Landesliga 03
2. Spieltag


Eimsbütteler TV

4

:

0


Eintracht Lokstedt

Anpfiff

Fr - 20.08. 20:15 Uhr

Spielstätte

Lokstedter Steindamm

Zuschauer

180

Schiedsrichter

Kevin Klüver (E. Norderstedt)

Landesliga 03

Ohne den „Chef“, aber mit erfolgreichem Spieler-Interimstrainer: ETV ganz cool und „ruhig“ gegen dezimiertes Lokstedt!

Der Dreh- und Angelpunkt im ETV-Spiel: Finn Schützt (li.) war nur schwer vom Ball zu trennen. Hier versucht es Omar Boutrif (Mi.). Foto: noveski.com

Als Trainer und Manager in Personalunion verkörpert Koray Gümüs das „englische Modell“ beim Eimsbütteler TV. Nicht erst seit dieser Saison gilt Gümüs mit seinem ETV als eines der Aushängeschilder der Landesliga und absoluter Aufstiegsaspirant. Zwar bekamen die Ambitionen der Mannen vom Lokstedter Steindamm mit dem fast schon sensationellen Pokal-Aus gegen Kreisklassist FC Hamburger Berg (0:2 n. E.) einen herben Dämpfer, aber zum Saisonstart war man voll da. Mit 7:0 fertigte der ETV den SV Bergstedt an der Teekoppel hat. Im ersten Heimspiel gegen Eintracht Lokstedt (alle Highlights im LIVE-Ticker) mussten die Eimsbütteler allerdings auf ihren Chefcoach verzichten…

Eigentlich kehrte Khalid Atamimi als Spieler zurück zum ETV. Im ersten Heimspiel fungierte der verletzte Kapitän aber als Interimstrainer. Foto: noveski.com

Er bekam kaum ein Wort raus, wirkte angeschlagen – und musste dem Spiel seiner Elf fernbleiben. „Zum Glück kein Corona“, entgegnete Koray Gümüs noch am Freitagmittag mit dem letzten Keuchen, das seine Stimme zu jenem Zeitpunkt noch hergab. Glücklicherweise hat der ETV in diesem Sommer einen Mann auf die Fußballbühne zurückgeholt, der am 28. August 2016 sein letztes Ligaspiel auf Amateurebene absolvierte. Damals unterlag er mit Inter Hamburg dem HSV III mit 1:5 und sah in der 52. Spielminute die Rote Karte. Nun will Khalid Atamimi noch einmal angreifen, ein Muskelfaserriss hat ihn jedoch erst einmal außer Gefecht gesetzt. Und so übernahm er am Freitagabend die Rolle des Interimstrainer für den krankheitsbedingt abwesenden Gümüs. Mit Erfolg! Doch der Reihe nach…

Josipovic greift in die Motivationstrickkiste

Jon Pauli hat keine Mühe mehr, das Runde nach einem Schütt-Zuspiel im verwaisten Eckigen unterzubringen. Foto: noveski.com

„Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren“, kündigte Anto Josipovic bereits im Vorfeld des Derbys beim Eimsbütteler TV an, dass er sich auch im Falle einer Niederlage nicht hinstellen und sagen würde, dass ihm 13 (!) Mann nicht zur Verfügung gestanden haben. Vielmehr versprach der Cheftrainer von Eintracht Lokstedt bereits am Freitagvormittag – in Bezug auf die von Bertolt Brecht zitierte Redewendung: „Wir werden kämpfen!“

Und so griff der Coach der Eintracht vor dem ersten Ligaspiel seiner Elf in die Motivationstrickkiste. Zunächst zeigte er seinen verbliebenen „Kriegern“ ein Video vom fast schon sensationellen Last-Minute-Sieg des SV Schalding in der Regionalliga Bayern gegen den bis dato ungeschlagenen und schier übermächtigen FC Bayern II (2:1). Dann führte er seinen Jungs den nicht minder überraschenden Erfolg von Mainz 05 mit einer absoluten Not-Elf gegen RB Leipzig zu Gemüte (1:0). Auch der FSV schien durch zahlreiche Corona-bedingte Ausfälle chancenlos, schaffte aber das kleine Wunder. Was die Anzahl der abwesenden Spieler betrifft, konnte „Lokke“ vor dem Duell mit dem ETV absolut mit den Mainzern mithalten.

Nackenschlag mit dem Pausenpfiff

Klarer Fall: Während Mohamed Ali (li.) in der Elfer-Situation Hammed Nawaz am Knöchel trifft, monierten die Gäste zuvor eine Abseitsstellung. Foto: noveski.com

Josipovic musste unter anderem ohne seinen Kapitän Ersin Cavus, Luis Gleich, Ante und Mario Beslic, Alexander Gäde, Josip Pajcic, Kevin Eßrich, Jan Johansen oder auch Cristiano Mirolho die Reise an den Lokstedter Steindamm antreten. Und so fanden sich Spieler auf zum Teil ungewohnten Positionen wieder. Zehn Minuten hielt sich die neuformierte Mannschaft der Eintracht schadlos. Dann aber brach Jon Pauli durch, nutzte nach einem feinen Pass von Finn Schütt die Konfusion in der Hintermannschaft und beförderte das Spielgerät im zweiten Anlauf in die Maschen (10.).

