Abpfiff – Die FussiFreunde-Kolumne

Titzes Entlassung ist sportlich nicht nachvollziehbar – und der Schuss der Verantwortlichen muss nun sitzen

Foto: KBS-Picture.de

In unserer Kolumne „Abpfiff“ greifen wir die wichtigsten Themen der vergangenen Woche im Hamburger Amateur-Fußball auf und kommentieren diese. Dieses Mal geht es um die Entlassung von Sören Titze beim Oberliga-Tabellenzweiten FC Teutonia 05, das Auftreten des Vereins und die Verpflichtung von Achim Hollerieth als Nachfolger.

Die Nachricht von der Absage des kompletten Spielbetriebs bis zum 31. März aufgrund des Corona-Virus war am Freitag gerade einmal ein paar Stunden alt und so ziemlich alle dürften sich darauf eingestellt haben, ein – rein fußballerisch betrachtet – ruhiges Wochenende zu erleben, da kam am der große Knall: Der FC Teutonia 05 trennt sich von seinem bisherigen Trainer Sören Titze – und auch dessen Assistent Matthias Reincke muss gleich mitgehen. Eine faustdicke Überraschung, ein Paukenschlag – wie wir Journalisten in solchen Fällen, die äußerst unerwartet kommen, dann immer wieder gerne sagen und schreiben. Und seien wir ehrlich: Damit, dass Titze aus heiterem Himmel geschasst wird, hatte zum jetzigen Zeitpunkt keiner – zumindest aber die wenigsten – gerechnet.

Berechtigen zwei Niederlagen, die Entwicklung und die Ziele in Gefahr zu sehen?

Da war er noch in Amt und Würden: Sören Titze (re.) vorm Teutonia-Spiel gegen Paloma mit USC-Coach Steffen Harms. Foto: Both

Sicher, der 35-Jährige hatte immer mal wieder in der Kritik gestanden. Mal mehr, mal weniger. Nach dem Abschneiden in der Aufstiegsrunde zur Regionalliga Nord einst vielleicht sogar berechtigt, an manchen Stellen danach aber auch völlig unberechtigt. Titze selbst, das muss man hier an dieser Stelle erwähnen, hat von sich immer selbst gesagt, dass er sowohl um die Ziele des Vereins wisse, seine damit deckungsgleich seien und dass er es nachvollziehen könne, wenn ein gewisser Druck auf ihm als Teutonen-Trainer liege. Nun darf man aber trefflich darüber diskutieren, ob der Coach und sein Team denn zuletzt wirklich erfolglos waren. Nehmen wir die nackten Fakten: 21 Mal blieb die Mannschaft in der Liga in Folge ungeschlagen, hinzu kommen die Siege im LOTTO-Pokal, wo man es bis ins Viertelfinale geschafft hat. Sicher: Zuletzt hatte „T05“ unter Titze gegen Vicky und Paloma zwei Mal verloren – aber dass dadurch die sportlichen Ziele in Gefahr waren? Es wirkt irgendwie schon abstrus und ein bisschen konstruiert, wenn Liborio Mazzagatti dies als Vereinsverantwortlicher sagt und betont, dass „ in der Mannschaft keine Entwicklung zu sehen“ sei und man dies gegen Paloma gesehen habe, als „wir ein sehr schlechtes Spiel gemacht haben.“

