Erst reichlich beschenkt, dann Geschenke verteilt: Ein Sieg, der nur „Kopfzerbrechen“ bereitet...

„Ein komisch angefühlter Sieg“ für Paloma - Rantzau mit Slapstick und Torwart-„Roulette“

19. August 2018, 17:53 Uhr

Palomas Doppeltorschütze Torben Lindholm (Mi.) gegen Rantzau-Kapitän Niclas Lohmann. Foto: timelash.de

Verkehrte Welt an der Brucknerstraße: Während sich der unterlegene Trainer wie ein Sieger fühlte, wirkte der siegreiche Übungsleiter so, als hätte sein Team gerade den Platz als Verlierer verlassen. „Bis kurz vor Schluss habe ich gedacht, wir hätten gewonnen – weil wir in der ersten Halbzeit auch schon Zwei gemacht haben“, gab Rantzau-Coach Marcus Fürstenberg zu Protokoll. Sein Gegenüber gestand derweil: „Ein Sieg, der sich irgendwie komisch anfühlt.“ Denn beim USC Paloma brach mal wieder die inzwischen schon chronische Krankheit aus, die sich fast wöchentlich bemerkbar macht...

Hatten in der ersten Halbzeit allen Grund zur Freude: Christian Merkle (li.) und Torben Lindholm. Foto: timelash.de

Es war ein seltsames, ein ganz merkwürdiges Fußballspiel, das sich am Sonntagvormittag beim USC Paloma abspielte - und eigentlich war am Ende doch wieder fast alles so wie immer. Es lief die letzte der drei angezeigten Nachspielminuten, als der SSV Rantzau von Jannik Dreyer noch einmal einen Eckball "geschenkt" bekam. Linksverteidiger Marvin Jensen brachte das Spielgerät von rechts scharf nach innen - und plötzlich klatschte es links oben an den Querbalken. Zentimeter fehlten dem Landesliga-Aufsteiger zum Torerfolg, der gleichbedeutend mit dem 3:3 gewesen wäre. Ein Ergebnis, das nach der ersten Halbzeit in etwa so wahrscheinlich war, wie ein DFB-Pokalsieg im Berliner Olympiastadion der TuS Dassendorf vor dem gestrigen Aufeinandertreffen mit dem MSV Duisburg. Denn: „Eckenschütze“ Jensen leitete mit seinem haarsträubenden „Ballvertändler“ tief in der eigenen Hälfte den frühen Rantzau-Rückstand ein. Dominic Ulaga steckte sofort für Torben Lindholm durch, der wiederum vor dem zu zögerlich aus seinem Tor eilenden Malte Ladehof an die Kugel kam und aus 17 Metern in die Maschen spitzelte (13.)!

Rantzau-Fänger mit rabenschwarzer erster Halbzeit

Der Ball liegt im Netz! Christian Merkle (4. v. li.) stochert das Spielgerät letztlich in die Maschen. Foto: timelash.de

Apropos Malte Ladehof: Der Keeper des Liga-Neulings prägte den ersten Durchgang – und das im negativen Sinne. Erst griff er bei einem Ulaga-Eckball böse daneben, Prince Boateng Styhn und Lindholm stocherten noch vergeblich nach, Christian Merkle im dritten Anlauf erfolgreich – 2:0 (23.)! Dann servierte Ladehof mit einem komplett verunglückten Flachabstoß Ulaga den Ball auf dem Silbertablett. Erneut behielt dieser die Übersicht und sorgte mit seinem Zuspiel für Linholms zweiten Treffer (35.)! Ein ganz bitterer Vormittag für den Rantzauer Torsteher – doch noch war dieser nicht beendet. Während die Gäste nur zuschauten, kombinierten sich die „Tauben“ vor des Gegner Tor. Ulagas Pass schien diesmal einen Tick zu lang, doch Ladehof kam viel zu verhalten aus seinem Kasten und legte zu allem Überfluss auch noch Youcef Madadi, der schon auf dem Weg in Richtung Toraus war – Elfmeter (42.). Doch: Denny Schiemann wusste das Geschenk nicht anzunehmen, scheiterte an Ladehof! Ein klitzekleines Erfolgserlebnis für den Fänger, dessen „Arbeitstag“ dennoch beendet zu sein schien. Denn Ersatzmann Knut-Ole Mohr machte sich bereits intensiv warm. „Wir mussten gucken, ob es nach so einer ersten Halbzeit noch Sinn macht, eine zweite zu spielen. Natürlich haben wir auch mit ihm gesprochen. Da kann man nicht sagen, dass hast du gut gemacht, sondern muss auch mal etwas anderes sagen“, erklärte Fürstenberg.

