Oberliga Hamburg
10. Spieltag


Wedeler TSV

3

:

3


SC Victoria Hamburg

Anpfiff

So - 30.09. 11:15 Uhr

Spielstätte

Elbestadion

Zuschauer

83

Schiedsrichter

Konrad Oldhafer (SC Poppenbüttel)

Wedel-Wahnsinn: Nix mit „Buenos Diaz“, weil zwei Eigentore den Sieg zerstören

Das hält man doch im Kopf nicht aus: Das Team von Wedel-Coach Daniel Domingo verspielte eine 3:0-Führung. Foto: KBS-Picture.de

Marcus Richter war der Letzte. Das Elbestadion hatte sich längst geleert und auch die meisten Spieler des Wedeler TSV und des SC Victoria hatten sich längst in Richtung Kabine verabschiedet. Nur noch Daniel Domingo, der Coach der Gäste, und Vickys Trainer Jean-Pierre Richter, die jeweils ins Gespräch mit der Presse vertieft waren, standen noch auf dem grünen Rasen, als auch der Stürmer der Hausherren nach dem Match (Hier gibt’s den Live-Ticker zum Spiel zum Nachlesen) die Umkleide anvisierte – auf Socken übrigens. Seine roten Fußball-Schuhe trug Richter in der Hand. Nicht nur das: Er trug auch ein bisschen Frust mit sich. Denn eigentlich hätte er der „Mann des Spiels“ werden können. Am Ende aber kam alles ganz anders. 

Das war für die Wedeler doppelt bitter – und zwar nicht nur im sprichwörtlichen, sondern auch im tatsächlichen Sinne: Denn nachdem Luis Diaz Alvares und eben jener Marcus Richter, dem mit je einem Treffer aus dem Spiel und vom Elfmeterpunkt ein Doppelpack gelang, die Mannschaft von Daniel Domingo beim Zwischenstand von 3:0 bereits sicher auf die Siegerstraße gebracht hatten, schlug zunächst ein Freistoß aus gut und gerne 30 Metern, den Timo Stegmann abgefeuert hatte, zum 1:3 ein. Es sollte allerdings noch schlimmer kommen: Im zweiten Durchgang touchierte ein Schuss von Vickys Jan Luka Segedi den Pfosten, sprang von selbigem an das Bein von Kjell Ellerbrock und dann über die Linie – 2:3 (56.). Und als sollte ein Eigentor nicht schon reichen, war es in der 87. Minute dann Daniel Diaz Alvarez, der eine Flanke von links unglücklich zum 3:3-Ausgleich im eigenen Netz versenkte. Nix mit „Buenos Diaz“ – der Traum vom sicheren Sieg war auf einmal jäh ausgeträumt.

Marcus Richter: „Die erste und die zweite Halbzeit sind bei uns ein Unterschied wie Tag und Nacht“

Durfte zwei Mal jubeln: Wedels Marcus Richter wäre mit einem Doppelpack beinahe der Matchwinner geworden. Foto: KBS-Picture.de

„Die erste halbe Stunde war überragend. Wir haben gut gepresst und die Tore gemacht. Man könnte sagen: Alles richtig gemacht. Dann kriegst du so einen Freistoß fast von der Mittellinie und dann fallen zwei überragende Eigentore“, analysierte der verhinderte Held Marcus Richter bissig-ironisch. „In der zweiten Hälfte haben wir nicht mehr so gut nach vorne gespielt. Wir mussten drei Mal verletzungsbedingt wechseln, das war aus unserer Sicht auch bitter. Am Ende müssen wir uns das Unentschieden selbst zuschreiben“, fügte der 28-Jährige hinzu und gestand mit Blick auf den 3:0-Zwischenstand nach 30 Minuten: „Das muss zuhause eigentlich reichen, aber es hat nicht gereicht. Um ehrlich zu sein: Wir haben immer zwei Gesichter. Die erste und die zweite Halbzeit sind bei uns ein Unterschied wie Tag und Nacht.“