Nun gut: EIN schlechtes Spiel. Bei der Niederlage gegen Vicky zuvor war Teutonia noch nicht einmal richtig schlecht, zumindest nicht viel schlechter als der Gegner. Wo Mazzagatti und Co eine „Tendenz gesehen“ haben, „gegen die wir ansteuern wollen“ – es wird ihr Geheimnis bleiben. Aus rein logischer Sicht jedenfalls ist diese Entlassung alles – nur eben nicht nachvollziehbar. Sie ist eine Posse. Dass man dann seitens der Vereins in der offiziellen Meldung auch noch davon redet, Titze sei „ein Freund“ – es setzt dem ganzen im Negativen die Krone auf. Mit Freunden geht man anders um – jedenfalls dann, wenn es nicht zuvor ordentlich Stress und Streit gegeben hat. Vielleicht aber war ja genau das der Fall!? Ansätze dazu gibt es schließlich: Mit Oliver Hähnke wurde der Torwarttrainer bereits vor längerer Zeit offenbar ersatzlos gestrichen. Gesehen jedenfalls hat man ihn ewig nicht. Über seinen Verbleib auch vom Verein nichts erfahren. Dass „T05“ zudem in Sachen Trainingsplatz -und möglichkeiten noch längst nicht die Regionalliga-Reife erreicht hat, ist auch längst bekannt. Wer teilt seinen Platz schon gern, wenn man als Ligamannschaft doch schließlich ein so riesiges Ziel hat? Und: Auch auf dem Managerposten, so hier und da der Tenor zwischen den Zeilen sein, müsste man sich besser aufstellen: Bei allem Respekt für Mazzagatti und Mayk Zimmermann – auch das ist noch kein „Regio“-Format.     

Den größten Druck haben sich die Verantwortlichen selbst gemacht

Wird die Entscheidung von Liborio Mazzagatti und seinen Mitstreitern, Titze zu feuern, am Ende vom Erfolg gekrönt? Foto: Both

Alle Nachkarterei aber nützt nun nichts (mehr) – weil die Warheit vermutlich nie ans Licht kommen wird. Und weil der Blick zwangsweise nach vorne gehen muss. Auf die Zeit mit Achim Hollerieth, den die Teutonen am Sonntag nun nach den wildesten Spekulationen, die vom Tag der Titze-Entlassung bis hin zur Hollerieth-Bekanntgabe durch die Gerüchteküche waberten, dingfest gemacht haben. Seine Mission ist klar: der Aufstieg! Am besten in Kombination mit dem Meistertitel! Und wenn's geht, dann auch noch den Pokalsieg obendrauf! Dass Hollerieth genau diesen Ehrgeiz auch haben wird, steht außer Frage. Er kennt es aus seiner Zeit als Profi nicht anders, als immer nach dem Bestmöglichen zu Streben. Ein ehrenwerter Ansatz. Dass er ein Team formen, ihm eine Handschrift vermitteln und es prägen kann, hat der Ex-St. Pauli-Keeper im Hamburger Amateurfußball bereits nachgeweisen. Seinerzeit beim FC Elmshorn, aus dem er eine Nummer formte, wie Teutonia sie nun eben auch gerne wäre. Den Oberliga-Meistertitel holten sich Hollerieth und der FCE. Die Sache mit dem Pokalsieg klappte im Finale gegen Vicky nicht ganz. Das Ende der Regionalliga-Ambitionen in Elmshorn dürfte jedem, der im Hamburger Amateurfußball zuhause ist, noch im Hinterkopf präsent sein. 


Dafür freilich konnte der Neu-Coach der Teutonen nichts. Sportlich hat er seine Klasse als Trainer nachgewiesen. Und dennoch: Er steht bei seiner neuen Aufgabe unter Beobachtung wie Zugzwang gleichermaßen. Der Verein will Resultate sehen. Solche, die noch besser sind als unter Sören Titze. Der Verein will Erfolge – wie er sie in der Zusammenarbeit mit Titze letztlich gefährdet sah. Nicht minder unter Druck aber steht die Riege der handelnden Herren bei „T05“ die Titze aus dem Amt enthoben hat. Verfehlt man die selbst gesetzten – und durch die Unruhe, die in den letzten Tagen entstanden ist, selbst gefährdeten – Ziele, dann muss man sich hinterher die Frage gefallen lassen, warum man den bisherigen Coach denn überhaupt entlassen und nicht mit ihm weitergemacht hat. Mazzagatti, Zimmermann und Co hatten in Sachen Trainer nur einen Schuss frei. Und der muss bei der Endabrechnung nach dieser Saison – wie sie denn auch in Zeiten von Corona auch immer beendet werden mag – sitzen. Noch ein weiteres Jahr in der Oberliga würde für den Verein genau der Rückschlag sein, den man auf der „Road to Regionalliga“, die man ja so offen, ehrgeizig und lautstark befährt, am allerwenigsten gebrauchen kann...  

Jan Knötzsch