Erst „Ando“, dann Ausgleich und Abpfiff: „Wenn wir die Rote Karte nicht kriegen, gewinnen wir“

Billstedt muss mit zehn Mann gegen Dersim das 1:1 vom Elfmeterpunkt hinnehmen

30. September 2018, 19:07 Uhr

Nach 73 Minuten war Schluss für Billstedts Torschützen Andranik Ghubasaryan (li.), für ihn kam Edward Heiling. Foto: Knötzsch

Yücel Al hatte seine Wahl getroffen. Das Vorstandmsitglied von Dersimspor zog, so viel verriet sein Status im Nachrichtendienst „Whatsapp“ das Zweitliga-Derby des Hamburger SV gegen den FC St. Pauli vor. Er sah im Volksparkstadion eine Punkteteilung. Die hätte Al, so wie die 50 Zuschauer, die sich an diesem Nachmittag tatsächlich an den Öjendorfer Weg „verirrt“ hatten, auch beim Kräftemessen „seines“ Vereins mit dem SC V/W Billstedt zu sehen bekommen. Und anders als im Volkspark hätte Al sogar Zeuge zweier Treffer werden können. Hochklassig aber war das Match (Hier gibt’s die Partie zum Nachlesen im Live-Ticker) nicht. „Das ist nicht unbedingt ein schönes Spiel“, fasste Dersims verletzter Akteur Dejan Sekac schon zur Pause zusammen.

Nun gut, im zweiten Durchgang hatte der Gast dann zwar mehr und zwingendere Chancen, als dies noch vor der Pause der Fall gewesen war, doch in den meisten Situationen stand Dersim schlichtweg V/W-Keeper Ubai El-Kahil im Weg, der eine gute Partie bot. Gleiches galt für seinen Kollegen im anderen Kasten, Dersimspors „Goalie“ Mark Osnowski. Hinter sich greifen mussten die beiden „Fänger“ jeweils nur ein Mal. Osnowski nach 57 Minuten als Andranik Ghubasaryan, in Billstedt von allen nur „Ando“ gerufen, sich den Ball zum Freistoß zurechtlegte, sein Schuss aus rund 20 Metern abgefälscht wurde und einschlug. El-Kahil dann zehn Minuten später, als Lamin Jawla vom Elfmeterpunkt zum Ausgleich traf (67).

Derakhshan: „Man kann schon von einem gerechten Unentschieden sprechen“

V/W-Trainer Hamid Derakhshan darf sich über einen Neuzugang freuen. Foto: Knötzsch

Was zuvor passiert war? Nun, ein langer Ball nach vorne flog so, dass Lamin Jawla Richtung „Box“ startete, eng belagert und verfolgt von Furkan Gökmen. Der fuhr auf einmal im Laufduell seine Hand ein wenig aus und berührte Jawla, der zu Fall kam. Die große Frage: Geschah das Foul im Strafraum? Oder eben nicht? „Ich glaube, das war außerhalb. Aber ich will es nicht auf die Goldwaage legen. Ich stand auch relativ weit weg“, sagte V/W-Trainer Hamid Derakhshan nach dem Spiel zur Szene aus der 66. Minute. Schiedsrichter Alexander Teuscher (SC Eilbek) stand näher dran, sah das Foul, das eines war, und den Tatort innerhalb der „Box“. Der Unparteiische entschied also auf Strafstoß. Und zu allem Überfluss zeigte er Übeltäter Gökmen auch noch den Roten Karton.

„Ich glaube, wenn die Rote Karte nicht gewesen wäre, dann hätten wir gewonnen“, erklärte Derakshan in seiner Analyse der Begegnung. „Wenn ich mir das Spiel bis zum Platzverweis ansehe, dann müssen wir es eigentlich gewinnen“, schob der Billstedter Übungsleiter nach und erklärte seine Sicht der Dinge: „Bis zur Roten Karte waren wir dominant und lassen wenig zu – bis auf die zehn Minuten zwischen der 20. und 30. Minute in der ersten Halbzeit, als Dersimspor ein bisschen am Drücker war. Danach haben wir das Spiel in die Hand genommen und uns immer mehr Torchancen erarbeitet – gerade in der zweiten Halbzeit.“ Folgerichtig „machen wir verdient das 1:0 und waren drauf und dran, das Ergebnis aus einer sicheren Defensive zu steigern. Doch dann passiert die Szene, die zum Ausgleich und der Roten Karte führt“, befand Derakhshan. 

V/W zieht Zugang an Land: Murillo kommt

Auf dem Weg zu Boden: Dersimspors Roberto D'Urso wird in dieser Szene zu Fall gebracht. Foto: Knötzsch

Dadurch, so der Coach der Hausherren weiter, „gerät Dersim ins Überzahlspiel. Das haben sie hinten raus richtig gut gemacht, was auch nicht selbstverständlich ist. Von daher müssen wir letztlich sagen: Man kann schon von einem gerechten Unentschieden sprechen“, konstatierte Derakhshan und stieß damit ins selbe Horn wie Dersims Betreuer Fikret Tirpanci, der nach dem Abpfiff unumwunden feststellte: „Das war kein tolles Spiel. Diese Partie hatte kein anderes Ergebnis als ein Unentschieden verdient.“ Und auch V/W-Präsident Hans Werner Hinsch sprach von einem „gerechten Ergebnis“. Selbiges hinterließ Coach Derakhshan allerdings nicht wütend oder enttäuscht, auch wenn seine Equipe den Vorsprung noch aus der Hand gegeben hatte.

„Ich bin zufrieden mit dem, was die Jungs gemacht haben. Uns hat heute mit unserem Kapitän Alexander Bogunovic der Fels in der Brandung gefehlt. Wir hatten auf dem Platz ein Team, dessen Durchschnittsalter knapp über 19 Jahren liegt. Das ist brutal jung. Die Jungs entwickeln sich, diesen Eindruck haben wir alle im Trainer-Team. Auch ohne Alex hat die Mannschaft das relativ stabil hinbekommen – und das gegen eine Truppe, in der gestandene Oberliga-Spieler stehen“, konstatierte Derakhshan, dem weitere Stammspieler fehlten, und der einen Nezugang vermelden kann: Aus der A-Jugend des Eimsbütteler TV wechselt Alan Murillo zu V/W, ist aber aller Voraussicht nach erst ab dem 1. November spielberechtigt. Murillo übrigens spielte in der Jugend beim HSV. So schließt sich der Kreis um Derby-Besuch von Dersim-Vorstand Al...

Jan Knötzsch