„Die Jungs sind irre!“ - In Unterzahl: Rantzau rettet Remis und siegt im „Beerpong“

Aufsteiger überrascht den Primus - Fürstenberg: „Da kriege ich Gänsehaut“

01. Dezember 2018, 03:36 Uhr

Marcus Fürstenberg ärgerte mit seinem SSV Rantzau den Primus und zeigte sich im Nachgang mächtig stolz. Foto: Küch

Vor elf Tagen feierte Marcus Fürstenberg seinen 45. Geburtstag und machte seiner Mannschaft das Versprechen, „nach dem letzten Spiel Currywurst mit Pommes auszugeben“, wie er nun verriet, aber gleichzeitig auch gestand: „Eigentlich dachte ich, dass es ein Trostpflaster nach dem Spiel sein würde.“ Doch da machte er die Rechnung ohne sein Team. Denn: „Was die Jungs machen und leisten, ist irre!“, schwärmte Fürstenberg nach dem erkämpften Punktgewinn seines SSV Rantzau gegen den Spitzenreiter USC Paloma.

Tim Pepe Hartlieb und Jannik Ruhser: Zwei Leistungsträger des SSV Rantzau, die zumindest schon mal ein wenig Oberliga-Luft schnuppern durften. Ein Duo, das Coach Marcus Fürstenberg am Freitagabend im Spiel gegen den Liga-Primus allerdings nicht zur Verfügung stand. Während Hartlieb seit dem sechsten Spieltag verletzungsbedingt nicht mehr auflaufen konnte, fehlte Ruhser kurzfristig krankheitsbedingt. Doch das war noch nicht alles. Mit Marvin Jensen und Nico Breuel fielen zwei weitere wichtige Akteure aufgrund ihrer jeweils fünften Gelben Karte aus. Während sich Niclas Lars Lohmann in der Vorwoche beim 3:1-Sieg in Tornesch das Kreuzband riss. Von dieser Stelle: Die besten Genesungswünsche! Der Aufsteiger konnte gegen den Tabellenführer also alles andere als aus dem Vollen schöpfen – und doch war die Erkenntnis nach den 95 umkämpften Minuten: „Ich kann wirklich nur den Hut davor ziehen, was die Jungs, die bis auf Tilman von Velde bisher alle nur Bezirks- und Kreisliga gespielt haben, heute gegen diesen Gegner, der für mich in dieser Liga den mit Abstand besten Kader hat und am Ende auch Meister wird und aufsteigt, geleistet haben“, so Fürstenberg.

Tiryaki eröffnet, Bein gleicht aus

Onur Tiryaki (re.) - hier noch im Dress des TSV Sparrieshoop - brachte Rantzau in Front. Foto: KBS-Picture.de

Die mal wieder zahlreichen und vor allem lautstarken Anhänger des SSV – aufgrund des zeitgleich stattfindenden Weihnachtsmarktes in Rantzau (Fürstenberg: „Das ist hier so populär wie das Oktoberfest in Bayern“) bedeuteten die 150 Zuschauer, wovon diverse Oberligisten nur träumen können, jedoch Saison-Minusrekord – sahen einen Blitzstart ihrer Schützlinge und einen „echt hübschen Angriff über die linke Seite“, so „Fürste“. Jenen Angriff schloss Onur Tiryaki mit dem 1:0 ab (15.)! Und wer weiß, wie die Partie gelaufen wäre, hätte der freistehende Jorrit Thieme kurz vor der Halbzeit die Riesenchance zum 2:0 genutzt. So musste Rantzau zu Beginn des zweiten Durchgangs dem hohen Tempo der ersten 45 Minuten „ein wenig Tribut zollen“, konstatierte auch Fürstenberg, der seine Mannen statt im gewohnten 4-4-2-System in einer 4-1-4-1-Formation auf das Feld schickte. Ein Schachzug, der aufzugehen schien. Auch wenn Paloma nun stärker aufkam und mehr Spielanteile hatte. Die Folge: Der Ausgleich. Dem ging jedoch ein Freistoß – nach Foul an Denny Schiemann – voraus, der laut Fürstenberg keiner war: „Der Spieler ist weggerutscht.“ Tom Bein war’s egal – der Torjäger stellte auf 1:1 (60.)!

