Abstiegs-Endspiel wird zum Krimi: „Nichts für schwache Nerven!"

MSV-Trainer Katik: „Ich habe noch nie einen Abstieg mitgemacht“

17. Mai 2017, 23:57 Uhr

Croatia war durchgehend das dominierende Team und gewann am Ende verdient mit 4:2 beim MSV Hamburg. Damit steht der Abstieg der Mümmelmannsberger in die Kreisliga fest! Foto: Mathias Merk

Der MSV Hamburg stand vor dem Keller-Gipfel gegen Croatia Hamburg - ein Punkt reichte zum Klassenerhalt - unter gehörigem Druck. Denn bei einem Nicht-Sieg würde der Absturz in die Kreisliga feststehen. Und die Gäste erspielten sich frühzeitig einen komfortablen Vorsprung, der aber schon bald neutralisiert wurde, weil der MSV über „Umwege“ zurück ins Spiel fand und einen Zwei-Tore-Rückstand egalisierte. Dabei rückte der Schiedsrichter häufiger in den Blickpunkt, als ihm selbst wohl lieb war. Doch durch zweifelhafte Entscheidungen kam eine Unruhe zustande, von der sich Croatia letztlich aber nicht beirren ließ und am Ende allen Grund zum Feiern hatte. Damit war der Abstieg der Mümmelmannsberger in die Kreisliga besiegelt. MSV-Coach Erdal Katik: „Ich weiß nicht genau, was ich dazu sagen soll. Ich muss das erstmal sacken lassen.“

Bereits vergangenen Freitag empfing der MSV Hamburg vor heimischer Kulisse Croatia Hamburg zum Krimi um den Klassenerhalt. Doch an jenem Abend setzte Mitte der zweiten Halbzeit das Flutlicht aus, weshalb die Partie beim Stand von 2:2 in der 68. Minute abgebrochen wurde. Deshalb kam es zeitnah zu dieser Neuansetzung. Die Ausgangslage: Die Hausherren brauchten auf jeden Fall einen Sieg, um im letzten Saisonspiel noch eine Chance auf den Nichtabstieg zu wahren. Croatia konnte hingegen etwas befreiter aufspielen, da den Jungs von Coach Wolfgang Geelhaar lediglich ein Punkt genügte, um nicht - nach dem letztjährigen Abstieg aus der Landesliga - in die Kreisliga durchgereicht zu werden. „Wir haben uns bis heute auch noch überhaupt keine Gedanken über die nächste Saison gemacht, weil wir unsere vollste Konzentration auf den Abstiegskampf gelegt haben. Denn der Abstieg musste mit aller Macht verhindert werden“, brachte Geelhaar das Vorhaben klar zum Ausdruck.

Katik: „Die erste Halbzeit haben wir komplett verschlafen"

Für das erste Tor des Tages sorgte Josip Pajcic (Mitte). Foto: Mathias Merk

Dafür musste seine Mannschaft aber erstmal gegen den direkten Konkurrenten punkten. Die Gelb-Schwarzen wollten ihrerseits natürlich alles in die Waagschale werfen, um nicht selbst den bitteren Gang eine Etage tiefer antreten zu müssen. Doch offensichtlich rief genau das eine gewisse Nervosität hervor, da die Schützlinge von Neu-Trainer Erdal Katik, der in seiner Vergangenheit als aktiver Spieler unter anderem für den FC St. Pauli II in der Regionalliga auflief, „die erste Halbzeit komplett verschlafen haben“, so der Coach. Aber auch die Gäste waren in der Anfangs-Viertelstunde nicht wirklich im Spiel, weshalb man in dieser Phase von beiden Mannschaften hauptsächlich Fehlpässe und lange Bälle vernahm. Allerdings führte eben solch ein langer Ball dann doch schon in der 15. Minute zum ersten Treffer, als Mario Beslic, der kurfristig für Robert Subasic von Beginn an einspringen musste, da sich Subasic beim Aufwärmen eine Oberschenkelzerrung zuzuog, vom Mittelkreis einen flachen Pass in die Nahtstelle auf Josip Pajcic spielte, der dann im Strafraum kurz nach rechts zog und aus zwölf Metern auf das lange Eck schoss. Der Ball flog an Keeper Leon Giese vorbei und knallte vom linken Innenpfosten zum 1:0 für die Gäste ins Tor (15.)! Damit befand sich Croatia auf dem Weg in Richtung Klassenerhalt, was den Kickern von der Beethovenstraße scheinbar einen gehörigen Push gab, da sie fortan das Geschehen komplett an sich rissen. Und sie belohnten sich mit einem weiteren Tor durch Anton Topalovic in der 36. Minute, als dieser von einem herrlichen Klaric-Heber in Szene gesetzt wurde. Durch dieses 2:0 hatte sich die Geelhaar-Elf einen komfortablen Vorsprung erspielt, da der MSV nun schon drei Treffer erzielen musste, um nicht direkt abzusteigen. Doch aufgrund der bisher gezeigten Leistung war an ein Tor für das Heimteam überhaupt nicht zu denken.