Ladehof bleibt drin, trotzt dem Druck - und verhindert den Knockout

Torben Lindholm (re.) bestraft den fetten Ladehof-Patzer zum 3:0. Foto: timelash.de

Als die Mannschaften aus der Kabine kamen, betrat auch Ladehof wieder den Platz. Allerdings schien sein Achselzucken und sein Gestikulieren darauf hinzudeuten, dass er selbst nicht wusste, ob es für ihn weitergeht. „Dass er da nicht rauskommt und sich freut, ist auch klar. Wir haben uns das angeguckt und er hat es in der zweiten Halbzeit sehr, sehr gut gemacht“, so „Fürste“, der seinen Keeper zwischen den Pfosten ließ – und dieser trotzte dem Druck. In einer völlig zerfahrenen zweiten Halbzeit, in der Paloma wie gewohnt das Fußballspielen mehr und mehr vergaß, verhinderte Ladehof zunächst noch gegen Lindholm den vierten Gegentreffer. Aus kürzester Distanz konnte der Angreifer den absoluten Unglücksraben der ersten Hälfte nicht bezwingen (52.). Und als Paloma auf dem Platz wieder wegnickte, spielte Jonas Matern per Hacke links im Strafraum Jannik Ruhser frei. Dieser schoss eiskalt zum 1:3 ein (67.)! Ein nach diesen ersten 45 Minuten toter Gegner wurde von Paloma ins Leben zurückgeholt. Vor allem von Peter Iwosa, der schon in Abschnitt eins zwei Chancen des Gegners mit einem Fehlpass einleitete, sorgte mit seinem nächsten Blackout dafür, dass Nico Breuel auf halblinks Matern in Szene setzte. Dieser jagte das Leder aus 14 Metern ins linke Kreuzeck (82.)! Und nachdem Ladehof im Eins-gegen-Eins das vierte Gegentor verhinderte, als er überragend gegen Tom Bein parierte (87.), kam die letzte Situation. Doch die Latte verhinderte eine von Erfolg gekrönte Aufholjagd.

„Man muss daraus auch mal lernen - diejenigen, die dazu nicht in de Lage sind, fallen hinten drüber“

Steffen Harms konnte sich nicht wirklich über den Sieg freuen. Foto: timelash.de

„Für uns ist es nach ewig langer Zeit das erste Spiel um 10:45 Uhr gewesen. Frühaufsteher sind wir nicht. Da müssen wir nächstes Mal etwas anders machen“, resümierte Fürstenberg, ehe er befand: „Wir sind in der Landesliga noch nicht richtig angekommen. Besonders in der ersten Halbzeit war es nicht Landesliga-tauglich. Aber auf die zweite Halbzeit kann man aufbauen.“ Trotz des dreifachen Punktgewinns gab‘s bei den Uhlenhorstern wieder nur wenig, auf das sich aufbauen lässt. Dementsprechend fand Trainer Steffen Harms auf der anschließenden PK ungewohnt offene und deutliche Worte: „In der zweiten Halbzeit wollten wir dasselbe umsetzen wie in der ersten Halbzeit, haben es aber nur noch einmal geschafft. Am Ende steht unterm Strich, dass wir uns schon wieder von einer negativen Situation sehr beeindrucken haben lassen. Wir werden diese Woche richtig Gas reingeben, denn es kann einfach nicht sein, dass wir uns immer wieder von kleinen Rückschlagen so sehr beeindrucken lassen, dass wir nicht um eine, sondern gleich um fünf Klassen runterfallen. Das funktioniert so nicht! Wenn wir das nicht besser machen, werden wir nicht genügend Punkte einfahren, sondern immer wieder etwas liegen lassen. Da bin ich auf die Reaktion eines jeden Einzelnen gespannt. Jetzt sind Taten gefragt!“

Auch wenn sich „der Sieg komisch anfühlt“, sei er „auf der anderen Seite glücklich, dass wir nicht noch in der letzten Minute den Ausgleich kassiert haben, wie schon so oft. Natürlich bereitet uns das Kopfzerbrechen – und wir verlangen viel von den Jungs, das wissen wir. Aber die Jungs verlangen auch viel von sich selbst. Man muss aus diesen Situationen auch mal lernen – und diejenigen, die dazu nicht in der Lage sind, die fallen dann irgendwann hinten drüber. Momentan sind es zu viele, die daraus nicht lernen. Deshalb sitze ich hier auch so nachdenklich und mache mir Gedanken, wie wir die nächste Woche gestalten und wie wir da endlich eine Lösung finden. Denn man kann uns glauben: Gespräche gab es da schon genug. Aber der Schlüssel ist noch nicht gefunden, den müssen wir jetzt finden, um unsere Ziele zu erreichen.“

Autor: Dennis Kormanjos