„NB10“ rettet AFC den A… – AFC-„Fans“ sorgen für Tumulte!

„Ergebnis spiegelt Spielverlauf nicht wider und ist auch nicht verdient“

08. April 2017, 21:29 Uhr

Nick Brisevac (li.) rettet seinem AFC im Alleingang einen Punkt in letzter Sekunde. Trotzdem war der Kapitän hinterher alles andere als zufrieden... Foto: KBS-Picture.de

80 Minuten lang spielte nur eine Mannschaft – und das war nicht etwa der Spitzenreiter aus Altona, sondern der SV Curslack-Neuengamme. Der Oberliga-Leader präsentierte sich am Gramkowweg erschreckend ideen- und harmlos, kam kaum zu Torabschlüssen. Und dennoch waren sich die Trainer nach dem Spiel uneins. „Wir hatten eine ganz schwache erste Halbzeit, haben aber in der zweiten Hälfte ein anderes Gesicht gezeigt und meiner Meinung nach verdient das 2:2 geschafft“, befand Berkan Algan. Dem widersprach Torsten Henke vehement: „Ich denke, dass das Unentschieden den Spielverlauf nicht widerspiegelt und glaube auch nicht, dass es verdient war!“

Die Szene, in der Curslacks Spiewak (li.) und Altonas Grubba ineinander rauschen. Beide haben nur den Ball im Sinn. Foto: KBS-Picture.de

Während die Spieler des SVCN den Platz mit betrübter Miene in Richtung Kabine verließen, war auch Altonas Nick Brisevac nicht wirklich glücklich. Dabei hatte „Brise“ seinem Team wenige Augenblicke zuvor mal wieder den Allerwertesten gerettet. Mit zwei Strafstößen in den Schlussminuten – den letzten sogar in buchstäblich allerletzter Sekunde – bewahrte die „10“ des AFC seine Mannen vor einer (verdienten) Niederlage. Und dennoch: „Ich bin nicht so gut drauf, weiß nicht, ob das eine gute Idee ist“, warnte er die zwei auf ihn zukommenden Pressevertreter vor, fand dann aber doch sehr kluge und richtige Worte: „Das, was wir in der ersten Halbzeit gemacht haben, darf uns nicht passieren! Es waren schon fünf Minuten gespielt, als wir so langsam gemerkt haben, dass das Spiel schon läuft. Da würde ich mir vor allem in der jetzigen Situation mehr Geilheit wünschen!“

Brisevac hatte den Satz noch gar nicht richtig beendet, als unweit davon am Ausgang plötzlich die Fäuste flogen. Einige AFC-Anhänger, wenn man diese denn so nennen will, hatten es auf Curslacks Sebastian Spiewak abgesehen. Warum? In der 56. Minute rasselte der Innenverteidiger nach einem langen Ball ganz böse mit Altona-Keeper Tobias Grubba zusammen. Für den Fänger ging es nach längerer Behandlungspause mit starken Schmerzen an der Hüfte und Verletzungen an den Fingern nicht weiter. Wir wünschen Tobias Grubba eine schnelle Genesung! Die Gäste-Fans machten Spiewak daraufhin für das Ausscheiden ihres Torhüters verantwortlich und bedachten ihn schon während des Spiels mit Schmähgesängen: „Alle auf die Vier“, hallte es aus dem AFC-Block auf der Tribüne.

Handfeste Auseinandersetzung nach Spielschluss

Der Jubel der Hausherren nach dem 2:0 durch Stjepan Radic (2. v. li.). Foto: KBS-Picture.de

„Ich habe ihn überhaupt nicht kommen sehen. Wenn das der Fall gewesen wäre, hätte ich sehr wahrscheinlich zurückgezogen. Der Ball kam gut, die Aktion war auch nicht im Fünfer. Ich musste da hingehen. Dann hat er mich mit der Faust am Ohr erwischt. Es war alles sehr unglücklich und ich habe mich auch gerade nochmal bei ihm entschuldigt. Aber es war definitiv keine Absicht!“, erklärte uns Spiewak hinterher. Dem Verteidiger in jener Situation Absicht zu unterstellen, wäre schlichtweg eine Farce. Nichtsdestotrotz nahmen einige Altona-„Fans“ dies zum Anlass, den 25-Jährigen auf dem Weg zur Kabine weiter zu beschimpfen, bis es sogar zu handfesten Auseinandersetzungen kam, in die wohl auch Spiewaks Vater involviert wurde. Einige Spieler des SVCN, Ordner und sogar Spielerväter mussten schlichtend eingreifen, was jedoch erst nach einiger Zeit erfolgreich gelang. Allen voran Marvin Schalitz bewies in dem Tumult kühlen Kopf und versuchte immer wieder deeskalierend einzuwirken. Ein vorbildliches Verhalten des Spiewak-Abwehrkollegen! Im Gegensatz zu einigen gewaltbereiten Personen auf der anderen Seite…

Zum Sportlichen: Der Primus konnte sich glücklich schätzen, nach 45 Minuten nur mit 0:1 im Hintertreffen zu liegen. Ein wunderbarer Angriff über Patrik Papke und Mike Beldzik, dessen flache und scharfe Hereingabe von Jan Landau haarscharf verpasst wurde, brachte André Monteiro Branco am zweiten Pfosten zum krönenden Abschluss (20.)! Auch ansonsten spielte nur die Henke-Equipe. Stjepan Radic scheiterte schon nach 100 Sekunden an Grubbas Fußabwehr, ehe Landau nach einem Sensationspass des bärenstarken Vitali Wilhelm auf und davon war, sich den Ball aber zu weit vorlegte (31.). Das hätte eigentlich das 2:0 sein müssen – und auch Wilhelm prüfte kurz darauf nach Monteiro Brancos Zuspiel Grubbas Qualitäten (32.). „Das 1:0 zur Halbzeit hat das Geschehen überhaupt nicht wiedergegeben hat. Wir hätten 2:0 oder 3:0 führen müssen!“, brachte es Henke auf den Punkt.

