Oberliga Hamburg
31. Spieltag


Eimsbütteler TV

2

:

0


Altona 93

Anpfiff

Fr - 17.03. 20:15 Uhr

Spielstätte

Lokstedter Steindamm

Zuschauer

2000

Schiedsrichter

Luca Jürgensen (FC Eintracht Norderstedt)

Oberliga

Vor 2000 Zuschauern: „Hellseherische Fähigkeiten“ hieven den ETV an die Spitze und untermauern den Regionalliga-Traum!

Das wichtige Führungstor für den ETV: Samuel Olayisoye (Mi.) köpft einen Töremis-Freistoß ein - und untermauert die hellseherischen Fähigkeiten seines Trainers. Foto: Justus Stegemann

Es war nicht nur das Duell zweier Titelanwärter – vor allem der Eimsbütteler TV hatte mit einem Sieg die Chance, zumindest bis Sonntagnachmittag am TSV Sasel vorbeizuziehen und den Oberliga-Thron zu erklimmen. Es war auch das Aufeinandertreffen der beiden wohl heißesten Hamburger Regionalliga-Aspiranten. Sowohl der ETV als auch der im „Entwicklungsjahr“, so Chefcoach Andreas Bergmann, befindliche Altonaer Fussball-Club liebäugelten und kokettierten im Vorfeld mit einer Meldung für die vierthöchste deutsche Spielklasse. Dementsprechend richtungsweisend war die Partie am Lokstedter Steindamm – und zwar in gleich doppelter Hinsicht (alle Highlights im LIVE-Ticker)!

"Ich hab's dir gesagt!" Khalid Atamimi (li.) äußerte im Vorfeld das Gefühl, dass Samuel Olayisoye ein Kopfballtor erzielen würde - und der IV traf per Kopf. Foto: Justus Stegemann

76 Minuten waren am „Loki“ vorüber, als Altonas Theo Behrmann zum wiederholten Male am Boden lag, behandelt werden musste – und schließlich signalisierte, dass es für ihn nicht weitergehen würde. „Jeremy!“, rief AFC-Übungsleiter Bergmann seinen Angreifer heran – und wollte mit der Hereinnahme von „Jerry“ Wachter für mehr Durchschlagskraft in der bis zu diesem Zeitpunkt eher tristen Offensive sorgen. Doch bevor der einstige Osdorf-Goalgetter den Platz betrat, nahm das Unheil aus Altonaer Sicht seinen Lauf.

Der ehemalige Altonaer Mittelfeldspieler Emre Cem Töremis zirkelte einen Freistoß von links auf den ersten Pfosten, wo der aufgerückte Samuel Olayisoye mit Ansage zum 1:0 einköpfte (77.)! Mit Ansage deshalb, weil sein Trainer ihm vor dem Spiel sagte: „Ich habe heute das Gefühl, dass du ein Kopfballtor machst! Und so wie es der liebe Herr wollte, ist es auch passiert.“ Hellseherische Fähigkeiten bei Khalid Atamimi – und der entscheidende Punch des ETV vor sage und schreibe 2000 Zuschauern auf der pickepackevollen Anlage am Lokstedter Steindamm. Denn nur wenige Augenblicke später veredelte Henok Tewolde eine schnelle Stafette über Leon Bolz und Michael Igwe zum 2:0-Endstand (83.)! Ein Ergebnis, mit dem der ETV nicht nur den Regionalliga-Traum untermauerte, sondern auch an die Spitze des Tableaus sprang!

"Blödes Standard-Ding nach einem ganz unglücklichen Ballverlust"

Die Vorentscheidung: Nur kurz nach der Führung lässt Henok Tewolde (Mi.) das 2:0 für den ETV folgen. Foto: Justus Stegemann

„Obwohl es nicht so viele Torraumszenen gab, fand ich die Qualität sehr krass für die Oberliga. Sowohl technisch als auch von den Duellen in der Luft und in den Zweikämpfen. Das war absolut auf Augenhöhe und für mich von draußen viel zu spannend“, fieberte Jasper Hölscher, der an jenem Abend seinen 25. Geburtstag feierte und in seiner Aufgabe als Sportlicher Leiter im Anschluss die Regionalliga-Meldung seines Clubs bestätigte (HIER alles dazu), an der Seitenlinie mächtig mit. „Ein schönes Geburtstagsgeschenk“, freute er sich über einen „alles in allem verdienten Sieg“.

Verdient deshalb, weil der AFC mit fortlaufender Spielzeit zwar mehr Zugriff auf das Spitzenspiel bekam, letztlich aber nur eine echte Torchance kreieren konnte – und diese Möglichkeit basierte auch eher auf ein Zufallsprodukt. Denn Michael Gries luchste Malik Yago an der Seitenauslinie den Ball ab, zielte aber knapp am langen Eck vorbei (41.). „Dafür, dass wir so lange nicht gespielt haben, fand ich, dass wir das ordentlich gemacht haben“, konstatierte Bergmann dennoch. „In der zweiten Halbzeit waren wir noch viel besser auf den Gegner eingestellt und ich fand, dass wir richtig gute 20 Minuten hatten, in denen wir das 1:0 hätten machen können. Und dann kriegen wir so ein blödes Standard-Ding nach einem ganz unglücklichen Ballverlust. Danach war der Zahn gezogen“, haderte er auch mit den Ausfällen von Top-Stürmer Kevin Prinz von Anhalt, Michael Ambrosius und Armel Gohoua.

