Revival in rot-weiß-schwarz: „Wir sind dankbar, dass wir das machen können“

Vier Ex-Oberliga-Kicker wollen Altonas Reserve „eine neue Grundlage geben“

23. Oktober 2018, 11:00 Uhr

Wiedervereint an der AJK: Matthias Ribeau (li.) ist nun spielender Trainer von Altona 93 II, Benjamin Lipke aktiver Spieler. Foto: KBS-Picture.de

Die Premiere lief rund: Am 11. Spieltag, vor etwas mehr als zwei Wochen also, trug Benjamin Lipke das Trikot des Altonaer Fußball-Clubs. So wie er es zuvor in seiner Karriere bereits mehrfach getan hat. Der kleine, aber feine Unterschied: An jenem 7. Oktober lief „Benny“ nicht in der „Ersten“ des Vereins von der Griegstraße auf. Er trug beim Auswärtsspiel gegen den TSV Neuland den Dress der AFC-Reserve in der Bezirksliga Süd. „Ich hab' mich an ein Pokalspiel in Neuland mit der Liga-Mannschaft erinnert, das wir knapp mit 1:0 gewonnen haben“, erzählt Lipke. An jenem Sonntag war es nicht ganz so eng: Mit 4:2 gewann der AFC II in Neuland – und Lipke gelang es, mit seinen Toren bei seiner Rückkehr zu Altona 93 gleich zweit Treffer zum Sieg beizusteuern.

Die anderen beiden Altonaer Tore in der Partie erzielten Sebastian Clausen und Jakob Sachs. Lipke? Clausen? Sachs? Klingt verdächtig wie früher, als alle drei schon mal für den AFC aufliefen. Ist aber tatsächlich die Gegenwart! Selbst, wenn mit Matthias Ribeau in der Woche danach beim 2:1-Heimsieg gegen den SV Rot-Weiß Wilhelmsburg – in diesem Match gelang Lipke am Tag nach seinem 35. Geburtstag in der Nachspielzeit der Treffer zum Sieg – noch ein weiterer Name in der Aufstellung auftauchte, der für Fußball-Schlachten vergangener AFC-Tage steht. Die Erklärung dafür ist ganz einfach: „Es war irgendwie schwer, es ohne Fußball auszuhalten. Ich wusste, dass es so kommen würde, dass ich wieder spiele, aber nicht wo“, blickt Lipke zurück, der sich im Sommer diesen Jahres beim Oberligisten HSV Barmbek-Uhlenhorst verabschiedete – genauso wie Clausen und Ribeau.

„Dirk Barthel war direkt hellauf begeistert, das war total wertschätzend“

Mit Sebastian Clausen ist ein weiterer Ex-Altonaer an seine alte Wirkungsstätte zurückgekehrt. Foto: KBS-Picture.de

„Es war nicht so, dass wir drei keine reizvollen Vereine gehabt hätten, die angefragt haben“, konstatiert Lipke, „aber irgendwie hat sich nichts ergeben, nachdem wir von BU weg waren. Ich weiß, dass Sebastian Clausen Anfragen aus der Oberliga hatte. Auch bei mir gab es Anfragen.“ Der Einzige des Quartetts, der schnell wusste, was mit ihm passieren sollte, war Jakob Sachs: Nach dem Abstieg des AFC aus der Regional- in die Oberliga wählte der 32-Jährige den Weg in die „Zweite“ – und ist damit so etwas wie der Urheber der Tatsache, dass er, Lipke, Clausen und Ribeau inzwischen überhaupt für Altonas Reserve auflaufen. Weil in der Vorbereitung das Personal knapp war und dann auch noch Coach Heiko Knispel von Bord ging, hatte Sachs die Idee, seine Ex-Mitstreiter anzusprechen.

„Jakob hat mit Altonas Präsident Dirk Barthel gesprochen, da sie ja einen Trainer gesucht haben. Barthel war direkt hellauf begeistert. Wir hatten gute Gespräche, das war total wertschätzend. Die Idee ist total positiv aufgenommen worden. Matthias hat zur Bedingung gemacht, dass die anderen mit dabei sind“, berichtet Lipke, der nun unter Ribeau spielt. Denn: Der 30-Jährige fungiert als Trainer der AFC-Zweitvertretung, obwohl er zuletzt auch als Spieler auf dem Platz stand. „Er hat eine klare Ansprache. Das war früher schon in den Teams so, in denen er gespielt hat. Er nimmt viele Dinge in die Hand. Matthias macht das richtig gut. Ich hatte schon viele Top-Trainer, kann das also einordnen. Dass er auch spielt, ist sicher ein Spagat für ihn. Aber wie gut seine Arbeit angenommen wird, hat sich gezeigt, dass wir beim Training auf dem Grand an der Wichmannstraße so um die 20 Leute dabei hatten.“

„Matthias macht das richtig gut, er hat eine klare Ansprache“

Auch Jakob Sachs (re.) und Lipke spielen bei der AFC-Zweitvertretung wieder zusammen. Foto: KBS-Picture.de

Überhaupt: Die jüngeren Spieler hätten das Projekt „cool angenommen“, wie es Lipke umschreibt, „natürlich muss es jetzt mit uns vier alten Hasen das Ziel sein, dem Verein etwas Gutes zu tun. Wir sind dankbar, dass wir das machen können. Das ist eine Freizeittruppe. Vorher hab ich Geld mit dem Fußball verdient. Das ist schon etwas anderes.“ Der Ehrgeiz ist aber natürlich immer noch da: „Die Reserve in der Landesliga spielen zu sehen und talentierten Spielern so ein gutes Sprungbrett nach oben zu bieten – das ist das, was wir wollen. In dieser Saison aufzusteigen, ist utopisch. Dafür ist unser Rückstand auf den Tabellenführer zu groß. Für uns ging es erst einmal darum, wieder zusammenzuspielen und so dem Verein eine Grundlage zu geben. Wir fühlen uns alle vier noch fit. Vielleicht rufen wir danach eine Altherren-Mannschaft ins Leben, die der AFC seit Ewigkeiten nicht hat.“ Keine Frage: Es klingt viel Herzblut mit, wenn „Benny“ Lipke über Altona 93 spricht – und das, wo sein Abgang in Richtung Barmbek-Uhlenhorst im August 2016 nicht ohne Nebenschauplätze von statten ging.

„Da ging es um persönliche Dinge. Das waren losgelöst vom Verein Meinungsverschiedenheiten mit dem Trainer und der Sportlichen Leitung. Zum Verein gehören aber mehr als nur zwei Personen. Das ist ein riesiges Umfeld. Ich habe in der Zeit, die ich beim AFC verbracht habe, viele Leute kennengelernt. Es ist schon etwas besonderes, wenn man mit BU an der Adolf-Jäger-Kampfbahn aufläuft und die Altonaer Fans sich bei einem bedanken und sich freuen, einen wiederzusehen. Ich bin ja auch in die AFC-Jahrhundert-Elf gewählt worden. Im Laufe der Jahre habe ich mich damit beschäftigt, was war und für mich selbst einen Schluss-Strich gezogen. Es gibt wesentlich wichtigere Dinge und zu unterschiedlichen Meinungen gehören immer zwei Seiten“, sagt Lipke, für den es „extrem wichtig war, einen guten Start zu haben. Es war schon eine kleine Drucksituation vor dem ersten Spiel. Ich habe ja schließlich ein paar Wochen drauf gewartet. Es ging um die Freigabe von BU, aber das haben wir nach einem anfänglichen Hin und Her relativ schnell geklärt. Und jetzt macht es einfach nur Spaß!“

Jan Knötzsch