Curslack vergibt mehrfach die Vorentscheidung

Vitali Wilhelm (re.) zeigte sowohl offensiv als auch defensiv eine ganz starke Leistung. Foto: KBS-Picture.de

Nach Wiederanpfiff bekamen die Mannen von der AJK, nahmen die komplett indisponierten Tevin Tafese und Abdullah Yilmaz vom Platz, zwar etwas mehr Zugriff auf das Spiel – aber wenn eine Mannschaft Tormöglichkeiten hatte, dann waren es erneut nur die Hausherren. Philipp Körner blockte Wilhelms Schuss gerade noch rechtzeitig (47.). Dann rettete Clifford Aniteye in höchster Not gegen Landau (48.). Als der AFC mal im Vorwärtsgang war und Nick Brisevac zum vermeintlichen 1:1 traf, stand Wegbereiter Chris Pfeifer nach Meinung des Assistenten (hatte seinen Arm in der ersten Halbzeit bei Angriffen Curslacks häufiger angehoben als angelegt und sah Abseitspositionen, die nur die wenigsten dafür hielten) in der verbotenen Zone (54.). Auch nach dem Grubba-Schock tat sich Altona verdammt schwer, agierte über weite Strecken der Partie immer wieder nur mit langen Bällen, die bei Schalitz/Spiewak sichere Beute wurden. In Minute 79 fiel das eigentlich schon längst überfällige 2:0, als Landau einen herausragenden Diagonalball von rechts vors Tor brachte und Radic ins kurze Eck finalisierte!

Brisevac rettet AFC zweimal vom Punkt

Nick Brisevac haderte mit der Leistung seiner Schützlinge. Foto: KBS-Picture.de

Kaum einer der 263 anwesenden Besucher setzte auch nur noch einen Pfifferling auf die Gäste. Nur AFC-Manager Andreas Klobedanz war sich scheinbar sicher, dass seine Schützlinge das Spiel noch drehen würden. Denn unmittelbar nach der Grubba-Verletzung marschierte er an Henke vorbei, legte diesem den Arm auf die Schulter und meinte: „Wir gewinnen das noch!“ Sehr gewagt von Klobedanz – aber zumindest in Teilen sollte er recht behalten. Der Ex-Altonaer Gianluca Babuschkin kam gegen Jan Novotny zu ungestüm aus seinem Kasten – Elfmeter (84.). Nick Brisevac verwandelte zum Anschluss, in dem er die Kugel in die Tormitte setzte (85.)! Nun war Altona erwacht. Immer wieder angetrieben von „NB10“, der in letzter Sekunde beim Versuch in den Strafraum einzudringen von Beldzik auf die Bretter geschickt wurde. Wieder entschied Tim Wöllmer (FC Süderelbe) auf Strafstoß! Dem vorausgegangen war ein verlorenes Kopfballduell vom eingewechselten SVCN-Hünen Christoph Hammel gegen den drei Köpfe kleineren Jakob Sachs am AFC-Strafraum. Erneut legte sich Brisevac die Pille zurecht, erneut blieb er eiskalt und verlud Babuschkin – trotz Henkes Mutzuspruch („Babu, den hältst Du!“) – zum zweiten Mal (90. +4)! Wöllmer pfiff die Begegnung gar nicht mehr an, sondern direkt ab.

"Das 2:2 fühlt sich wie eine Niederlage an!"

Überschwänglicher Jubel nach einem schwachen Spiel: Der AFC holt im Titelrennen einen glücklichen Punkt am Gramkowweg. Foto: KBS-Picture.de

„Es ist klar, dass jeder gegen uns gewinnen will. Wir müssen da mental deutlich stärker werden. Am Ende können wir mit dem Punkt zufrieden sein – auch wenn wir ein bisschen Schwein gehabt haben“, bilanzierte Altonas „Doppelpacker“ zutreffend. Während Spiewak – noch vor den ganzen Tumulten – zu Protokoll gab: „Das sieht man auch auf allerhöchstem Niveau, dass sich ein Spiel ganz schnell drehen kann. Das hat man heute am Willen von Altona gemerkt. Die haben nie aufgehört und sind aufs zweite Tor gegangen. Man hat‘s gesehen und in jedem Zweikampf gespürt, dass sie unbedingt in die Regionalliga wollen. Nichtsdestotrotz ist es sehr schade für uns. Was wir uns vorwerfen müssen, dass wir in der Endphase nicht zu 100 Prozent da waren.“ Torsten Henke musste hingegen erst einmal durchpusten, um „nach diesen 94 Minuten die richtigen Worte zu finden“. Die fand er dann aber relativ schnell. „Es ist richtig, dass sich Altona nach der Pause anders präsentiert hat. Nichtsdestotrotz hatten wir die Chancen auf das zweite Tor. Aus dem Spielverlauf habe ich kaum Torchancen für Altona gesehen. Ich wusste aber auch, dass das Spiel nach dem 2:0 noch nicht entschieden ist. Wir haben eine englische Woche hinter uns, was nicht zu unterschätzen ist. Trotzdem waren wir heute die bessere Mannschaft und hätten einen Sieg verdient gehabt! Leider haben wir das Ergebnis nicht über die Zielgerade gerettet. Das ist bitter und deshalb fühlt sich das 2:2 auch ganz klar wie eine Niederlage an!“