Keller fliegt (wieder) – „Piepel“-Ärger über Abseitstor und ausbleibende Belohnung

Ex-Kiezkicker sieht zweite Rote im zweiten Einsatz

05. August 2018, 20:59 Uhr

Bittere Rückkehr für Joël Keller (li., Nr. 25) an die alte Wirkungsstätte: Nach gerade mal 13 Minuten war der Arbeitstag für den Neu-Flensburger nach einer Notbremse schon wieder beendet. Foto: KBS-Picture.de

In drei Jahren absolvierte er 51 Spiele für die U23 und zehn Partien für die Profis des FC St. Pauli, ehe er in diesem Sommer zum Regionalliga-Nord-Meister SC Weiche Flensburg 08 wechselte. Zu dem Verein, gegen den Joël Keller im letzten Aufeinandertreffen beider Teams nur zwei Minuten nach seiner Einwechselung aufgrund einer Tätlichkeit mit glatt Rot vom Platz flog (85.). Nun kam es schon am Dritten Spieltag zum ersten Wiedersehen mit den alten Kollegen – und das, nachdem Keller bei seinem Debüt für Weiche wegen einer Notbremse ebenfalls den roten Karton sah. Nachdem der 23-Jährige unter der Woche aussetzen musste, durfte er heute wieder ran – und es passierte das, was kaum einer für möglich hielt, einige im Spaß aber doch schon vorher prognostizierten…

St. Paulis Sirlord Conteh (li.) war vor allem in der ersten Halbzeit kaum zu stoppen... Foto: KBS-Picture.de

Es lief die 13. Spielminute, als Lennart Keßner einen Traumpass in Richtung Sirlord Conteh spielte. Der ehemalige Saseler zog in der Anfangsphase richtig auf und war auch in dieser Situation nur durch ein Foulspiel zu halten. Ein Foulspiel von? Richtig, Joël Keller. Da sich das Vergehen im Flensburger Strafraum abspielte und der Unparteiische es als Notbremse wertete, gab es nicht nur Elfmeter für die „Kiezkickerchen“, sondern zugleich die Rote Karte für Keller! Zweites Spiel für den Schweizer im Weiche-Dress, zweiter Platzverweis – und das in gerade einmal 51 Minuten Einsatzzeit! „Letzte Woche gegen Jeddeloh war das unglücklich, heute…“, überlegte Weiche-Trainer Daniel Jurgeleit einen Moment lang, ehe er den Satz mit den Worten „war es auch unglücklich“ beendete. Allerdings befand er auch: „Vielleicht muss man da einfach mal wegbleiben. Das heißt ja noch nicht, dass da auch ein Tor fällt.“ Und weiter: „Kaum zu glauben, dass es ihn erneut erwischt hat. Es war nicht böswillig. Aber für die Mannschaft ist es natürlich nicht gut. Es ist absolut unglücklich für alle. Wir müssen das jetzt erstmal sacken lassen, dann versuchen, einen Lösungsansatz zu finden, und dann geht es auch für Joël weiter. Vielleicht auf einer anderen Position.“

Philipkowski wütend: „Ich bin mir ganz sicher, dass es ein Abseitstor war!“

... wie auch in der Szene, die zum Strafstoß und zur Roten Karte führte. Foto: KBS-Picture.de

Ersin Zehir verwandelte den fälligen Strafstoß ganz sicher zur verdienten Führung der Philipkowski-Kicker (15.), die auch in der Folge am Drücker blieben. Immer wieder war Conteh an den jeweiligen Aktionen beteiligt. Zu einem weiteren Torerfolg führten diese allerdings nicht. Vielmehr kamen die in Unterzahl agierenden Gäste nun immer besser auf – und auch zum Ausgleich, der allerdings höchst umstritten war. Weiche führte einen Freistoß im Zentrum schnell aus. Finn Wirlmann legte für Gökay Isitan ab, der aus 15 Metern halblinker Position mit der Pike abzog. Der harmlos anmutende Schuss wurde vom am Boden liegenden Gary Noël noch entscheidend abgefälscht und schlug im kurzen Eck ein. So weit, so gut. Doch Noël lag in jener Situation deutlich im Abseits. Referee Bokop schien auch sofort in Richtung seines Assistenten anzudeuten, dass der Ex-Lübecker noch dran war. Doch die Fahne blieb zur großen Überraschung unten, der Treffer zählte (36.)! „Ich bin mir ganz sicher, dass es ein Abseitstor war. Das hat uns in der Endphase der ersten Halbzeit ein bisschen aus dem Rhythmus gebracht“, echauffierte sich Philipkowski, der aber auch das Verhalten seiner Mannen beim schnell ausgeführten Freistoß bemängelte. Denn erst stellte Robin Meißner den Gegner nicht konsequent zu, dann diskutierte Zehir „mit Gegenspieler und Schiedsrichter, anstatt sich vor den Ball zu stellen“.