Eben genau diese Tatsache war erneut der Fall – und kostete am Ende den „Dreier“ gegen die Gäste von der Hoheluft. Sehr zum Leidwesen von Daniel Domingo. „Wir müssen unsere Konter in der zweiten Halbzeit besser ausspielen. So haben wir jetzt zwei Punkte verschenkt“, konstatierte Wedels Coach nach dem Schlusspfiff im Mannschaftskreis, richtete den Blick jedoch auch gleich wieder optimistisch nach vorne. Auf das ODDSET-Pokalspiel gegen Niendorf am kommenden Mittwoch. „Mit der Einstellung wie in der ersten und in Teilen der zweiten Halbzeit werden wir Niendorf in diesem Spiel ärgern können“, gab der Übungsleiter seinen Schützlingen mit auf den Weg. Dennoch: Ein bisschen hatte auch Domingo natürlich daran zu knabbern, dass seine Equipe den Vorsprung und letztlich auch den Sieg noch aus der Hand gegeben hatte: „Wir waren so nah dran an den drei Punkten. Das ist schon enttäuschend jetzt.“

Jean-Pierre Richter: „Zwei Tore in 45 Minuten – das ist keine Challenge, die man nicht schaffen kann“

Oha, doch noch zurückgekommen: Dank zweier Wedeler EIgentore kam die Elf von SCV-Coach Jean-Pierre Richter noch zu einem Zähler. Foto: KBS-Picture.de

Die Gefühlslage bei seinem Gegenüber war natürlich ganz anderer Natur: „Wenn man so früh 0:3 zurückliegt, sieht man das Endergebnis anders“, beschied Jean-Pierre Richter. „Es war sicher nicht unser Ansatz und vom Matchplan her nicht gewollt, dass wir die Gegentreffer teilweise selbst verschulden. Wir haben individuell nicht gut verteidigt bei den Toren. Das zieht sich genauso wie unsere Ausfälle wie ein roter Faden durch die Saison“, gab der Vicky-Coach, dem im Vergleich zur Woche aufgrund von Verletzungen zusätzlich Len Strömer und André Monteiro Branco fehlten, zu Protokoll und ergänzte: „Die Mannschaft hat aber eine Reaktion gezeigt. Stegmanns Freistoß aus der Distanz zum 1:3 war ein Impuls. Dass wir zwei Tore in einer Halbzeit aufholen können, wussten wir. Wir haben Wedel in der Meisterschaft in der Vorsaison mit 6:1 und 7:0 geschlagen. Zwei Tore in 45 Minuten – das ist keine Challenge, die man nicht schaffen kann.“

Nach dem 2:3 sei ihm, so Richter, klar gewesen, „dass wir mit einem Punkt hier rausgehen. Wir haben das Glück gebraucht, dass das 3:3 noch fällt. Aber wenn man sieht, welche Möglichkeiten wir hatten, dann ist das nicht unverdient. Die Tore haben wir uns erarbeitet, auch wenn wir zwei davon nicht selbst gemacht haben.“ Insgesamt betrachtet habe seine Elf „hinten raus einen großen Aufwand betrieben, um ein minimal ordentliches Ergebnis herauszuholen, nachdem das Spiel beim 0:3 auch in die andere Richtung hätte ausgehen können. Mit unserem Treffer zum 1:3 war die Situation entschärft“, beurteilte Richter den Auftritt seiner Mannschaft, bei dem „man durch die Fehler gemerkt hat, dass eine Verunsicherung da war. Ich habe jetzt nach 90 Minuten nicht das Gefühl, dass ich unzufrieden bin, sondern freue mich, dass die Jungs geschafft haben, ihre Qualität zu zeigen.“ Die drei Gegentreffer „kann man trotzdem nicht vergessen. Uns fehlen einfach Automatismen uns Selbstvertrauen, weil wir immer wieder umbauen müssen. Da kann man nicht ins Laufen kommen“, so Richter abschließend. 

Jan Knötzsch