Landesliga 03

Kainzberger: „Die Enttäuschung ist noch immer groß, kurz vor Weihnachten vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden“

Ralph Kainzberger spricht über seine Enttäuschung nach dem Condor-Aus. Foto: noveski.com

Im Sommer 2019 trat Ralph Kainzberger das Unterfangen an, das in die Landesliga abgestürzte langjährige Oberliga-Schwergewicht SC Condor wieder aufzurichten. Glanz und Charme vergangener Tage waren längst verflogen – die „Raubvögel“ flogen nicht mehr so hoch und bissen schon gar nicht mehr so vehement zu, sondern befanden sich eher im steilen Sturz- und Sinkflug nach unten.

Zweieinhalb Jahre lang war Kainzberger (Mi.) nach dem Oberliga-Abstieg beim SCC als Trainer tätig. Foto: noveski.com

Mit neuem Vorstand und nahezu runderneuerter Mannschaft startete Kainzberger – zusammen mit Co-Trainer Bernhard Schwarz – die Wiederaufbaumaßnahmen am Berner Heerweg. Gut zweieinhalb Jahre später befinden sich die Farmsener auf dem sechsten Tabellenplatz in der Landesliga-Staffel 3 – und Kainzberger/Schwarz sind nicht mehr im Amt. Am 10. Dezember verkündete der Verein die Trennung vom Duo und installierte André Kruse, der zuletzt schon dem Trainerteam angehörte, als Nachfolger. Mit einigen Wochen Abstand für Kainzberger, der sich lange rar machte und nicht öffentlich äußern wollte, auch heute noch ein Schock: „Die Enttäuschung ist groß, dass man kurz vor Weihnachten aus dem Nichts vor vollendete Tatsachen gestellt wird.“

"Habe mir vorzuwerfen, den Spielern eine zu lange Leine gelassen zu haben"

Dabei betont der 53-Jährige, dass er mit dem sportlichen Abschneiden auch nicht zufrieden sei und gesteht ohne Wenn und Aber eigene Fehler ein: „Ich habe mir vorzuwerfen, dass ich den Spielern eine zu lange Leine gelassen habe. Ich hätte härter durchgreifen müssen.“ Der Grund, weshalb er an der Trennung „immer noch schwer zu knabbern“ habe, sei aber, dass ihm wenige Tage vor dem Schritt des Vereins von Seiten des Vorstandes noch „das komplette Gegenteil gesagt und versichert wurde“, wie uns Kainzberger erzählt. Allerdings wolle er nicht ins Detail gehen und schon gar keine schmutzige Wäsche waschen.

Ein Fakt ist jedoch – zumindest nach unseren Erkenntnissen und Informationen: Vorstandschef Heiko Gevert hat Kainzberger kurz vor der Entlassung noch das uneingeschränkte Vertrauen ausgesprochen. „Hätte man mir gesagt, es ist ein Muss, unter die ‚Top Drei‘ zu kommen oder dort bis zur Winterpause zu stehen, dann hätte ich mich darauf vorbereiten und auch ein Stück weit verstehen können, dass es eng für mich wird“, baut der Übungsleiter keinerlei Luftschlösser. Stattdessen wurde aber über den Fahrplan für die Zukunft gesprochen – eine gemeinsame Zukunft. „Wir haben bereits die Planung für die Rückserie und sogar schon für die kommende Saison gemacht. Das sportliche Abschneiden war nicht einmal ein Thema!“

"So lange ich Erster Vorsitzender bin, bist du mein Trainer"

Kainzberger war stets viel an einem guten Miteinander im Gesamtverein gelegen. Umso größer wiegt die Enttäuschung nach der Trennung. Foto: noveski.com

Ganz im Gegenteil. Denn unseren Informationen zu Folge kam es von Vorstandschefseite sogar zum Versprechen in Richtung Kainzberger: „So lange ich Erster Vorsitzender bin, bist du mein Trainer.“ Man habe bereits nach vorne geblickt, würde mit dem Chefcoach sogar den Weg in die Bezirksliga gehen. Doch ein paar Tage später folgte die große Rolle rückwärts. „Ich habe mich auf die Worte von Heiko verlassen. Deshalb bin ich persönlich sehr enttäuscht.“ Wie wir erfuhren, soll sich der Mannschaftsrat – vor allem drei Spieler – gegen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Trainergespann ausgesprochen haben.