SSV-Joker Matern hat den Sieg auf dem Fuß - „Hatten das größere Kämpferherz“

Obwohl die Hausherren ab der 72. Minute in Unterzahl weiterspielen mussten, nachdem Roman Dohrn die Ampelkarte sah (Fürstenberg: „Die erste Gelbe war etwas hart, bei der zweiten verschätzt er sich, so dass es vollkommen in Ordnung geht. Aber die Jungs kennen halt nur ein Gas – und das ist Vollgas“), attestierte der Übungsleiter der Barmstedter dem Unparteiischen Falah Abed Saad (VfL 93) „eine wirklich gute Leistung“. Es blieb weiter spannend. Die Harms-Kicker drückten nun, doch in der vierten Minute der Nachspielzeit eilte der eingewechselte Jonas Matern auf einmal über halblinks auf das von Sebastian Voß gehütete USC-Gehäuse zu, visierte das kurze Eck an, scheiterte jedoch am „Tauben“-Bändiger. Dennoch: „Wir haben wieder mega gespielt“, bilanzierte Fürstenberg, der mit seiner Truppe als krasser „Underdog“ in die Hammonia-Saison gestartet ist und nun auf einem herausragenden siebten Tabellenplatz überwintert. „Die Jungs haben mehr Aufmerksamkeit verdient“, so der 45-Jährige „Man braucht nicht darüber zu reden, dass auf der anderen Seite elf bessere Fußballer sind. Aber wir hatten elf Leute, die das größere Kämpferherz hatten und mehr investiert haben. Das ist ein Team – sowas habe ich lange nicht erlebt. Die Jungs haben einfach so Bock auf Fußball. Das ist der Grund, weshalb ich gesagt habe – und ich hatte andere Angebote –, ich möchte zu Rantzau“, schwärmt Fürstenberg von seiner Equipe und den „unglaublichen Fans“. Und weiter: „Die Jungs, die gespielt haben, haben sich richtig reingehauen – und wir hatten kaum Optionen mehr.“ Vor allem Finn Krupski, der lange verletzte Kapitän Flemming Bruns und auch Klaas Thieme im rechten Mittelfeld ragten heraus.

„Kriege immer noch Gänsehaut, wenn ich sehe, was die Jungs leisten“

Erzielte den USC-Ausgleich: Torjäger Tom Bein. Foto: Bode

Auch für den Kontrahenten hatte Fürstenberg einige anerkennende Worte übrig: „Ich schätze nicht nur Steffen Harms als Trainer, sondern das ganze Funktionsteam.“ Insbesondere Frank Hüllmann, der sich während der Begegnung sogar unter die Rantzauer Fans mischte, um die Stimmung aufzusaugen, wie der langjährige TuRa-Coach verriet: „Als ich damals noch bei Lemsahl oder Bramfeld II war, habe ich zu ‚Hülle‘ hochgeguckt. Für mich ist er einer der besten Trainer überhaupt. Leider macht er es nicht mehr, was ich schade finde. Denn er ist nicht nur ein mega Mensch, sondern auch ein super Trainer.“ Mit Carsten habe er zusammen „vor gut 20 Jahren meinen Trainerschein gemacht“, erinnerte er sich. „Ich schätze die Leute dort sehr.“ Apropos Carsten Gerdey: Der Liga-Manager des Tabellenersten bilanzierte: „Die erste Halbzeit ging verdient an ein zweikampfstarkes Rantzau, in der zweiten Halbzeit haben wir uns das Unentschieden verdient. Man muss auch mal mit einem Punkt zufrieden sein, zumal auswärts auf ungewohntem Rasen. Wir gehen sehr stolz und zufrieden in die Winterpause.“ Gleiches gilt für den Liga-Neuling: „Ich bin heute einfach nur glücklich und kriege immer noch Gänsehaut, wenn ich bedenke, was die Jungs gegen so eine Mannschaft leisten“, so ein stolzer Marcus Fürstenberg, der mit seinen Mannen am Ende doch noch einen Sieg gegen die Uhlenhorster feiern durfte: „Das gemeinsame Beerpong danach haben wir für uns entschieden!“

Autor: Dennis Kormanjos