Condor lacht, MSV leidet: Drei Platzverweise, eine Entschuldigung und Saglams „Klare-Kante-Monolog“

„Raubvögel“ setzen sich gegen am Ende acht Meiendorfer mit 2:0 durch

06. Oktober 2018, 19:35 Uhr

Meiendorfs Coach Baris Saglam fand in seinem Monolog auf der Pressekonferenz deutliche Worte. Foto: Balle

Journalisten sind immer auf der Suche nach Geschichten. Nach dem Ansatz, wie sich eine gute Story spannend erzählen lässt. Lange Zeit sah es beim Oberliga-Spiel des Meiendorfer SV gegen den SC Condor so aus, als ob die Rolle des Protagonisten dabei Kristoffer Laban zufallen sollte. Nach zwei Kreuzbandrissen und familiären Dingen, die „dann einfach wichtiger waren, so dass man mal gefühlt zwei Jahre weg vom Fußball ist“ (O-Ton Laban), und einem Kurzeinsatz stand der 29-Jährige erstmals wieder in der Startelf der Gäste und war an gleich drei wichtigen Aktionen beteiligt. Klar, dass er im Mittelpunkt des Spielberichts über den 2:0-Sieg des SCC (Hier gibt’s den Live-Ticker des Spiels zum Nachlesen) stehen würde. Mitnichten! Denn da war ja noch Baris Saglam.

Sara: „Das war dumm von uns, die Karten hätten nicht passieren dürfen“

SCC-Coach Olufemi Smith hatte nach dem Match gut lachen. Foto: Bode

Der hatte seine Mannschaft nach der Niederlage noch auf dem grünen Rasen gleich zwei Mal zum Teamkreis zusammengerufen und dann noch lange diskutierend auf dem Feld gestanden, während seine Spieler eine Runde nach der anderen beim Auslaufen drehten. Dann endlich fand Saglam den Weg ins Vereinsheim neben dem Platz zur Pressekonferenz. In seinem Schlepptau Routinier Michael Sara, der vorne auf de Podium Platz nahm. „Ich will mich im Namen der Mannschaft für das schlechte Spiel vor allem in der ersten Halbzeit und für die unnötigen Rote Karten entschuldigen. Das war dumm von uns, die Karten hätten nicht passieren dürfen, sorry“, sagte der 27-Jährige und erntete dafür Applaus. Und dann ergriff Baris Saglam das Mikrofon, der zuvor für ein Novum gesorgt hatte: Während er und Sara am einen Ende des Raumes saßen und Rede und Antwort standen, stand am anderen Ende des Raumes die Mannschaft des MSV.

„Ich habe die Spieler bewusst hier reingerufen, damit sie hören: Was habe ich gemacht? Was kann ich besser machen?“, sollte Saglam Augenblicke später erklären und zu einer langen, wirklich langen Analyse des Spiels und der Situation ausholen. „Wir hatten uns die drei Punkte natürlich ebenso gewünscht, wie Condor. In der ersten Hälfte haben wir meines Erachtens keine vernünftige Chance zugelassen, aber wir haben wieder unsere alte Krankheit abgerufen: Dass wir den Gegner unclever einladen. Ich versuche, mich da sachlich auszudrücken, was mir schwer fällt. Die Jungs, und da beziehe ich alle Spieler mit ein, schlagen sich von Woche zu Woche selber. In erster Linie mit Abwesenheit, in zweiter Linie unglücklicher Weise durch Verletzungen. Ich bin glücklich, dass wir seit zwei Wochen keinen weiteren verletzten Spieler im Training oder im Spiel haben. Nichts desto trotz bin ich extrem sauer und enttäuscht, dass wir uns selbst aus dem Match rausnehmen, weil es uns nicht gelingt, unsere Erfahrung ein bisschen mehr ins Spiel zu bringen.“

Saglam: „Jeder inklusive uns Trainern muss sich die Frage stellen, ob wir das Maximum leisten“

Condors Kristoffer Laban machte ein gutes Spiel, musste kurz vor Schluss nach einem Foul aber angeschlagen raus. Foto: Bode