Bergmann tut Regio-Ambitionen ab - Körner nicht

Der Jubel bei den Hausherren kannte keine Grenzen mehr. Durch den 2:0-Erfolg hat man ein beruhigendes Polster auf den vermeintlichen Regio.Kontrahenten von der "AJK". Foto: Justus Stegemann

Nichtsdestotrotz war er „zufrieden damit, welchen Einsatz die Jungs gezeigt haben. Wir hatten eine Phase, in der wir das zu unseren Gunsten hätten drehen können. Durch das Tor ist es aber in die andere Richtung gegangen“, sprach er letztlich aber von einem „nicht unverdienten“ Sieg des ETV. Das Thema „Regionalliga“ tat er indes – wie eigentlich immer – nüchtern ab: „Ich bleibe dabei: Das ist ein Projekt – und dabei geht es darum, die Mannschaft weiterzuentwickeln. Ob das jetzt sofort klappt oder nicht – wir nehmen jedes Spiel mit und bauen darauf auf. Wir haben nicht den Druck, sondern wollen lieber mit Substanz etwas aufbauen, anstatt zu schnell und noch nicht gewachsen den Schritt zu gehen und vielleicht auch noch irgendwelche Wirtschaftlichkeiten eingehen, die wir gerade nicht haben. Lasst uns mal das Projekt ein bisschen weiterentwickeln.“

Klingt ein wenig anders, als das, was sein Co-Trainer Philipp Körner vor dem Kräftemessen gegenüber dem „Abendblatt“ äußerte. Darin meinte dieser nämlich ganz offen: „Von unserer Seite kann ich auch vom Verein aus sagen, dass wir für die Regionalliga Nord melden wollen!“ Nun aber beträgt der Rückstand auf den Widersacher bereits elf Punkte – wenngleich der AFC noch zwei Spiele mehr in der Hinterhand hat.

"Wussten, worum es geht - haben aber nicht alles auf diese Karte gesetzt"

Chefcoach Khalid Atamimi (Mi.) hebt inmitten des Siegerkreises mit dem eigenen Anhang vor Freude den Daumen. Foto: Justus Stegemann

Doch zurück zum „Man oft he Match“. Ein Titel, den sich der auch in der Defensive bockstarke Samuel Olayisoye nicht nur aufgrund seines Tores verdiente. Trotz dessen sprach er von einer „super Teamleistung“ – und gab auch zu Protokoll: „Wir wussten, worum es geht. Aber wir haben nicht alles auf diese eine Karte gesetzt. Uns war klar: Wenn wir bei uns bleiben, klar in unseren Aufgaben und fokussiert sind, dann haben wir die Möglichkeit, Altona zu schlagen. Unabhängig von der Situation“, womit er auf das Regionalliga-Thema ansprach. „Es ist viel zu früh, daran zu denken. Wir haben noch ganz, ganz schwere Spiele und einige Gegner, die man erstmal schlagen muss, vor uns“, warnte er vor zu großer Euphorie.

Euphorie, die sein „Headcoach“ anfangs ebenfalls umschiffen wollte – zumindest im Video-Interview, als er der Frage zur Regionalliga-Meldung noch gekonnt auswich.

"Melden wir echt? Ich weiß davon nichts"

Das obligatorische Siegerfoto durfte natürlich auch nicht fehlen. Der ETV erklimmt (vorerst) die Oberliga-Spitze und visiert den Regio-Aufstieg an! Foto: Justus Stegemann

Nachdem Atamimi jedoch mitbekam, dass sein Sportlicher Leiter reinen Wein eingeschenkt und die Katze aus dem Sack gelassen hat, witzelte er zunächst: „Melden wir echt? Ich weiß davon nichts“, ehe er mit ernsterer Miene anfügte: „Ich wusste: Wenn wir gegen Altona gewinnen, dann melden wir auf jeden Fall. Dieser Plan ist aufgegangen. Jetzt gucken wir mal, wie wir diese drei- oder auch viertausend Euro zusammenbekommen.“ Auf Nachfrage, ob die Mannschaft reif genug für den nächsten Schritt sei, überließ er seinem Co-Trainer Tjorben Becker das Wort: „Ich sehe große Schritte in den letzten Wochen und halte die Mannschaft für reif genug, auch eine Liga höher zu spielen“, so das „Brain“, wie Atamimi sein Pendant liebevoll betitelte. „Ich bin eher der Gefühlsmensch.“ Und sein Gefühl ließ ihn auch an jenem denkwürdigen Freitagabend nicht im Stich…