Die Hausherren, die ihrerseits auf Leistungsträger wie Fabian Hürzeler (als Co-Trainer des FC St. Pauli mit den Kiezkickern bereits zum Gastspiel nach Paderborn gereist) oder Bamo Mohamed verzichten mussten, wurden ihrer Favoritenrolle gerecht, allerdings biss sich Lokstedt ins Spiel hinein. Mitten in diese Phase rein und quasi mit dem Pausenpfiff folgte jedoch der nächste herbe Nackenschlag: Mohamed Ali, gelernter (Außen-)Stürmer, der dieses Mal als Rechtsverteidiger aushelfen musste, brachte ohne jede Not den auf halblinks durchbrechenden Hammed Nawaz zu Fall. Elfmeter. Theo Schröder blieb trotz längerer Unterbrechung ganz cool und verdoppelte die Führung (45. +2).

"Wie lange noch? Gehen wir jetzt drauf?"

Theo Schröder behielt vom Punkt die Nerven und stellte mit dem Pausenpfiff auf 2:0. Foto: noveski.com

Apropos Theo Schröder: Der Angreifer des ETV hatte nach der Pause ein kleines Privatduell mit Lokstedt-Keeper Jan Giesecke. Meist blieb der Schlussmann Sieger, nur in Minute 50 musste er sich dem „Blondschopf“ der Eimsbütteler geschlagen geben, als dieser einen Schütt-Schuss noch entscheidend abfälschte (50.). Die Schlussphase war bereits angebrochen, als Lokstedts umfunktionierter Rechtsverteidiger Ali in Richtung Bank rief: „Anto, wie lange noch? Gehen wir drauf?“, fragte er seinen Coach elf Zeigerumdrehungen vor Ultimo – und bekam ein Abwinken von Josipovic als Antwort.

Der Übungsleiter der „Döhrntwietler“ wusste genau, dass die Entscheidung bereits gefallen war. Vielmehr machte er sich 120 Sekunden vor Ultimo große Sorgen um seinen Stürmer Omar Boutrif, der nach einem Sprint plötzlich humpelte. „Omar, mach keinen Scheiß jetzt“, hatte Josipovic die Befürchtung, dass sich sein Lazarett weiter vergrößern würde. Doch der Torjäger brachte die Partie zu Ende – und musste sogar noch mitansehen, wie der eingewechselte Jeffrey Ekue Mensah einen Bock der Gäste in der Vorwärtsbewegung mit einer sehenswerten Einzelaktion bestrafte (90.).

"Sie sind immer ruhig geblieben und haben ihren Plan durchgezogen"

ETV-Kapitän Finn Schütt leitete den Führungstreffer ein und hatte auch beim 3:0 mit seinem Schuss maßgeblichen Anteil am Erfolg. Foto: noveski.com

Ein rundum gelungener und geglückter Einstand für Gümüs-Ersatz Khalid Atamimi, ein ernüchternder Liga-Auftakt für Lokstedt: „Wir hatten Phasen, wo man das Gefühl hatte: Jetzt sind wir drin, jetzt sind wir da. Und genau in diesen Momenten hat der ETV die Tore gemacht, gute Szenen gehabt und die entscheidenden Zweikämpfe gewonnen. Für mich waren sie heute einen Schritt weiter, als wir es jetzt sind“, bilanzierte Josipovic – und präzisierte den letzten Aspekt auf Nachfrage: „Sie sind als Mannschaft weiter und wissen, wo sie stehen. Sie sind immer ruhig geblieben, haben ihren Plan durchgezogen und gar keine Unruhe aufkommen lassen“, lobte er den Gegner – und konstatierte in Bezug auf die Vorgaben an sein Team: „Wir hatten ein paar Sachen angesprochen, die wir anders machen wollten.“


Zum Beispiel: „Bestimmte Bälle in die Halbfelder spielen, um den Kontrahenten in Laufduelle zu verwickeln. Leider haben wir das gar nicht gemacht, sondern versucht, unser normales Spiel mit kurzen Bällen zu spielen. Und dafür ist das Gegenpressing des ETV zu stark. Genau das wollte ich vermeiden.“ Die äußerst dünne Personaldecke wollte Josipovic überhaupt nicht thematisieren, sondern erkannte die Stärke des ETV neidlos an. Abschließend wagte er dennoch eine kleine Prognose: „Nach Berne werden alle wieder da sein“, schmunzelte er.

Wann hat Khalid Atamimi von seiner neuen Aufgabe erfahren? Wie empfand er die Erfahrung als Cheftrainer? Wie hat er das Spiel seiner Mannschaft gesehen? Und welche Worte hat er in Richtung Koray Gümüs zu sagen? Alle Antworten gibt's im Video-Interview!