Doch das war noch nicht alles. Saglams mehr als zehnminütiger „Klare-Kante-Monolog“ ging noch weiter. „Ich rede nicht mehr drum herum. Das kann nicht angehen in einer Situation, in der wir Nackenschläge noch und nöcher bekommen. Ich erwarte von jedem Spieler, dass er die Verantwortung an sich reißt und wenn er unter der Woche vernünftig performt, sich dafür am Wochenende auch belohnt“, so der MSV-Coach. „Ich rede nicht von Sieg oder Unentschieden. Es geht um Cleverness, sich nicht auf Diskussionen einzulassen, mal wegzuhören und sich auf das Wesentliche, den Fußball, zu konzentrieren“, so Saglam weiter. „Ihr werdet jedes Monatsende für den Aufwand, den ihr betriebt, honoriert. Da kann es nicht sein, dass wir uns jede Woche selbst in Schwulitäten bringen und ein Bein stellen. Jeder Spieler inklusive uns Trainern muss sich die Frage stellen, ob wir das Maximum leisten“, sagte der Coach in Richtung seiner Equipe.

Es könne, so Saglam weiter, „nicht angehen, dass wir Trainer das Maximum leisten, wir von den Zuschauern Rückendeckung erwarten aber die Leute, die hier herkommen und das Wochenende genießen wollen, nicht belohnen. Wer nicht nur den Mitspielern und Trainern sondern auch den Zuschauern in den Rücken fällt, braucht nicht anzukommen und sich zu entschuldigen. Die Roten Karten sind nicht mehr rückgängig zu machen. Ich bin extrem geladen. Aber: Ich habe bis heute meinen Spielern immer wieder den Rücken gestärkt. Das werde ich nach wie vor tun. Wir investieren unter der Woche jede Menge Schweiß und Energie, dann müssen wir auch am Wochenende mit breiter Brust zusammenhalten. Das fängt damit an, dass die Spieler die Klappe halten und sich nicht in Diskussionen verwickeln lassen. Wir können von Glück reden, dass wir mit acht Mann in der zweiten Hälfte besser verteidigt haben als in Gleichzahl. Da war die Bereitschaft da, bis zu den letzten Krämpfen Gas zu geben“

Laban: „Mit drei Mann mehr musst du das Spiel besser nach Hause bringen“

Der Meiendorfer Karl-Oskar Bogucki flog als erster Spieler seines Teams bereits nach 26 Minuten vom Platz. Foto: Bode

Damit hatte Saglam noch einmal den Bogen zu dem geschlagen, was ihm am Spiel nicht passte: die drei Platzverweise. Allen voran wohl die Rote Karte von Karl-Oskar Bogucki, der sich nach 26 Minuten zu einer Tätlichkeit gegen Laban hinreißen ließ. „Es gehört zum Fußball dazu, dass man sich anpöbelt, einige Wörter gehören aber nicht auf den Platz. Da sind Wörter gefallen, wo man umdreht. Dann stehen wir Kopf an Kopf und wenn dann ein Kopfstoß kommt, ist das eine klare Rote Karte“, so Laban. Neben Sara, der nach 44 Minuten sein zweites gelbwürdiges Foul beging, flog kurz vor Schluss auch noch Marcin Hercog (nach Foul an Laban). „Es macht mich traurig, dass uns jedes Wochenende erfahren Spieler durch unnötige Platzverweise wegbrechen“, konstatierte Saglam, der seine Ausführungen wie folgt schloss: „Man darf bei allem nicht vergessen: Viele der Jungs, die da gerade stehen, haben den MSV zurück in die Oberliga gebracht. Deswegen werde ich ihnen weiter den Rücken stärken. Das hier ist nur ein Weckruf.“

„Mit drei Mann mehr musst du das Spiel besser nach Hause bringen. Wir brauchen mehr Geduld. Heute haben wir uns diese Punkte erkämpft, wir müssen nicht wie Barcelona spielen“, bilanzierte derweil „Kris“ Laban und ergänzte: „Wir waren mit dem Rücken an der Wand, die klare Ansage war: Es gibt hier keine Niederlage und kein Unentschieden. Nur der Sieg zählt. Das war der erste Schritt in die richtige Richtung.“ Das sah auch „Femi“ Smith so. „Wir sind gut ins Spiel reingekommen und hatten einige gefährliche Situationen, die dann auch zum Erfolg geführt haben. In der ersten Hälfte aktiver und torgefährlicher, über die zweite werden wir am Montag intern reden. Wir freuen uns dennoch über die drei immens wichtigen Punkte. Spielentscheidend waren die Platzverweise für Meiendorf, die das Spiel in unsere Richtung haben kippen lassen“, resümierte der Coach der „Raubvögel“ zufrieden.

Jan Knötzsch 

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