Lange Zeit hatte Kainzberger vergeblich um Hilfe und Unterstützung – vor allem aus dem eigenen Stall von „Ur-Condoranern“ – gebeten. Und plötzlich wurden mit Heiko Berndt und Söhren Grudzinski zwei Mann aus der Alten Herren, die beide die „SCC-DNA“ versprühen, fürs Liga-Management verpflichtet. Wie uns Kainzberger auf Nachfrage bestätigt, ging sogar Grudzinski zum Zeitpunkt der Einigung noch von einer Zusammenarbeit mit ihm aus. Doch dazu kam es nicht.

"Der Zeitpunkt war blöd"

Dennoch will der nun Ex-Trainer zum Ausdruck bringen: „Der Vorstand macht gute Arbeit für den Gesamtverein“, aber in die Fußballabteilung wird offenbar nicht so viel Energie reingesteckt. „Ich mache den Leuten keinen Vorwurf und kam auch immer gut mit dem Vorstand klar. Aber der Zeitpunkt kurz vor Weihnachten war blöd und halt die Tatsache, dass es kurz zuvor noch in eine ganz andere Richtung ging.“

Liebend gerne hätte sich Kainzberger, der vor seiner Tätigkeit bei Condor auch bei Altona 93 II, der U19 von Niendorf und dem SC V/W Billstedt II in Amt und Würden war, auf seine Arbeit als Cheftrainer fokussiert. Stattdessen musste er sich um so viele Dinge mehr kümmern. In der Winterpause nahm er sich „aus Langeweile“ der alten Kabine an und verpasste dieser einen neuen Anstrich – im Condor-Style. Zudem holte er Sponsoren ran und akquirierte einen Masseur, einen Physiotherapeuten, einen A-Jugendtrainer sowie einen Co-Trainer für die U23 und kümmerte sich zuweilen auch um die Nachbestellung von Klamotten. Dinge, für die auf diesem Niveau eigentlich andere Personen zuständig sein sollten.

"Das letzte Bild passt nicht in den Gesamteindruck rein"

Impulsiv an der Seitenlinie: Ralph Kainzberger hat noch immer an der Entscheidung des Vereins "zu knabbern". Foto: noveski.com

„Mir war es stets wichtig, den Gesamtverein abzuholen und jeden mitzunehmen, für eine Kommunikation mit allen Verantwortlichen zu sorgen und auch eine gewisse Durchlässigkeit und Nachhaltigkeit sowie sportliche Perspektive zu schaffen“, spricht Kainzberger unter anderem auf die „sehr gute Zusammenarbeit“ mit der Zweiten und sogar Dritten Mannschaft an, die stets Unterstützung aus der Liga erhielten. „Mein Ziel war es immer, dass wir als Verein zumindest eine Mannschaft hochbekommen“, so Kainzberger, der in den Ferien aus eigenen Stücken sogar bei der Kinderbetreuung im Verein mit- und aushalf und sich vollauf mit dem SC Condor identifizierte. Umso enttäuschter ist er nun, dass „das letzte Bild nicht in den Gesamteindruck reinpasst“, da der Draht zum Ersten und Zweiten Vorsitzenden bis dato ausgesprochen gut gewesen sei.

Auch in Bezug auf die Außendarstellung wurde von Vereinsseite so gut wie gar nichts getan. Scheinbar ist man nicht aus der Komfortzone rausgekommen. Wohl einer der Hauptgründe, weshalb der SC Condor nicht mehr der SC Condor von einst, sondern mittlerweile ein mittelmäßiger Landesligist ist.