Oberliga

Eine „50 Euro-Wette“ und ein „Meckern auf hohem Niveau“

14. September 2022, 10:52 Uhr

Can Luka Topcu (li.) und Soleiman Kazizada in Jubelpose. Archivfoto: noveski.com

Gut 55 Minuten waren an der Brucknerstraße vorüber, als Soleiman Kazizada auf und davon zog, aber von einem Pfiff des Unparteiischen Gerhard Alexander Ludolph (Hoisbütteler SV) gestoppt wurde. Paloma-Coach Marius Nitsch war außer sich und bat Schiri Ludolph, als dieser auf ihn zukam, eine Wette um 50 Euro an, dass das kein Abseits war. Es wäre die Chance auf das zwischenzeitliche 3:0 der „Tauben“ gegen einen bis dato deutlich unterlegenen Gegner vom FC Türkiye und vermeintlich auch die endgültige Entscheidung in diesem Spiel gewesen. Stattdessen mussten die Uhlenhorster – trotz späterer Überzahl – lange auf das dritte Tor warten…

Can Luka Topcu, der den USC Ende des Monats studienbedingt verlassen wird, brachte die "Tauben" mit seinem Distanzschuss in Front. Archivfoto: noveski.com

„Es tat nicht Not, dass wir nach dem 2:0 nicht schneller das 3:0 nachgelegt haben“, befand Nitsch hinterher. „Aus dem Spiel heraus gab es wenig Torchancen für Türkiye. Wir haben sie selbst ein bisschen stark gemacht und situativ aufleben lassen. Ich finde, dass wir schon früher das Tor machen und mit unseren Chancen besser umgehen müssen. Wenn wir den Sack früher zumachen, haben wir mehr Ruhe im Spiel.“

Doch auch so ließen die Hausherren so gut wie nichts anbrennen, führten durch einen Schuss von Can Luka Topcu, bei dem Türkiye-Torsteher Tobias Braun keine allzu glückliche Figur abgab, mit 1:0 (17.) und verpassten es in der Folge, den zweiten Treffer nachzulegen. Die Chancen waren da. Und dennoch dauerte es bis zur 51. Minute, als Moritz Niemann einen von Philip Pettersson an ihn selbst verursachten Foulelfmeter zum 2:0 verwandelte. Wäre Kazizada nur kurz darauf nicht im vermeintlichen Abseits gewesen und Nitsch die etwas süffisant gemeinte Wette gewonnen, wäre ihm das lange Warten und das kurzzeitige Zittern erspart geblieben.

Yilmaz sieht Rot - Kazizada jubelt doch noch

Moritz Niemann (li.) erhöhte nach starker Einzelaktion per Strafstoß zum 2:0 für den USC Paloma. Archivfoto: noveski.com

Denn: Die Wilhelmsburger wachten auf einmal auf. „Als wir nichts mehr zu verlieren hatten, haben es die Jungs noch einmal probiert“, konstatierte FCT-Coach Daniel Sager. Doch mit seinem etwas überharten Einsteigen gegen Topcu erwies Metekaan Yilmaz den Gästen einen Bärendienst. Rot (64.)! Aber: „In Überzahl haben wir es fußballerisch nicht mehr so gut ausgespielt. In Gleichzahl waren wir besser als in Überzahl, weil wir dann zu oft den zentralen Ball gewählt haben“, bemängelte Nitsch. Nichtsdestotrotz blieb die Erkenntnis: „Wir haben die Null gehalten und drei Tore geschossen. Wenn ich meckere, dann ist es immer noch ein Meckern auf hohem Niveau.“

120 Sekunden vor Ultimo konnte Kazizada endlich seinen Torerfolg bejubeln, weil er diesmal goldrichtig stand, nachdem Tom Wohlers eine perfekte Vorlage von Lennard Wallner noch nicht in etwas Zählbares ummünzen konnte. „Am Wochenende kommt jetzt das Spiel gegen Sasel – da wissen wir schon, dass solche Kleinigkeiten dann auch spielentscheidend sind. Dennoch war es insgesamt ein stabiler Auftritt von uns. Bei Türkiye hat man schon gemerkt, dass die Beine schwer waren“, bilanzierte Nitsch, dessen Elf nun im vierten Spiel nacheinander ohne Gegentor blieb.

"Konnten die zwei Tage Vorsprung, die Paloma hatte, nicht kompensieren"

Paloma-Coach Marius Nitsch konnte sich über einen "insgesamt stabilen Auftritt" und das vierte Spiel in Folge ohne Gegentor freuen. Archivfoto: noveski.com

In die gleiche Kerbe sprang auch sein Gegenüber: „Es hat sich schnell abgezeichnet, dass uns sowohl die geistige als auch die körperliche Frische fehlt und wir die zwei Tage Vorsprung, die Paloma hatte, nicht kompensieren konnten. Wenn die Frische fehlt, kommst du nicht mehr nach und nicht mehr in die Zweikämpfe, die du brauchst. Da hat uns alles gefehlt. Wir haben uns, glaube ich, keine wirkliche Torchance erspielt, hatten nur eine Abseitssituation – wenn da ein Tor fällt, kann es vielleicht nochmal spannend werden. Aber das ist auch spekulativ. Wir haben es versucht. Ich mache keinem einen Vorwurf. Am Ende hat es gegen eine gut strukturierte Mannschaft nicht gereicht“, so Sager.

Autor: Dennis Kormanjos