Keine Tore, ein folgenschwerer Tritt und der „Mecker-Mandel“

Rahlstedt und Altengamme trennen sich 0:0

29. Juli 2017, 19:26 Uhr

Sandro Schraub (Mitte) muss nach dem Foul in der 52. Minute – von seinen Teamkollegen gestützt – das Feld verlassen. Selbst SVA-Coach Daniel Andrade-Granados war nach der Szene auf den Platz geeilt. Foto: Knötzsch

Am Ende stand die Null – auf beiden Seiten, wohlgemerkt. Im ersten Landesliga-Heimspiel Spiel des Rahlstedter SC nach dem Aufstieg aus der Bezirksliga Ost trennten sich die Gastgeber an der Scharbeutzer Straße mit einem torlosen Remis vom SV Altengamme. Unterhaltung aber – oder besser: Szenen zum Diskutieren – gab es für die 127 Zuschauer auf dem Kunstrasenplatz dennoch. Trotz eines kräftigen Regenschauers, der quasi fast genau mit dem Anpfiff niederprasselte. Dass nach Spielschluss keiner so richtig gute Laune hatte, lag allerdings nicht am Wettergott...

Bei Louis Mandel war die Stimmung in diesem Moment im Keller. Oder aber: Er stand kurz vor der Explosion. Je nachdem, wie man es betrachtete. Rahlstedts Nummer zehn zog sich sein weißes Trikot über den Kopf, erhob seine Stimme, fluchte und schritt mit einer gehörigen Portion Wut und Unverständnis im Bauch von dannen. Direkt in Richtung Kabine. Dort angekommen riss der 21-Jährige die Tür auf, verschwand in der Umkleide und donnerte die Türe von innen zu. So laut, dass man es nebenan auf dem Kunstrasen noch hören konnte.

Hannemann: „Von einem Spieler mit der Qualität erwarte ich, dass er sich anders verhält“

Blaue Übermacht: Rahlstedts Yannic Reichenbach (Mitte) gegen gleich drei SVA-Spieler. Foto: Knötzsch

Dort lief noch immer das Spiel zwischen dem Rahlstedter SC und dem SV Altengamme – nur eben ab jetzt ohne Louis Mandel. Nachdem der Ex-Profi, der vor der vergangenen Saison von Holstein Kiel zum RSC zurückgekehrt war, bereits in der ersten Halbzeit verwarnt worden war, hatte er in der 84. Minute lautstark eine Entscheidung von Referee Leonard Aron Anton (FC Teutonia 05) kritisiert. Zu vehement für den Unparteiischen, der entsprechend reagierte und die Gelb-Rote Karte zückte. „Das war eine blöde Aktion von Louis. Aber das weiß er selbst...“, erklärte Rahlstedts Kapitän Bastian Warning nach dem Schlusspfiff und Co-Trainer Dirk Hannemann, der an der Seitenlinie diesmal als „Chef“ den urlaubenden Alexander Schäfke vertrat, konstatierte: „Von einem Spieler mit der Qualität und der Erfahrung, wie Louis sie hat, erwarte ich, dass er sich in der Szene anders verhält. Vor allem weil er vorher schon eine Gelbe Karte bekommen hat, die so nicht sein musste.“

Nun lässt sich über die Gründe für Mandels Frust trefflich spekulieren, doch wahrscheinlich dürfte es eine Mischung aus Frust über die eigene Leistung, den Gegner und vor allem den Auftritt des Schiedsrichters und seiner beiden Assistenten gewesen sein. Die drei letzteren Herren standen nämlich – anders als das kickende Klientel auf dem Platz – gleich mehrfach im Mittelpunkt. Und das nicht im positiv(st)en Sinne. Louis Mandels Bruder Moritz ging kurz vor Ende der Partie sogar soweit, dass er in Richtung der Presse zischte: „Dieses Gespann ist so schlecht, die Drei sollte man sperren. Das könnt ihr auch ruhig so schreiben.“ Ähnlich wie Louis war auch Moritz „auf Zinne“. Schon Minuten zuvor hatte er wild gestikulierend in Richtung seiner Mitspieler gefordert, man möge doch endlich mal „einen einzigen konzentrierten Angriff spielen.“

Andrade-Granados: „Bedenklich, wenn ein Spieler seinen Gegner verletzen will“

Es geht nicht mehr weiter: Sandro Schraub (re.) wird nach dem Reichenbach-Foul von Altengammes Physiotherapeutin Anna Putfarcken behandelt. Foto: Knötzsch

