Bezirksliga Nord

„Power-Pauli“ sorgt für Party: „Der Druck war für die Truppe und den Verein heftig, der Aufstieg tut gut“

ETV feiert vor rund 400 Zuschauern einen knappen 1:0-Derbysieg gegen den FC Alsterbrüder

19. Mai 2019, 17:45 Uhr

Der Torschütze lässt sich feiern: Jon Pauli (Zweiter v. re.) wird von seinen Mitspielern zum Tor des Tages beglückwünscht. Foto: Both

Das Lob kam aus berufenem Munde. „Der Aufstieg des ETV ist hochverdient. Auch der Sieg heute ist insgesamt verdient“, sagte Gunnar Hitscher nach der 0:1-Niederlage des FC Alsterbrüder beim seit einer Woche als Meister der Bezirksliga Nord und Aufsteiger in die Landesliga feststehenden Eimsbütteler TV (Hier gibt’s das Spiel im Live-Ticker zum Nachlesen). Dabei hatte der Coach des FCA doch nichts unversucht gelassen, bei seinen Jungs und dem Anhang der Alsterbrüder noch einmal für zusätzliche Motivation zu sorgen. Im Mittelpunkt dabei: Ex-Bundesliga-Profi Hans Sarpei, inzwischen ein beliebter Social Media-Star. Und genau den hatte Hitscher unter der Woche getroffen.

„Das war bei der Vorstellung des neuen Derbystar-Balles für die kommende Saison in Hamburg“, verriet der FCA-Übungsleiter nach dem Match. „Ich habe ihm ein bisschen vom Derby erzählt und dass er auf dem Foto, das wir machen, mal für uns jubeln und uns die Daumen drücken soll. Er ist ein mega guter Typ“, erzählte Hitscher, „vielleicht hat er sich ja mit dem Thema ein bisschen beschäftigt. Wir haben ihm auf dem Bild bei Instragram ja extra verlinkt.“ Abhilfe schaffen aber konnte auch Sarpei nicht. Denn der ETV hatte quasi eine Waffe, die er zur zweiten Halbzeit zog: Jon Pauli. Bis dahin hatte die Nummer acht der Eimsbütteler draußen auf der Bank gesessen, während sich seine Teamkollegen auf dem Feld redlich mühten, aber keinen Ertrag zustande bekamen. Sowohl der ETV, bei dem Marwin Bolz für Simon Mensah ins Spiel kam, als auch die Alsterbrüder, dort ersetzte Patrick May seinen Mitspieler Carl Janta, mussten jeweils früh wechseln. Zur Halbzeit stand auf beiden Seiten die Null.

Mitteregger: „Wenn du so jemanden wie Jon fit bringen kannst, hat das einen besonderen Effekt“

Halli Galli am Lokstedter Steindamm: ETV-Lapitän Samuel Olayisoye (Mitte) leitet die folgenden Party-Gesänge ein. Foto: Both

Doch dann kam Pauli. Der Mann, der zu diesem Zeitpunkt mehr Power hatte als die anderen Akteure auf dem Platz. Elf Minuten dauerte es im zweiten Durchgang, dann spielte er diesen Vorteil aus: Pauli wurde über links bedient, täuschte in der Box zwei Mal einen Schuss an, schoss aber erst mit der dritten Aushol-Bewegung wirklich und hatte damit die FCA-Abwehr inklusive Keeper Moritz Kühn genarrt – 1:0. Einer der „Unterschied-Spieler“, wie man heutzutage so schön sagt, hatte wieder zugeschlagen. „Wenn du so jemanden fit bringen kannst, während die anderen auf dem Platz schon schwierige Bedingungen haben, hat das schon einen besonderen Effekt“, freute sich ETV-Coach Dennis Mitteregger, der zuvor erklärt hatte: „Das war so ein Spiel, wo du den Gegner erst knacken musst. Wir waren ein bisschen verkrampft, das hat man gemerkt. Das hatte was mit der Kulisse zu tun – nicht unbedingt mit den Alsterbrüder-Fans, sondern damit, dass wir auch viele Fans zusammen hatten. Ich glaube, den einen oder anderen hat das gehemmt.“