Kovacic verpasst „Luckypunch“ - „Warum er da ablegt, weiß ich nicht“

Ersin Zehir blieb vom Punkt aus ganz cool und traf zur Führung. Foto: KBS-Picture.de

Der Meister der Vorsaison war im Spiel angekommen und hätte noch vor der Pause das Ergebnis auf den Kopf stellen können, als Torge Paetow mit seiner Flanke den Kopf von Christian Jürgensen fand. Doch St. Paulis Jung-Keeper Leon Schmidt riss gerade noch die Arme hoch und lenkte das Spielgerät an die Latte (44.). Nach dem Wechsel war den Gästen die numerische Unterzahl nicht mehr anzumerken, wenngleich die Braun-Weißen mehr Abschlüsse zu verzeichnen hatten. Aber: Geht es allein um die Großchancen, dann hätten beide Parteien je eine zu Buche stehen. Erst war es Noël, der nach einem langen Thomsen-Ball und dicken Otte-Fauxpas freistehend auf Schmidt zusteuerte. Im allerletzten Augenblick rettete Brian Koglin jedoch mit dem langen Bein (55.). Auf der anderen hätte der eingewechselte Dario Kovacic für den „Luckypunch“ sorgen können, eigentlich sogar müssen. Nach einer Carstens-Hereingabe hatte er vier, fünf Meter vor dem Tor komplett freie Bahn, wollte den Ball aus der Luft aber nochmal querlegen. Das misslang gründlich (88.)! „Warum er da ablegt, weiß ich nicht“, rätselte auch Philipkowski.

Philipkowski: „Hätte den Jungs den Sieg gegönnt, weil sie besser waren“

Ärger bei Joachim Philipkowski (re.) über das gegebene Abseitstor. Foto: KBS-Picture.de

So blieb es beim Unentschieden – und zwei unterschiedlichen Einschätzungen: „Mit einem Punktgewinn gegen den Meister kann man zufrieden sein – zumindest wäre ich das vor dem Spiel gewesen. Nach dem Spiel bin ich es nicht, weil wir einfach in den ersten 30 Minuten den Gegner ganz klar beherrscht haben, die Spielkontrolle hatten und Fußball gespielt haben“, so St. Paulis U23-Coach, der anfügte: „Auch in der zweiten Halbzeit haben wir viel investiert.“ Und weiter: „Ich bin gegenüber den ersten beiden Spielen vollkommen zufrieden mit der spielerischen Leistung. Ich hätte den Jungs den Sieg gegönnt, weil sie am heutigen Tag die bessere Mannschaft waren.“ Sein Gegenüber meinte: „So wie das Spiel gelaufen ist, bin ich mit dem Punkt zufrieden. Für uns ist das ein gewonnener Punkt“, gestand Jurgeleit – und nahm dann noch einmal zur Roten Karte gegen Keller Stellung: „Ob das die Regel wird, glaub ich nicht. Aber mit der Fairplay-Wertung wird es dieses Jahr nichts“, war er schon wieder zu Späßen aufgelegt. Während „Piepel“ dazu nur zu Protokoll gab: „Er ist nicht mehr mein Spieler. Deshalb werde ich auch nichts dazu sagen.“

Die PK mit beiden Trainern - auch zum Keller-Rot - im Video:

Autor: Dennis Kormanjos

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