Oberliga Hamburg
6. Spieltag


SC Victoria Hamburg

1

:

4


Eimsbütteler TV

Anpfiff

Fr - 26.08. 19:30 Uhr

Spielstätte

Stadion Hoheluft

Zuschauer

2076

Schiedsrichter

Lasse Holst (FC Türkiye)

Oberliga

Vor 2076 Zuschauern: Die Hoheluft erstrahlt in Rot und Weiß – Titze tobt!

Atemberaubende Stimmung im ETV-Fanblock - während Finn Schütt (li.) als erster Gratulant für den 4:1-Torschützen Can Yildiz herbeieilt. Foto: Justus Stegemann/ETV

Ein Derby, wie es im Buche steht. Ein Duell zweier Lokalnachbarn, die sich seit der Saison 1998/99 auf Punktspielebene unfreiwillig aus dem Weg gegangen sind, wie die „Hafo“-Statistikzentrale „ausgespuckt“ hat. Nun aber ist der Eimsbütteler TV zurück in der Hamburger Fußball-Beletage und will dem SC Victoria Hamburg den Rang ablaufen. Und offenbar fieberte nicht nur die Eimsbütteler Fan-Gemeinde dem Aufeinandertreffen entgegen. Insgesamt 2076 zahlende Zuschauer – insgesamt dürften weit über 2500 Besucher auf der Anlage gewesen sein – verwandelten das Stadion Hoheluft in ein richtiges Tollhaus!

Die beiden Kapitäne im direkten Duell: Felix Schuhmann (li.) vs. Finn Schütt. Foto: Justus Stegemann/ETV

Während die Gäste das Stadion Hoheluft für sich einnahmen, saß ein ernüchterter Sören Titze auf seinem Trainerstuhl, führte sich die umstrittenen Szenen auf seinem Handy zu Gemüte und konnte nur mit einem ungläubigen Schmunzeln auf die Videosequenzen reagieren. Erst wollte sich der höchst aufgebrachte Cheftrainer des SC Victoria Hamburg gar nicht zum Derby äußern – doch dann nahm er sich die Zeit und stand Rede und Antwort. Aber der Reihe nach.


Eine herausragende Kulisse für das Nachbarschaftsduell – und nach zehn Zeigerumdrehungen fuhr die Masse erstmals so richtig aus der Haut: Eine Ecke von André Monteiro Branco schädelte der sträflich alleingelassene Yannick Siemsen wuchtig in die Maschen! Vicky führte – und ließ auch in der Folge kaum etwas anbrennen. „Wir haben das 20 Minuten lang super gemacht und taktisch genau so gelöst, wie wir das wollten“, konstatierte Titze. Die Gäste konnten ihr temporeiches Spiel mit hohem Pressing nicht aufziehen. Per Freistoß hatte Siemsen, der das Außennetz traf, sogar den Doppelpack und das 2:0 auf dem Fuß (45.).

ETV dreht auf - und das Spiel

Leon Bolz (li.) - hier im Kampf um den Ball mit Timo Stegmann - erzielte den wichtigen Ausgleichstreffer für die Gäste. Foto: Justus Stegemann/ETV

Mit komplett anderer Körpersprache und Mentalität kam der ETV aus der Kabine und schnürte den Kontrahenten zu Beginn der zweiten 45 Minuten am eigenen Sechzehner ein. Die Folge: Eine Ecke von Blerim Qestai wurde zunächst per Kopf und dann von Malik Yago für Leon Bolz im Rückraum abgelegt. Dessen überlegter Linksschuss aus 17 Metern schlug im linken unteren Toreck ein – 1:1 (49.)! Ein Start nach Maß für den in Rot gekleideten Aufsteiger, der wenig später die Doppelchance zur Führung hatte. Aber SCV-Fänger Dennis Lohmann parierte zunächst einen Freistoß von Dominik Akyol und war auch im Nachschuss gegen Michael Igwe, der gerade erst von Regionalligist Eintracht Norderstedt zu seinem Jugendverein zurückgekehrt war, auf dem Posten (54.).

"Haben das allerletzte Aufgebot auf den Platz geschickt"

Während der ETV mit seinen Fans feiert und jubelt, spricht die Körperhaltung von Vicky-Keeper Dennis Lohmann Bände. Foto: Justus Stegemann/ETV

Die Atamimi-Elf war nun voll da – während die Titze-Truppe mit dem Personalpech haderte. Im ersten Durchgang musste bereits Tor-Vorbereiter Monteiro Branco die Segel streichen, unmittelbar nach dem Ausgleich ging es auch für Vincent Boock nicht weiter. „Nach der Branco-Verletzung hatten wir eine Phase, in der wir uns schütteln mussten. Danach war es ein ausgeglichenes Spiel, eine Top-Halbzeit von beiden Mannschaften. Es war alles drin – ohne die ganz großen Chancen, weil beide Mannschaften das gut verteidigt haben. Aber für mich ist jetzt erstmal wichtig, dass Branco und Boock nicht so schlimm verletzt sind. Denn wir haben heute das allerletzte Aufgebot auf den Platz geschickt, was wir zur Verfügung hatten. Und dann brechen uns noch zwei absolute Leistungsträger weg“, haderte Titze.