Eine Aussage, mit der es – zumindest vorerst – ins rein spielerische Geschehen zurückgeht: Im ersten Durchgang passten sich beide Mannschaften in etwa der Wechselhaftigkeit des Wetters an. Viel Erhellendes fand auf dem Kunstrasenviereck nicht statt. „Rahlstedt hatte Probleme mit unserer Dreierkette“, frohlockte Altengamme-Coach Daniel Andrade-Granados später nach dem Schlusspfiff. Die Zahl der Chancen, die die Hausherren hatten, war wahrlich nicht die höchste: Moritz Mandel zielte zunächst am langen Pfosten vorbei (10.), dann ging ein Kopfball drüber (14.), schließlich wuchtete Moritz Mandel eine Ecke seines Bruders Louis per Kopf über den SVA-Kasten (30.). Die Gäste wiederum hatten zwei Gelegenheiten durch Tobias Czech. Zunächst schoss dieser nach einem schönen Angriff, den Philip Alpen und und Sandro Schraub inszeniert hatten, vorbei (19.), dann zielte er fünf Minuten vor dem Seitenwechsel aus 20 Metern zu ungenau. Wieder folg die Kugel vorbei.

Nach Wiederbeginn löste Timo Ludwig auf Altengammer Seite Stürmer Alpen ab, dem in der ersten Hälfte ein Gegenspieler aufs Bein gefallen war. „Ich hatte teilweise ein Taubheitsgefühl, hab' aber länger auf die Zähne gebissen, weil wir keinen Stürmer mehr hatten“, verriet „Alpi“ kurz nach der Pause. Fortan spielte also Mittelfeld-Mann Ludiwig in der Spitze neben Sandro Schraub. Diese Konstellation aber hatte nur knappe sieben Minuten Bestand. Dann wurde Schraub im Mittelfeld von Yannic Reichenbach abgeräumt und musste ausgewechselt werden. „Er geht mir an der Innenseite des Fußes nur auf den Knöchel“, echauffierte sich der SVA-Stürmer noch an der Seitenlinie, als er von Physiotherapeutin Anna Putfarcken behandelt wurde. „Ich halte es schon für bedenklich, wenn ein Spieler mit dem Vorsatz, seinen Gegner zu verletzen, so in einen Zweikampf geht“, gab Altengammes Coach Daniel Andrade-Granados nach dem Spiel zu Protokoll.

Hannemann: „Wir müssen mit diesem 0:0 leben“

Kaum ein Durckommen: RSC-Stürmer Moritz Mandel (li.) wird von drei Altengammern unter Druck gesetzt. Foto: Knötzsch

Ohne Schraub, für den Max Böttcher in die Partie kam, rückte nun mit Leon Trothe ein Innenverteidiger (!) in den Sturm. „Er und Timo Ludiwg haben ihre Sache gut gemacht“, beschied Andrade-Granados später. Dessen Elf übrigens erspielte sich ohne einen gelernten Angreifer dennoch ein Übergewicht und Chancen. In gleich zwei Situationen musste Patrick Krysiak im Rahlstedter Gehäuse beherzt eingreifen, um sein Team vor einem Rückstand zu bewahren. Erst war er gegen Jannis Reinhardt zur Stelle und wehrte den Ball zur Ecke ab (63.), dann klärte er gegen Patrick Bierwagen (85.). Auf der anderen Seite schaffte es Alexander Golinske in der ersten Minute der Nachspielzeit gerade noch, eine Flanke von Necmettin Celik, die zum Torschuss wurde, über die Querlatte zu lenken. „Wir müssen mit dem 0:0 leben“, bilanzierte Rahlstedts „Ersatz-Chef“ Dirk Hannemann, während sein Kapitän Bastian Warning kurz nach Spielende bejahte, dass das nicht das berühmte Gelbe vom Ei gewesen sei: „Es war ein typisches erstes Saisonspiel. Und das Schiedsrichter-Gespann hat es den Spielern auch nicht leicht gemacht.“

Auf Seiten der Gäste freute sich Coach Daniel Andrade-Granados zwar über den gewonnenen einen Zähler, erklärte jedoch auch: „Eigentlich müssen wir hier gewinnen. Wir waren in der zweiten Hälfte meiner Meinung nach die klar bessere Mannschaft.“ Eine Menge neuer Sorgenfalten allerdings bescherten Andrade-Granados die beiden verletzungsbedingten Auswechselungen von Alpen und Schraub. „Vielleicht sagen wir unser Pokalspiel gegen Inter 2000 am Dienstag einfach ab. Bei Sandro sind nach dem Foul die Bänder durch. Ich hab' nicht mehr genug Leute“, konnte sich der 37-Jährige, der schon während des Spiels mehrfach lauter als sonst an der Seitenlinie in Richtung Referee protestierte, nicht so recht mit dem Gesamtverlauf des Nachmittags an der Scharbeutzer Straße anfreunden. Zumindest damit dürfte es ihm ganz ähnlich ergangen sein, wie Louis Mandel bei seinem Abgang sechs Minuten vorm Ende der Begegnung...

Jan Knötzsch