Turniere
1. Spieltag


SC V/W Billstedt 04

2

:

1


Hamburger SV III

Anpfiff

Sa - 27.05. 17:00 Uhr

Spielstätte

Waidmannstraße

Zuschauer

693

Schiedsrichter

Philip Roedig (Altona 93)

Ohne Training zum Aufstieg: Billstedt legt HSV III lahm

Erfolgreiches Ende: Der SC V/W Billstedt sicherte sich mit dem Sieg gegen den Hamburger SV III den Aufstieg in die Oberliga: Foto: Heiden

Der SC V/W Billstedt darf sich in der kommenden Saison Oberligist nennen. Die Mannschaft des scheidenden Trainerteams Dennis Kreutzer und Göhkan Acar besiegte im Aufstiegsspiel der Zweitplatzierten der beiden Landesligen an der Waidmannstraße den überraschend schwachen Hamburger SV III mit 2:1. Und das, wo die Billstedter doch die ganze Woche über gar nicht mehr vor den Ball getreten hatten. „Wir haben viel fürs Teambuilding getan: Gespräche geführt, uns gesehen, waren mit der Mannschaft essen“, verriet V/W-Trainer Dennis Kreutzer, der den Nachmittag vor 693 Zuschauern als „überragend“ bezeichnete: „Besser geht so ein Abschluss nicht“. Seinem Widerpart Felix Karch fehlten derweil völlig die Worte. 

Wolfgang Krause benötigte offenbar noch ein wenig „Nachhilfe“ in Sachen Jubel. „Karotte, nimm' die Daumen hoch“, rief Ulas Dogan dem Ligamanager des SC V/W Billstedt, der seit Jahren auf den Spitznamen „Karotte“ hört, zu, als dieser gemeinsam mit den Trainern Dennis Kreutzer und Gökhan Acar sowie Teammanager Baris Dogan für eines der vielen Siegerfotos posierte, das nach dem 2:1-Sieg und dem daraus resultierenden Oberliga-Aufstieg der Kicker vom Öjendorfer Weg geschossen wurde. Krause tat, wie ihm geheißen wurde: mit einem Siegerlächeln streckte er seine beiden Daumen nach oben.

Zeba: „Jetzt müssen wir auf Altona hoffen – das ist scheiße!“

Volkan Karadeniz (re.) vergab für den HSV III die große Gelegenheit zur Führung vor der Pause. Foto: Heiden

Ein paar Meter weiter suchte derweil Felix Karch nach Worten – und fand sie nicht. Binnen seines 1:03 Minuten langen Statements zum Spiel schaffte es der HSV III-Coach gleich drei Mal, die Worte „keine Ahnung“ unterzubringen. Keine Frage: Karch war leer. Leer, enttäuscht und sprachlos. Letzteres in erster Linie natürlich ob des soeben (vorerst) gescheiterten Aufstiegs-Traums der HSV- „Dritten“, vielleicht aber auch aufgrund des Auftritts seiner Equipe an der Waidmannstraße. Der HSV III nämlich ließ all das vermissen, was die „Rothosen“ eine ganze Landesliga Hammonia-Saison über ausgezeichnet hatte. Vom schnellen Offensivspiel über die Flügel und den gefährlichen Spitzen war kaum etwas zu sehen. Bezeichnend: Erst der ein- und später verletzungsbedingte Jendrik Bauer sorgte noch einmal für Belebung, aber da war es schon zu spät.

„Keine Ahnung. Ich weiß nicht, woran es gelegen hat“, erklärte Coach Karch nach dem Spiel deutlich niedergeschlagen und bestätigte, dass der HSV III ungewohnt viele Abspielfehler gemacht hatte und kaum wirklich ins Spiel gekommen war: „Ja, das stimmt. Aber: Was soll ich dazu sagen? Keine Ahnung...“ Die Frage, ob der Vize der Hammonia-Staffel vor dem entscheidenden Spiel zu viel Druck gehabt habe, beantwortete Karch wie folgt: „Klar haben wir Druck. Wir haben zweieinhalb Jahre auf dieses Spiel hingearbeitet – keine Ahnung...“ Abwehrmann Nikola Zeba, der das Team verlässt, gab – ebenso ernüchtert wie sein Coach – zu Protokoll: „Wir haben es selbst verbockt. Es liegt nicht mehr in unseren Händen. Jetzt müssen wir auf Altona hoffen. Das ist scheiße für uns.“ Warum der HSV III das Spiel verlor, und nun warten muss, ob der AFC den Regionalliga-Aufstieg packt – denn nur in diesem Fall würden die „Rothosen“ noch in die Oberliga nachrücken –, erklärte Zeba wie folgt: „Wir sind eine Kunstrasen-Mannschaft. Für uns ist jedes Spiel auf Rasen ein Problem. Auf einem Kunstrasen geht alles schneller.“

Ulas Dogan macht vom Elfmeterpunkt für Billstedt alles klar

Seht her, ich war's: Ulas Dogan erzielte den Treffer zum 2:0 für Billstedt. Foto: Heiden

