„Es ist der Wahnsinn, was da abläuft – aber wir werden unsere Ziele nicht neu definieren“

Daniel Walek im Gespräch über den Aufschwung beim FC Voran Ohe

11. September 2018, 16:22 Uhr

Der Konkurrenz die Zunge gezeigt: Daniel Walek (vo.) und Teamkollege Daniel Gläser hatten in den letzten Wochen viel Grund zum Jubeln. Foto: Bode

Nicht wenige staunten am vergangenen Freitag, als ausgerechnet der FC Voran Ohe dem bis dato unbesiegten Tabellenführer Bramfelder SV die erste Niederlage der Saison beibrachte. Die Truppe vom Amselstieg hatte man – obwohl Bramfeld dort in den letzten vier Jahren nie gut aussah und regelmäßig verlor – nicht unbedingt auf dem Zettel, wenn es darum ging, dem Aufstiegskandidaten ein Bein zu stellen. Doch nicht nur das: Selbst für den vierten Platz, den Ohe derzeit inne hat, hatte man die Kicker von Rainer Seibert nicht gerade als erstes auf der Rechnung. Das gilt sogar für den eigenen Trainer – aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt...

„Hätten uns die Spieler, die im Sommer gegangen sind, nicht verlassen, wären wir ein Kandidat für eine Platzierung unter den Top Fünf gewesen. So müssen wir uns erst einmal neu zusammenfinden. Daher kann das Ziel nach dem Umbruch nur der Klassenerhalt sein. Eine Platzierung im gesicherten Mittelfeld wäre super, aber ich habe da nicht allzu große Erwartungen“, hatte Coach Rainer Seibert vor dem Start in die laufende Spielzeit im FussiFreunde-Sonderheft zu den Aussichten seiner Truppe gesagt. Und auch in den vergangenen Wochen, als sich längst schon abzeichnete, dass Voran nicht vorrangig etwas mit „unten“ sondern eher mit „oben“ zu tun haben würde, trat der Übungsleiter auf die berühmte Bremse: „Wenn es so weitergeht wie heute, dann ist der Klassenerhalt möglich, vielleicht auch ein einstelliger Tabellenplatz“, sagte Seibert nach dem 5:1-Sieg gegen Inter 2000 im Interview mit dem Portal „bolzjungs.de“.

„Wir haben jetzt noch mehr Spieler, die absolut in das Konstrukt Voran Ohe passen“

Einer der Nezugänge, der einschlug: Nico Sandig (re.). Foto: Bode

Von größeren Ambitionen ist am Amselstieg weiterhin nicht die Rede. Macht man sich als „Tabellenführer-Besieger“ und Viertplatzierter da nicht lächerlich? Nein, befindet Daniel Walek, der Kapitän der Oher. „Man kann sich nicht ganz vom dem, was Rainer sagt, distanzieren. Wenn man sich unsere Spiele ansieht, stellt man fest: Jedes lebt davon, dass wir über das Kollektiv und den Kampf kommen. Wenn es so läuft wie jetzt, dann ist ein einstelliger Rang möglich. Aber: Der Klassenerhalt bleibt unsere Prämisse. Wir werden unsere Ziele definitiv nicht neu definieren“, sagt der 25-Jährige, der aber für den Aufschwung, den er und seine Teamkollegen aktuell erleben, große Worte wählt: „Es ist der Wahnsinn, wie es im Moment läuft“, erklärt Walek, der sich für die FussiFreunde auf die Suche nach den Gründen dieses Trends begibt.

Bis zum Start in die Spielzeit holte der Verein elf neue Spieler, am Ende der Transferfrist kamen mit Tarec Blohm und Ilja Gassmann noch einmal zwei dazu – ein Umbruch, der danach schreit, dass die Mannschaft Zeit braucht, um zum Team zusammenzuwachsen. Das scheint schneller gelungen als erwartet. „Man hat in den letzten Wochen sehen können: Wir haben jetzt noch mehr Spieler, die absolut in das Konstrukt Voran Ohe passen, die sich gut einfügen und eine individuelle Qualität mitbringen“, konstatiert Walek. Da wäre zum Beispiel Keeper Michel Thomä, der, so umschreibt es Walek, „in große Fußstapfen getreten ist. Leo Hebbeler ersetzen zu müssen.“ Oder Munib Saqib, dem Seibert die größte Entwicklung unter den „Neuen“ zuschreibt und von dem Walek sagt: „Bei ihm wusste ich von Anfang an, dass er fußballerisch ein sehr guter Junge ist. Er bringt eine Menge mit.“