Schiedsrichter spielt sich durch "fragwürdige" Entscheidungen teilweise in den Vordergrund

Josip Vidovic (links) zieht ab, was auch Edmund Berkoh (mitte) nicht verhindern konnte. Foto: Mathias Merk

Jedoch braucht es im Fußball oftmals gar nicht viel, um einen Treffer zu erzielen. Es reicht schon, wenn der Gegner einen Moment unkonzentriert ist und zum Toreschießen einlädt. Das geschah dann nämlich fünf Zeigerumdrehungen nach dem zweiten Tor. Ein hoher und weiter Ball aus der MSV-Hälfte kam im Sechzehner der Gäste runter. Dort erreichte Abwehrspieler Silvio Markic das Leder zwar einen Tick eher als Marc Wiench, aber die Kopfballrückgabe zu seinem Torwart Joschka Grimme misslang gründlich, so dass Wiench dazwischen sprintete, die Pille aufnahm und zum Anschlusstreffer einnetzte. Es stand nur noch 1:2! Das sorgte dafür, dass die Katik-Mannen wieder Hoffnung schöpften und mit neuem Mut aus der Pause kamen.

Zwar war Croatia weiterhin die spielbestimmende Mannschaft, aber der MSV fand ein wenig besser ins Spiel, als noch im ersten Durchgang, und näherte sich dem gegenerischen Strafraum zumindest an. Allerdings stand in den zweiten 45 Minuten auch der Unparteiische Zubeir Ahmadi immer wieder im Mittelpunkt. Mit häufig sehr zweifelhaften Entscheidungen sorgte er für jede Menge Unruhe. Als Beispiel: Auf Höhe der Mittellinie nahm MSV-Akteur Hasan Birken völlig unbedrängt den Ball in der Vorwärtsbewegung mit seinem rechten Arm mit, was selbstverständlich zu einem Pfiff des Unparteiischen führte. Doch anstatt Croatia den ruhenden Ball zuzusprechen, bekam Birken den Freistoß. Diese und weitere sehr fragwürdigen Entscheidungen brachten eine aufgeheizte Stimmung auf und neben dem Platz mit sich. Später erntete der Referee bei eben solchen Entscheidungen teilweise sogar schon hämischen Beifall der anwesenden Zuschauer.

Aber auch der Spielverlauf schien sich zu einem Kuriosum zu entwickeln. Denn so komfortabel der Vorsprung der Gäste bereits war, hieß es auf einmal 2:2! In der 65. Minute soll Antoine Schneider - nach einem Eckball - seinen Gegenspieler Birken zu Fall gebracht haben. Dabei drehte sich dieser mit seinem Körper in Schneider hinein, wodurch es natürlich zu einem Kontakt kam, ehe Birken schreiend zu Boden fiel. Schiedsrichter Ahmadi gab daraufhin einen Strafstoß, den Edward Adjepong Berchie dankend annahm und links unten verwandelte. Auch diese Entscheidung war wieder einer der Marke „sehr fragwürdig“. Geehlhaar nach dem Spiel: „Das war eine klare Fehlentscheidung. Das haben wir alle nicht nur währenddessen, sondern im Anschluss auch auf Video gesehen.“

Geelhaar: „Das war nichts für schwache Nerven!"

Den Mümmelmannsbergern fiel kaum ein Mittel ein, um die Spieler von Croatia vom Ball trennen zu können. Foto: Mathias Merk

Faktisch war es dann aber so, dass dem MSV plötzlich nur noch ein Tor fehlte, um das Spiel am Ende doch noch zu drehen und den Abstieg abzuwenden. Dafür mussten die Katik-Kicker allerdimgs hinten aufmachen und alles nach vorne werfen, woraufhin sich folgerichtig Kontergelegenheiten für Croatia ergaben. Und genau solche Umschaltspiele führten letztenendes in der Schlussphase zu zwei weiteren Treffern für die Gäste. Erst erhöhte Markic in der 80. Minute auf 3:2, womit er seinen Fauxpas vor dem Anschlusstreffer der Hausherren wieder ausbügelte, und mit der letzten Aktion besorgte der eingewechselte Lasse Rehmeyer dann noch mit dem Tor zum 4:2 den Endstand eines Spiels, das in der ersten Halbzeit eine einseitge Geschichte war, aber im zweiten Durchlauf nochmal für Spannung sorgte. Geelhaar: „Das war nichts für schwache Nerven!“

MSV-Coach Katik, der wohl am wenigsten für den Abstieg konnte, da er in seiner kurzen Amtszeit nicht viele Möglichkeiten besaß, im Endspurt der Saison großartig etwas zu bewegen, wirkte nach dem Abpfiff traurig und geschlagen: „Ich muss das jetzt erstmal sacken lassen. Ich weiß auch nicht genau, was ich jetzt sagen soll. Das ist das erste Mal, dass ich einen Abstieg erlebe. Ich kann nur betonen, dass wir alles versucht haben, aber mehr war einfach nicht drin.“ Und auf die Frage, was die Kreisliga nun zukünftig für den MSV Hamburg bedeuten würde, berichtete Katik: „Erstmal werden wir uns in den nächsten Tagen mit den Jungs zusammensetzen und darüber reden, ob sie bleiben, oder auch nicht.“ Fest steht aber, erzählte der Trainer abschließend, dass es einen totalen Neuanfang geben wird, der Verein komplett neu starten und dafür eine neue Mannschaft aufbauen möchte. Wie dieses Vorhaben künftig aussieht, konnte Katik jedoch noch nicht beantworten.

Den LIVE-Ticker zum Nachlesen gibt es hier!

Autor: Mathias Merk