„Es ist wie bei Sisyphos: Der Stein rollt immer wieder runter!“

Eimsbütteler TV verpasst abermals Aufstieg in die Landesliga

27. Mai 2018, 21:49 Uhr

Außer Spesen nichts gewesen: Trainer Thorsten Beyer (re.) und der ETV verpassten erneut den Aufstieg in die Landesliga. Archivfoto: Merk

Im letzten Saisonspiel ging es für Nord-Bezirksligist  ETV noch um einen möglichen Aufstieg in die Landesliga. Die Ausgangslage vor der Partie war kompliziert und gerade deswegen umso spannender. Es gab zwei Möglichkeiten, den Gang in die Landesliga noch zu schaffen. Eine hätte darin bestanden, Tabellenführer Eintracht Lokstedt zu überholen und als Meister aufzusteigen. Dafür hätte der ETV zwei Punkte Rückstand aufholen müssen. Die andere Chance war, als bester Zweiter der vier Bezirksliga-Staffeln den Aufstieg zu schaffen. Um dies möglich zu machen, musste man ein besseres Ergebnis holen als die Konkurrenten SSV Rantzau (West) und Inter 2000 (Süd).

Um es vorweg zu nehmen: Keine der oben beschriebenen Situationen trat ein. Der ETV holte bei Victoria II nur einen Punkt. Währenddessen ließen die Lokstedter mit einem 4:0-Sieg ohnehin keinerlei Zweifel an ihrer Meisterschaft aufkommen. Da zeitgleich auch Rantzau (sicherte sich mit einem 2:0 gegen Blankenese den Platz als bester Zweiter) und Inter 2000 (4:2 gegen Teutonia 05 II) gewannen, hätte dem ETV nicht einmal ein eigener Erfolg etwas genützt. Und der wäre gegen Vickys Zweitvertretung auch nicht wirklich verdient gewesen. Zwar hatte der ETV die besseren Möglichkeiten, Victoria II aber hatte mehr Spielanteile. Nach dem knapp verpassten Sprung in die Landesliga musste man festhalten: Den Eimsbüttelern fehlen die Abgezocktheit vor dem Tor und Spieler, die das Team anführen.

Beyer: „Man muss einfach mal gierig darauf sein, das erste Tor zu machen!“

Jasper Hölscher konnte seine Chancen für die Eimsbütteler nicht nutzen. Archivfoto: noveski.com

In den Anfangsminuten erwischte Vicky den besseren Start. Krahn wurde von links bedient, durfte abziehen, setzte die Kugel aus 15 Metern aber über die Latte (3.). Dann gab es jedoch eine Großchance für den ETV: Hölscher setzte sich mit einem ganz starken Dribbling durch und zog in den Sechzehner. Dann zeigte sich zum ersten Mal das, was sowohl die letzten Wochen als auch dieses Spiel des ETV bestimmen sollte. Das Team nutzte seine Möglichkeiten nicht. Hölscher scheiterte am gut per Fußparade klärenden Torwart (10.). Kurz danach köpfte Vickys Krahn infolge einer Ecke am Tor vorbei (15.). Nach einer halben Stunde erspielten sich die Gäste die nächste Gelegenheit. Hölscher dribbelte sich auf rechts durch und legte quer für Semmerling. Der konnte Medaiyese aus kurzer Distanz nicht überwinden (30.). Vor der Halbzeit machte die Zweitvertretung des SC Victoria dann richtig Druck. Ein flacher Distanzschuss von Krüger hätte wohl genau ins lange Eck gepasst, doch Keeper Hjortskov streckte sich und parierte noch (45.+3).

Direkt nach Wiederanpfiff wurden die Hausherren durch Nikroo gefährlich, der mehrere Abwehrspieler stehen ließ, dann jedoch mit seinem Versuch das Tor verfehlte (46.). Diese Chance war der Startschuss für eine starke zweite Halbzeit von Vicky II. Die nächste Möglichkeit hatte Krüger, der einen satten Schuss aus 30 Metern nur knapp über die Latte feuerte (57.). Weil Pauli für den ETV eine Top-Gelegenheit liegen ließ – frei vor Medaiyese schob er den Ball deutlich rechts vorbei (59.) – blieb es bis zum Abpfiff beim 0:0.

Beyer: „Es tut dem Verein nicht gut, dass er in dieser Liga spielt!“

Sepher Nikroo hatte kurz nach der Pause einen Treffer für die Vicky-Reserve auf dem Fuß. Foto: KBS-Picture.de

In der letzten halben Stunde verflachte die Partie. Eine echte Schlussoffensive konnten die Gäste nicht mehr starten. Letztlich hätte, wie oben beschrieben, auch ein Sieg nichts mehr verändert. Das machte die offensichtlichen Probleme vor dem Tor aber natürlich nicht besser. Thorsten Beyer, der Trainer des Eimsbütteler TV, resümierte: „Wir haben gegen einen hoch engagierten Gegner gespielt. In der Spielanlage hatten wir vielleicht Vorteile. Wir hatten vier hundertprozentige Chancen, die wir machen müssen. Das ist dann auch übertragbar auf die ganze Saison. Die Mannschaft ist hochtalentiert und denkt immer, dass die nächste Chance schon irgendwann kommt. Aber das ist jetzt, glaube ich, das vierte 0:0. Auswärts haben wir dieses Jahr sowieso nichts gewonnen. Von daher bin ich nicht überrascht, dass es heute so gewesen ist. Wir müssen da dringend Lösungen finden. Diese müssen im Kopf stattfinden. Dass man einfach mal gierig darauf ist, das erste Tor zu machen. Wir treten durchgängig gleich auf und machen die gleichen Fehler wie zu Anfang der Rückserie.“

