„Keiner hat einen Cent auf uns gesetzt – das ist eine geile Nummer“
2:1-Erfolg bedeutet ersten SVCN-Sieg der Vereinsgeschichte bei Vicky
Und den zelebrierten die Gästeakteure entsprechend. In der Kabine wurde es laut. Matthias Wulff stand derweil draußen vor den Katakomben. Seite an Seite mit seinen Co-Trainern Daniel Grosse und Marco Wyrwinski sowie Manager Oliver Schubert. In der Hand ein kühles Getränk. Sein Widerpart hatte da bereits das Weite gesucht. SCV-Coach Jean-Pierre Richter hatte sich kurz nach dem Spiel Richtung Umkleide verabschiedet, ward dann nicht mehr gesehen. Weder Co-Trainer Benjamin Kruk noch Physiotherapeutin Christina Hartojo konnten Licht ins Dunkel bringen. In der Kabine war Richter jedenfalls nicht mehr. „Jonny“ war schlicht und einfach weg. Noch vorm Spiel hatte Richter angesichts der Tatsache, dass inzwischen überlebensgroße Porträt-Fotos der SCV-Spieler sowie des Trainer- und Funktionsteams am Fangzaun hinter einem der beiden Gehäuse hängen und sein Konterfei sich dabei fast genau hinterm Tor befindet, augenzwinkernd gemutmaßt: „Da krieg ich ja die meisten Bälle ab, wenn sie daneben gehen!“
Lenz und Mokhlis treffen vor der Pause für die Gäste
In die Mitte genommen: Stjepan Radic (li.) und Hamed Mokhlis (re.) machen Vickys Yannick Petzschke das Leben schwer. Foto: Bode
Nun, so überaus unzählige Bälle kamen gar nicht auf das Gehäuse, als SVCN-Keeper Leon Giese in selbigem stand. Dafür aber zielte eben der Gast vom Gramkowweg im ersten Durchgang zwei Mal genauer als es Vicky tat. Erst war es Timo Lenz, der im Anschluss an eine Ecke von Florian Rogge am zweiten Pfosten zur 1:0-Führung für Curslack vollendete (9.), dann – acht Zeigerumdrehungen vor dem Seitenwechsel – hatte auf einmal Hamed Mokhlis, der erst kurz vor der Partie in die Startelf rotiert war, weil Abwehrmann Sebastian Spiewak angeschlagen passen musste, freie Schussbahn und verwandelte rechts unten zum 2:0 für den SVCN ins Netz. „Vielleicht haben wir zur Pause um ein Tor zu hoch geführt. Aber die Führung war verdient“, konstatierte Gästetrainer Wulff nach dem Spiel. Von Jean-Pierre Richters vor der Begegnung angekündigtem aggressiven Pressing des SCV jedenfalls hatte man wenig gesehen.
„Vicky hatte zwar mehr Ballbesitz, aber wir haben das in der ersten Halbzeit taktisch ganz hervorragend gemacht. Wir haben viele gefährliche Umschaltaktionen für uns verbuchen können und sind – so finde ich – nicht ganz unverdient in Führung gegangen“, sagte Matthias Wulff und fügte mit Blick auf den zweiten Durchgang hinzu: „Natürlich wird es gegen eine Mannschaft mit der Qualität, wie Vicky sie hat, irgendwann schwer. Nachdem das 1:2 fiel, wussten alle: Es ist noch eine halbe Stunde zu gehen, das wird ein langer Weg. Und dann lässt der Schiri auch noch fünf Minuten nachspielen. Keine Ahnung, wo er die hergezaubert hat. Aber das ist egal: Die Jungs haben das Ganze vollkommen angenommen, mutig gespielt und füreinander Gas gegeben. Wir hätten uns allerdings auch nicht beschweren können, wenn Victoria noch den Ausgleich macht.“
Nachträglich beschenkter Wulff: „Das Ergebnis ist sensationell“
Chance zunichte gemacht: Der gute SVCN-Keeper Leon Giese steht einem Kopfball von Len Strömer (li.) im Weg. Foto: Bode
Gelegenheiten dazu, das muss man zugeben, waren da – wenn auch nicht immer zwingend genug. Und so durften Wulff und seine Mitstreiter mit dem verspäteten Schlusspfiff des souveränen Referee Fabian Porsch (Barsbütteler SV) die Hände zum Jubeln in die Höhe strecken. „Die Leistung beim 0:5 gegen Niendorf in der vergangenen Woche war zeitweise eine Katastrophe, das wissen wir. Wir haben in der Woche drei Mal intensiv trainiert. Das war kein Straftraining, aber es war klar, dass eine entsprechende Reaktion folgen musste. Allein vom körperlichen und verbalen Auftreten her. Das hat letzten Samstag gefehlt. Heute haben die Jungs das von der ersten bis zur 90. Minute abgerufen. Das war der erste Schritt, der zweite ist das Ergebnis. Und das ist sensationell“, analysierte der SVCN-Coach, der auch um die historische Bedeutung des „Dreiers“ wusste.
„Ich glaube, das ist der erste Sieg des SV Curslack-Neuengamme bei Victoria“, mutmaßte Wulff – und traf damit den berühmten sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf, auch wenn er sicherheitshalber noch nachschob: „Da müssen wir Eilbek-Andi (gemeint ist „Statistik-Gott“ Andreas Killat von „hafo.de“) nochmal fragen. Der wird das besser wissen.“ Premiere hin oder her: „Mir ist es egal, ob der Sieg jetzt zu hundert Prozent verdient ist oder nicht ganz. Wir haben uns hinten raus nach dem 1:2 wieder richtig gut befreit. Nach dem, was in der letzten Woche passiert ist, ist das einfach eine geile Nummer, dass wir bei Vicky drei Punkte mitnehmen. Vor dem Spiel hat keiner einen Cent auf uns gesetzt“, gab Wulff zu Protokoll, ehe er schließlich irgendwann zumindest Richtung Kabine steuerte, dann aber doch den stillen Genießer draußen vor den Katakomben gab...
Richter konsterniert: „Uns hat einfach der letzte Punch gefehlt“
Und am Ende gab's dann auch noch ein Statement vom unterlegenen Übungsleiter. „Letztlich ist Fußball ein Ergebnis-Sport und da steht ein 2:1 für Curslack, auch wenn wir in den ersten Minuten die Aktionen hatten. Danach haben wir bei der Standardsituation zum 0:1 nicht gut verteidigt. Beim 0:2 machen wir einen Fehler und können den Ball nicht richtig klären. Momentan überwiegt einfach die Zahl der Dinge, die wir falsch machen gegenüber den Dingen, die wir richtig machen“, bilanzierte Jean-Pierre Richter, „das ist auch der Grund für die Vielzahl der Gegentore, die wir derzeit kassieren, obwohl die Mannschaft das Feuer hat, sich zu pushen.“
Seine Elf hätte, so der SCV-Trainer weiter, „noch mehr als nur einen Treffer machen können, wenn ich da an den Kopfball von Len Strömer, Nil von Appens Freistoß oder die Aktion, als Jan Luka Segedi eine zu kurze Rückgabe erläuft, denke. Am Ende haben wir aufgrund der ersten Halbzeit und unserer Fahrlässigkeit im Spiel gegen den Ball, die wir dort gezeigt haben, verloren. Die zweite Hälfte war in Ordnung, aber nicht so erfolgreich, wie wir uns das vorgestellt haben. Uns hat einfach der letzte Punch gefehlt.“