das gleiche: Es hat wieder Spaß gemacht, den Jungs beim Training zuzusehen. Aber wir müssen mehr machen, das sieht man an den beiden zweiten Halbzeiten gegen Inter und jetzt. Wir haben noch Luft nach oben.“

Jan Knötzsch 

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