Er habe, so Mitteregger weiter, „die Jungs in der Pause gefragt, was los ist. Weil ich eben den Eindruck hatte, dass wir verkrampft waren. In der zweiten Halbzeit lief es nach dem Wechsel in der Pause besser. Dann war unser Spiel flüssiger, wir waren häufiger im letzten Drittel und wir hatten Chancen. Die Antwort meiner Spieler in der Pause war, dass die Temperaturen es erschwert haben. Draußen hat man das vielleicht gar nicht so mitbekommen, aber das waren schon schwierige Bedingungen.“ Sei's drum: der Meister meisterte sie. „Wenn's doof gelaufen wäre, hätte das hier auch ein Unentschieden geben können“, so Meistermacher Mitteregger, der bilanzierte: „Dem Verein tut der Aufstieg richtig gut. Was er bedeutet, wird uns wohl erst richtig bewusst, wenn wir die Vorbereitung starten und dann die stärkeren Gegner in der Saison kommen – aber das ist geil.“ Für ihn selbst, so der Coach, sei „der Druck, aufzusteigen, nicht übermäßig“ gewesen: „Ich habe ja nicht viel damit zu tun gehabt, weil ich nur die Hälfte des Weges begleitet habe und schon bei meinem Amtsantritt wusste: Es muss schon viel schiefgehen, weil die Qualität in unserem Kader am stärksten ist. Aber für die Truppe, die zwei Mal den Aufstieg nicht geschafft, und für den Verein war der Druck heftig. Ich habe mir nur gedacht: Das wird schon.“  

Hitscher: „Wir sind glücklich, dass wir drin geblieben sind und wollen im nächsten Jahr angreifen“

Die Anhänger des FC Aösterbrüder sorgten für ordentlich Stimmung – und erhielten dafür ein Lob von Coach Gunnar Hitscher. Foto: Both

Vom Aufstieg konnte man auf der Gegenseite in dieser Saison nur träumen. „Wir hatten andere Ziele, hatten aber einen Saisonverlauf, der gegen uns war. Hinten raus gab es noch den Trainerwechsel (Hitscher löste Marel Plewka ab, Anm. d. Red.). Wir sind mega glücklich, dass wir drin geblieben sind. Auch heute hat man gesehen, dass wir nicht der typische Abstiegskandidat sind. Wir wollen im nächsten Jahr angreifen, uns fußballerisch weiterentwickeln. Wir werden junge Spieler mit hoher Qualität hinzubekommen. Ich will kein Ziel aussprechen, wir wollen guten Fußball spielen und möglichst jedes Spiel gewinnen“, gab Gunnar Hitscher im Anschluss an das Spiel zu Protokoll und zollte neben dem ETV zunächst einmal auch dem eigenen Anhang Respekt: „Wir haben zum ETV ein ordentliches Verhältnis. Es gibt den einen oder anderen Kritikpunk und eben eine Rivalität im sportlichen Bereich“, so Hitscher, der hinzufügte: „Was unsere Fans an Stimmung machen – das ist für Bezirksliga-Verhältnisse irre toll.“

Und auch, was das Fußballerische anging, war Hitscher trotz der Niederlage nicht unbedingt unzufrieden: „Das war jetzt mein viertes Spiel als Trainer und meine Ausbeute lässt zu wünschen übrig“, grinste er und analysierte dann, wohlwissend, dass seine Elf beim Meister und Aufsteiger weder untergegangen war noch schlecht ausgesehen hatte: „Häufig ist es so, dass es eine erste Phase gibt, wo du den Gegner – salopp gesagt – an den Eiern hast, weil er nicht damit rechnet. In dieser Phase musst du ein Tor machen. Wenn du das nicht machst, dann steht es eben weiterhin 0:0. Und dann ist der ETV halt einfach brutal gut. Das hat man hinten raus gesehen: Sie sind läuferisch stark, auch im Eins-gegen-Eins auf engstem Raum.“ Dagegen vermochte der FCA letztlich nichts mehr zu unternehmen. Der Stimmung tat dies aber keinen Abbruch. Denn während der ETV Titel und Aufstieg mit seinen Fans und dem eigenen Fußball-Nachwuchs feierte, ließen die Alsterbrüder-Anhänger ein paar Meter weiter ihre Akteure ebenfalls lautstark hochleben.

Jan Knötzsch

Der große ETV-Jubelkreis nach dem Spiel im Video