"Dass in so einem Spiel so harte Entscheidungen getroffen werden..."

Dominik Akyol (Mi.) dreht nach seinem Elfmetertor zum 3:1 jubelnd in Richtung Fans ab. Foto: Justus Stegemann/ETV

Doch nicht nur das machte sich der bärenstarke Liga-Neuling nun zunutze. In Minute 69 brachte Niklas Bär mit einem satten 30-Meter-Strahl aus dem linken Halbfeld den Gäste-Block zum Toben! „Ich glaube, bis dahin war es eine ausgeglichene Partie. Ein schöner Fußballabend mit vielen Zuschauern und allem, was dazu gehört. Dass dann in so einem Spiel so harte Entscheidungen getroffen werden, die ein Spiel nun mal beeinflussen, ist großes ‚Pech‘ – und ich bemühe mal den alt-bewehrten Spruch: Irgendwann gleicht sich das aus“, echauffierte sich der Vicky-Coach vor allem über zwei Situationen.

Noch vor der Eimsbütteler Führung luchste Luca Palzer seinem Gegenspieler Idrissa Sambou den Ball ab und war auf und davon, ehe Sambou den Victorianer mit einem Trikotzupfer zu Fall brachte (58.). Schiedsrichter Lasse Holst (FC Türkiye) zeigte dem ETV-Verteidiger die Gelbe Karte. Titze: „Das ist für mich die entscheidende Szene in diesem Spiel. Wir sind durch – und dann ist es für mich eine ganz klare Notbremse. Letzter Mann ist letzter Mann – egal, wie hart das Foul ist. So habe ich es zumindest beigebracht bekommen.“ Aussagen, dass sich Palzer in jener Szene leicht links versetzt vom Strafraum befand, konterte Titze: „Wenn das nicht zentral ist, dann weiß ich auch nicht mehr weiter!“

"Derjenige, dem er die Rote Karte gibt, hat mit der Szene nichts zu tun"

Ekstase im Stadion Hoheluft. Der ETV feiert den Derbysieg mit dem lautstarken Anhang! Foto: Justus Stegemann/ETV

Keine 240 Sekunden nach dem Rückstand (Titze: Ein richtiger Strahl ins Eck – das hatte nichts mit dem Schiedsrichter zu tun“) sah schließlich Vicky-Torschütze Siemsen nach einer vermeintlichen Notbremse auf der anderen Seite gegen den soeben eingewechselten Noel Denis die Rote Karte (73.)! „Derjenige, dem er die Rote Karte gibt, hat mit der Szene gar nichts zu tun“, war Titze überaus aufgebracht, da Lesley Karschau das Vergehen begangen haben soll. „Und wenn er Elfmeter gibt, dann habe ich mal gelernt, dass es keine Doppelbestrafung mehr gibt. Viellicht ist es auch abgeschafft worden – da blickt man ja nicht mehr durch. Aber der Spieler kam ja sogar noch zum Abschluss“, standen Siemsen und Karschau in diesem Fall zumindest dicht an dicht. Den fälligen Strafstoß verwandelte der bis zu diesem Zeitpunkt glücklose Dominik Akyol jedenfalls ganz sicher zum 3:1 (75.)!

ETV nimmt die Hoheluft ein

Ein jubelnder Gast beim unmittelbaren Lokal-Nachbarn. Das Siegerfoto! Bild: Justus Stegemann/ETV

„Wir haben auch danach alles versucht. Aber man muss fairerweise sagen, dass der Drops dann gelutscht war“, gab Titze unumwunden zu. Die Vorentscheidung war gefallen. Und der ETV hatte noch nicht genug! Nachdem Karschau gegen Tyrese Boakye sehr rustikal zu Werke ging und der Victorianer am Boden liegen blieb, ging es ganz schnell. Letztlich brachte Can Yildiz das Runde unbedrängt im Eckigen unter (88.) – 1:4! Der Rest war unglaublicher Derby-Jubel des Eimsbütteler TV auf des Gegners Platz! Was Übungsleiter Khalid Atamimi zum Coup seiner Jungs, den umstrittenen Entscheidungen, der Kulisse und den Zielen zu sagen hatte, seht Ihr im folgenden Video.