Oberliga

„Ebbe“ fehlt's am Timing, Keeper handelt statt zu quatschen: Braun rettet Rot gegen Gelb

Cordi gewinnt 2:1 gegen Vicky, muss am Ende aber um den „Dreier“ zittern

09. August 2019, 23:39 Uhr

Gleich hat er ihn: Cordi-Schlussmann Tobias Braun (am Boden) hält den Elfmeter von André Monteiro Branco (verdeckt). Foto: Both

Matthias Stuhlmacher hatte der Kick zwischen Concordia und dem SC Victoria (Hier gibt’s die Partie zum Nachlesen im Live-Ticker) so vom Hocker gerissen, dass sich Cordis Sportlicher Leiter nach dem 2:1-Erfolg erst einmal vergewissern musste. Als „Stuhle“ auf der Pressekonferenz nach dem Spiel die einleitenden Worte sprach und dabei den Pausenstand des Matches vor den rund 130 Zuschauern am Bekkamp erwähnen wollte, war ihm dieser doch für ein paar Sekunden glatt entfallen. Eine kurze Nachfrage bei Cordi-Coach Frank Pieper-von Valtier brachte Stuhlmacher wieder zurück in die Spur. Auf dem Platz sah das anders aus: Dort war es der SCV, dem die Aussetzer unterliefen...

Zwei an der Zahl, die Coach Marius Ebbers nach dem Abpfiff als „haarsträubende Fehler“ bezeichnete. Zwei Fehler mit Folgen: Nachdem in der 41. Minute Tom Wohlers die Kugel herschenkte und Umut Kocin aufgrund dessen Damian Ilic zum 1:0 bedienen konnte, war es zwei Minuten später Vincent Ermisch, der den nächsten Bock produzierte und so Ilic' Vorlage für das 2:0 durch Bazier Sharifi begünstigte. Zum immer wieder gern zitierten psychologisch günstigen Zeitpunkt kurz vor der Pause führte Cordi urplötzlich mit 2:0 – und das in einem Spiel, das im ersten Durchgang zwar nicht viele Torraumszenen hatte, allerdings dennoch weit davon entfernt war, ein „Langweiler“ zu sein. Im Gegenteil: „Wir haben in der ersten Hälfte ein schnelles und offensiv geprägtes Spiel in beide Richtungen gesehen“, fasste es Cordi-Coach Pieper-von Valtier treffend zusammen, „wir haben versucht früh zu pressen und den Gegner im Aufbauspiel zu stören, weil wir wussten, dass das eine große Qualität von Vicky ist. In zwei Situationen haben wir das so gut gemacht, dass wir Fehler provoziert haben. Es ist schön, dass wir nach dem 1:0 weiter Druck gemacht haben und das 2:0 nachlegen konnten.“ 

Pieper-von Valtier: „Die Leidenschaft, mit der die Jungs gespielt haben, ist das, was wir sehen wollen“

Sie trafen auch in der Szene, die zum Strafstoß führte, aufeinander: Cordis Necati Agdan (li.) und Alexander Borck. Foto: Both

Auch nach Wiederbeginn, so verriet Pieper-von Valtier, „wollten wir weiter das Tempo gehen, Druck machen und nicht, weil Vicky kommen musste, das Spiel nach hinten verlagern. Wir haben zwei dicke Chancen, den Deckel zum 3:0 draufzumachen. Da müssen wir treffen, haben das aber leider nicht gemacht.“ Uns so kam das, was irgendwie zwangsläufig kommen muss, wenn man vorn nicht trifft: Es klingelt hinten. Exakt so war es: Mit einem „sehr guten Freistoß“ (O-Ton Pieper-Von Valtier) kam Vicky durch Tim-Julian Pahl nach Vorlage von André Monteiro Branco auf 1:2 heran (65.). Und jener Monteiro Branco hätte eine Viertelstunde vor Schluss zu dem Mann werden können, der die Richtung des Spiels verändert. Was war passiert? Necati Agdan foulte – tatsächlich wohl auf der Strafraumlinie – Vickys Alexander Borck und verhinderte so, dass dieser frei durch gewesen wäre. Schiri Florian Schwarze (MSV Hamburg) deutete auf den Elfmeterpunkt und zeigte Agdan die Rote Karte. Monteiro Branco trat zum Elfer an, zielte mittig – und fand seinen Meister in Cordis „Goalie“ Tobias Braun, der in den Schlussminuten, in denen der SCV enorm drückte, gegen Dennis Richter noch eine Glanzparade rausholte (87.) und so letztlich derjenige war, der den Concorden den „Dreier“ festhielt.