Stichwort schnell: Billstedt benötigte nur sechs Minuten, um die erste Chance der Begegnung heraufzubeschwören: Michael Ulbricht patzte vorm HSV III-Sechzehner, so dass Onur Tüysüz an den Ball kam und es aus halbrechter Position mit einem Heber versuchte. Keeper Yannick Heuer konnte so gerade noch die Hände hochreißen und die Kugel über die Latte lenken. Auch der zweiten V/W-Chance ging ein Fehler von Ulbricht voraus: Nach einem langen Ball, den Atef Zakerwal gespielt hatte, gelang es ihm nicht, gegen Ozan Gencel zu klären, so dass Heuer dessen Schuss aus spitzem Winkel entschärfen musste (16.). Der HSV III aber hatte obwohl er bis dahin nicht auffällig geworden war, dann aber doch die größte Gelegenheit des ersten Durchgangs: Mladen Tunjic behauptete im Zweikampf die Kugel, spielte ihn diagonal auf Emre Yasar, der wiederum Volkan Karadeniz in Szene setzte. Der aber brachte das zweifelhafte Kunststück fertig, aus drei Metern zu vergeben (31.).

Nach dem Seitenwechsel dauerte es nur drei Minuten, ehe Hansa-Landesligist Billstedt in Führung ging: Ulas Dogan startete rechts durch, legte die Kugel ins Halbfeld hinter die Viererkette des HSV III und Ozan Gencel vollendete am zweiten Pfosten zum 1:0 (48.). Nur sieben Minuten später vergab Yasar, dessen Schuss am linken Tor-Eck vorbeiging für den HSV III (55.). Billstedt hätte durch Gencel (58.) und Dogan schon vorzeitig auf 2:0 erhöhen können, tat dies aber erst in der 63. Minute per Strafstoß. Dogan, zuvor selbst von Ulbricht im Sechzehner von den Beinen geholt, traf vom Punkt zum 2:0 für den Hansa-Zweiten, der ab der 67. Minute in Überzahl agierte. Lukas Schaube hatte an der Mittellinie Tüysüz rustikal von den Beinen geholt und dafür von Referee Philip Roedig die Rote Karte gezeigt bekommen.

Kreutzer: „Jetzt liegt es am Verein, da etwas Vernünftiges draus zu machen“

V/W-Ersatzkeeper Boris Lastro (re.) verpasste seinem Coach Dennis Kreutzer die erste kalte Dusche nach dem Schlusspfiff. Foto: Heiden

Mit einem Mann mehr verpasste es V/W, den dritten Treffer nachzulegen. Und das gleich mehrfach: Dogan (71.) und Mou-Inzou Bachir (79., 87.) fanden jeweils ihren Meister in Schlussmann Heuer. Für den HSV III reichte es nur noch zum 1:2-Anschlusstreffer, nachdem Bauer einen Angriff eingeleitet hatte, bei dem Tunjic im Rücken der Abwehr nach Bauers Anspiel für den Torschützen Veli Sulejmani auflegte (7.). Nachdem Billstedt auch die dreiminütige Nachspielzeit überstanden hatte, durfte nun frischgebackene Neu-Oberligist dann seinen Aufstieg bejubeln und Dennis Kreutzer das Spiel und seine Gefühlslage in Worte fassen. „Als Gökhan und ich hier angefangen haben, haben wir gesagt, dass es unser Ziel ist, den Verein in die Oberliga führen zu wollen. Diesem Versprechen sind wir nachgekommen“, erklärte der V/W-Coach, „ich muss den Jungs ein Kompliment machen. Es ist überragend, wie sie mitgezogen haben. Wir haben mutig gespielt, weil wir wussten, wie wir den HSV III knacken können. Hinten raus hätten wir heute das Ergebnis noch deutlicher gestalten können.“

Besonders bemerkenswert; Obwohl Kreutzer und Acar schön frühzeitig bekanntgaben, in der nächsten Saison den FC Türkiye zu trainieren und auch diverse Spieler den Verein verlassen werden, „wollten wir es alle bis zum Ende durchziehen und haben genau das gemacht. Besser geht’s nicht. Die Jungs haben eine tollen Charakter“, lobte Kreutzer und bekannte: „Im Nachhinein tut es schon ein bisschen weh, jetzt zu gehen. Aber: Wir haben unsere Aufgabe mit Bravour erfüllt, jetzt liegt es am Verein, da etwas Vernünftiges draus zu machen.“ Dass er V/W den Aufstieg nach einer Woche, „in der wir nicht trainiert, sondern uns gepflegt und viele Gespräche geführt haben, zusammen mit der Mannschaft essen waren und über die menschliche Schiene noch einmal viel in Sachen Teambuilding gemacht haben, passt ins Bild.“ Auch die acht Ausfälle wegen Urlaub und Verletzungen (Kreutzer humorvoll: „Wenn sich einer verletzt hätte, hätten Gökhan oder ich am Ende noch spielen müssen...“) konnten den Hansa-Ligisten nicht stoppen. Und so durfte sich bei den Billstedtern einer am Ende über etwas ganz Besonderes: Für Keeper Yalcin Ceylani bedeutete der Sieg den insgeamt sechsten Oberliga-Aufstieg seiner Karriere.

Jan Knötzsch