„Man merkt, dass es den Jungs gut tut, mehr Verantwortung zu übernehmen“

Zielwasser getrunken: Marco Braesen präsentiert sich derzeit in blendender Verfassung. Foto: Bode

Und da wäre auch noch Defensivspieler Nico Sandig, in vielen Landesliga-Schlachten mit dem Rahlstedter SC und dem Barsbütteler SV erprobt. „Zum Vorbereitungsstart“, gibt Walek offen zu, „wussten wir nicht, ob das mit Nico Fisch oder Fleisch ist. Aber er ist einer, der sich komplett hier eingefunden hat. Menschlich passt er top zu uns. Egal, ob er spielt oder von draußen reinkommt: Nico gibt immer 120 Prozent“, befindet Walek, der aber auch Spieler erwähnt, die schon in der vergangenen Saison im Kader der Oher standen. „In den letzten Jahren haben wir uns oft darauf verlassen, dass ein Adrian Voigt, ein Max Johnsen oder ein Johann von Knebel mit ihrer Qualität den Unterschied machen können. Durch die Zugänge haben wir viel Qualität hinzugewonnen. Und die Leute, die sich früher vielleicht mal auf andere verlassen haben, sind jetzt mehr in der Pflicht“, verrät Walek ein weiteres Erfolgsgeheimnis.

Bei drei Akteuren habe er ganz besonders gemerkt, dass sie aus ihren neuen Rollen und der veränderten Situation ihren Profit schlagen. „Marco Pflug haben wir von der Außenbahn auf die Sechs gezogen. Er hat einen riesigen Sprung gemacht. Marco Braesen ist nach seinem Achillessehnenriss endlich wieder richtig fit und Robin Woost tritt aus dem Schatten derer hervor, die in den letzten Jahren auf der Zehn gespielt haben. Man merkt, dass es den Jungs gut tut, mehr Verantwortung zu übernehmen. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie Ohe kennen“, bilanziert Walek, der im großen FCVO-Kader kein Problem sieht, wenn alle Spieler zeitgleich fit sein sollten: „Ich denke, dass wir mir Rainer Seibert den richtigen Trainer haben, der mit solchen Situationen umzugehen weiß. Jeder ist heiß und angereizt, wenn er auf der Bank sitzt. Aber wir sind ein sehr homogener Kader, in dem jeder seine Minuten bekommt. Es gibt drei, vier Spieler, die weniger rotieren. Aber ich kann keine negative Stimmung im Kader erkennen.“

„Dass man mit Daniel und Hanno zwei Leute hat, die sich ergänzen, zahlt sich aus“

„Bei Daniel kann man an den nackten Zahlen ablesen, was er geleistet hat“, sagt Walek über Teammanager Schmitt (Mitte). Foto: Bode

Bliebe nach der Analyse der Rolle von Rainer Seibert für den Oher Erfolg noch die Frage nach der Bedeutung von Daniel Schmitt, dem Teammanger, der in der vergangenen Spielzeit noch im Funktionsteam beim Oberligisten TuS Dassendorf stand, und dem Sportlichen Leiter Hanno Stengel. „Bei Daniel kann man an den nackten Zahlen ablesen, was er geleistet hat: Er hat gute Leute geholt. Zudem ist er Stadionsprecher, kümmert sich mit um die Wäsche, ist für uns Spieler immer als Ansprechpartner da. Wir sind in Ohe als Spieler in der hervorragenden Situation, dass wir uns um fast nichts mehr kümmern müssen“, sagt Walek und fügt hinzu: „Hanno ist nicht mehr so eng an der Mannschaft wie vorher, aber ein sehr wichtiges Bindeglied zum Förderverein und der Fußball-Abteilungsleitung um Peter Bahr und betreibt einen engen Austausch. Dass man mit Daniel und Hanno in diesem Bereich zwei Leute hat, die sich ergänzen, zahlt sich aus.“

Jan Knötzsch