Auf möglicherweise strapazierte Nerven der Spieler wollte Beyer die schwache Chancenverwertung nicht zurückführen – zumindest nicht im Spiel gegen Vicky II: „Ich glaube, heute lag es nicht daran. Vielleicht war es in vorigen Spielen so. Beim Unentschieden gegen die Alsterbrüder haben wir entscheidend an Boden verloren. Aber heute haben wir den Druck herausgenommen. Wir hatten ja nichts mehr zu verlieren. Lokstedt war vor uns – Inter und Rantzau ebenfalls. Von daher hätten wir nur etwas zu gewinnen gehabt. Es lag nicht an der Anspannung. Es lag einfach daran, dass Situationen nicht vorgedacht werden, Spieler unvorbereitet reingehen und man den Ball dann verschießt oder drei Mal den Torwart anschießt.“

Der ETV schaffte es gegen Vicky II kaum, echte Druckphasen zu entwickeln. Teilweise schien es so, als fehle der unbedingte Wille, das Spiel zu gewinnen. Beyer befand: „Diesen Vorwurf würde ich der Mannschaft nicht machen. Es wirkt dann manchmal vielleicht ein bisschen so, weil es so eine stille Mannschaft ist. Ich glaube schon, dass jeder gekämpft hat. Wir haben aber zu wenig Leader auf dem Platz. Ich bin aber guter Dinge, dass wir das in der nächsten Saison anders gestalten werden. Dann sieht das auch noch willensstärker aus als es jetzt aussieht. Ich glaube, dass wir an dem Punkt, dass die Mannschaft zu still ist, dringend arbeiten müssen.“

Hoedoafia: „Wir hätten das Siegtor verdient gehabt!“

Sah sein Team dem Siegtreffer nahe: Vicky II-Coach Gody Hoedafia. Archivfoto: noveski,com

Der Coach fügte hinzu: „Ich habe während meiner Zeit bei Kosova schon einmal ähnliches erlebt. Da hatten wir 2011/12 sieben Punkte Vorsprung und haben am Ende noch den Aufstieg verpasst. Man muss lernen, die Spannung die gesamte Spielzeit über hoch zu halten und immer wieder auf den Sieg zu gehen. Man braucht diese zehn Prozent mehr, das Tor machen zu wollen. Aber es ist schwierig. Die Mannschaft ist jetzt schon zum zweiten Mal so knapp am Aufstieg gescheitert. Es tut dem Verein nicht gut, dass er in dieser Liga spielt. Dafür ist das Drumherum zu gut. Es ist wie bei Sisyphos: Der soll den Stein nach oben rollen, aber er rollt immer wieder runter. Irgendwie haben wir den Weg noch nicht ganz gefunden. Wir sind auf einem guten Weg, im Sommer erfahrene Spieler zur Mannschaft dazu zu holen, um die jungen Wilden besser anzuleiten.“

Vicky II-Trainer Gody Hoedoafia sah ein Spiel mit zwei unterschiedlichen Halbzeiten: „Es waren zwei Mannschaften, die in der ersten Halbzeit ebenbürtig waren. Die Gegner hatten ihre Chancen. Da waren zwei sehr gute Gelegenheiten dabei, wo sie in Führung gehen können. Aber unser Torwart hält die sehr gut. In der zweiten Halbzeit waren wir das bessere Team, hatten mehr Spielanteile und haben die Szenen im letzten Drittel auch besser ausgespielt. Aber leider haben wir das Siegtor nicht gemacht, obwohl wir es verdient gehabt hätten.“ Die Situation des ETV im Aufstiegskampf habe für Vicky keine Rolle gespielt, wie Hoedoafia erklärt: „Ich habe auch in der Besprechung mit der Mannschaft gesagt: Das interessiert uns nicht! Das Entscheidende ist, dass es heute ein Derby war. Da muss man so auftreten, dass man heiß ist, gegen den Nachbarn zu gewinnen. Der Aufstieg ist ja deren Geschichte. Das war für uns nicht interessant.“

Hoedoafia ordnete die Gesamtsaison seiner Mannschaft ein: „Wir hatten Hochs und Tiefs. Wir hatten einen kleinen Umbruch und haben neun A-Jugendliche dazubekommen. Unser Start war gut, aber dann sind wir eingebrochen und hatten eine Durststrecke, bei der wir viele Spiele verloren haben. Das hat uns das Genick gebrochen, sonst wären wir höher in der Tabelle. Aber dieses Jahr war gut für die jungen Spieler, um zu lernen. Wir sind gewappnet für die neue Saison und wollen da noch einen drauf setzen. Es war wichtig das letzte Saisonspiel positiv zu gestalten, bevor wir in die Pause gehen.“

Autor: Josa Schnell

Mehr zum Thema