„Die Situation mit dem Foul ist unglücklich. Er läuft ihm in die Hacken. Der Schiedsrichter hat richtig entscheiden. Es ist natürlich glücklich, dass Tobi den dann hält. Die Leidenschaft, mit der die Jungs über 90 Minuten und vor allem nach dem Elfer gespielt haben, ist das, was wir hier sehen wollen und ein Kriterium, nach dem wir die Spieler ausgewählt haben“, konstatierte Frank Pieper von-Valtier und kam nicht umhin, noch ein paar Worte mehr über seinen Keeper zu verlieren. „Als Spieler würde er mich nerven“, lachte der Übungsleiter der Heimmannschaft, um dann sogleich zu erklären: „Wir haben im Training auch schon ein paar Elfmeter gehabt. Da hat Tobi gezeigt, dass er den einen oder anderen schon vorm Antritt hält. Ich hab ihn gefragt, ob er den Gegner auch so zugequatscht hat, wie er das mit uns im Training macht. Er sagt: Nein. Es geht also auch ohne.“ Und wie sah der Mann, der im entscheidenden Moment hinten wie ein Fels in der Brandung stand und den – zugegeben nicht unbedingt ideal geschossenen – Penalty „killte“?

Ebbers: „Wir haben hinten raus nicht mehr die zwingenden Aktionen zum Ausgleich gehabt“

Allein vorm Tor abgsch(l)ossen: Bazier Sharifi (li.), der später weitere Chancen ausließ, erzielt hier das 2:0 für Concordia. Foto: Both

Tobias Braun ging's zunächst einmal um die Vorgeschichte: „Ich sage: Er foult ihn außerhalb des Sechzehners. Aber was willst du machen? Der Schiri nimmt die Entscheidung nicht zurück. Wenn er sagt. Es ist innerhalb, dann ist es innerhalb“, so der Schlussmann mit Blick auf das Foul Agdans an Borck. „Jetzt haben wir Glück gehabt, dass ich ihn halte“, stellte Braun nüchtern fest und ergänzte: „Wenn du 2:2 spielst, ist das auf jeden Fall ärgerlich. Vicky ist keine Allerwelts-Truppe, die können kicken. Wir haben gut dagegen gehalten. Am Ende ist das Glück dann eben vielleicht ein bisschen auf unserer Seite und du gewinnst 2:1. Wir müssen vorher aber auch noch ein, zwei Treffer machen.“ Eine klare Botschaft an Cordi-Stürmer Sharifi, der nicht nur eine Großchance auf dem Fuß hatte. „Für Bazier und auch für Neco (gemeint ist Agdan, Anm. d. Red.) lass ich mir was einfallen, weil sie gerettet hab“, grinste Braun und verriet sein „Rezept“ beim Elfer: „Ich hab gesehen: Das ist ein Linksfuß. Monteiro Branco hat einen feinen Fuß. Ich hatte mal einen Torwarttrainer, der mir gesagt hat: Wenn du einen Techniker und Linksfuß hast, dann schießt er meist in die rechte Ecke. Es war Glück, dass ich nicht so weit unterwegs war. Wenn ich komplett in der Ecke gewesen wäre, dann wäre der Ball drin gewesen.“

War er aber eben nicht. Und so musste sich Marius Ebbers die Frage nach seinem Elfmeterschützen stellen und gefallen lassen. „Eigentlich ist Dennis Bergmann unser etatmäßiger Schütze. Aber den habe ich zum wiederholten Male kurz vorm Elfmeter ausgewechselt. Ich weiß nicht, ob ich da noch ein bisschen am Timing arbeiten muss – aber ich bin ja auch erst seit zwei Monaten Cheftrainer“, konterte „Ebbe“ und hatte damit die Lacher auf seiner Seite. Nach grenzenlos humoriger Stimmung aber war es Vickys Coach nicht. „Das war ein aufregendes Spiel mit einem unbefriedigenden Ergebnis für uns. Ich kann den Jungs nicht viele Vorwürfe machen. Aber wenn du haarsträubende Fehler machst, dann werden die in der Oberliga auch bestraft. So liegen wir zur Pause 0:2 hinten. In der Halbzeitansprache habe ich den Jungs gesagt: Ihr dreht das Spiel noch, die Qualität habt ihr. Ihr müsst dran glauben. Wir waren mit dem Anschlusstreffer auch auf einem guten Weg. Dann kommt der perfekte Zeitpunkt für einen Elfmeter. Wenn wir da den Ausgleich machen, dann wird es für Cordi noch einmal eng. So kriegen sie durch den gehaltenen Elfmeter einen Push und hauen sich alle rein. Wir haben hinten raus nicht mehr die zwingenden Aktionen zum Ausgleich gehabt. Alles in allem geht das Ergebnis so in Ordnung“, bilanzierte Ebbers.

Jan Knötzsch