Bezirksliga West

„Ich vermisse den ‚alten‘ Emre am meisten und möchte ihn am ehesten wiedersehen!“

Beim SC Condor startete er einst fulminant in seine Herren-Laufbahn - nun will Emre Coskun (re.) beim SV Lurup neu angreifen. Foto: Bode

Ihm stand ein durchaus verheißungsvoller Werdegang bevor – doch zuletzt war es sehr still um Emre Coskun geworden. In seinem ersten Herrenjahr schwang er sich beim SC Condor bereits zum großen Hoffnungsträger der Zukunft auf, erzielte 13 Tore in 25 Einsätzen und weckte damit Begehrlichkeiten bei ambitionierten und auch höherklassigen Vereinen. Unter anderem klopfte der große FC St. Pauli an die Tür des damals 19-Jährigen, der den Lockrufen nicht wiederstehen konnte und die U23 der „Kiezkicker verstärken sollte. Doch weder beim Regionalligisten noch beim FC Teutonia 05 lief es für Coskun nach Wunsch, auch eine Rückkehr in sein gewohntes Umfeld und zurück „nach Hause“ zum SC Condor brachte nicht den erhofften Erfolg. Stattdessen war der mittlerweile 23-Jährige zuletzt kurzzeitig beim Bezirksligisten MSV Hamburg aktiv. Nun möchte Coskun beim SV Lurup wieder angreifen und möglichst zu alter Stärke zurückfinden. Wir haben mit ihm über seine bisherige Laufbahn, Ziele und Ambitionen gesprochen…

FussiFreunde: Emre, was hat dich dazu bewogen, zum SV Lurup zu wechseln?

13 Tore in 25 Einsätzen erzielte Coskun (re.) in seiner ersten Herren-Saison für die "Raubvögel". Foto: KBS-Picture.de

Emre Coskun: „Der Verein und ich haben dieselbe Zielsetzung. Der SV Lurup ist ein Traditionsverein – und war zu meiner Zeit, als ich in die Oberliga gekommen bin, selbst noch in der höchsten Hamburger Spielklasse vertreten. Wir wollen wieder einen Schritt nach oben machen – und auch ich selbst möchte wieder in Fahrt kommen. Ein weiterer Grund ist, dass ich einige Jungs aus meiner Teutonia-Zeit kenne. Ich kann also mit alten Bekannten wieder ambitioniert zusammenspielen und auf ein Ziel hinarbeiten – und das auf solch einer tollen Anlage.“

Technisch versiert, schnell und torgefährlich: Emre Coskun überzeugte beim SCC auch die Talentspäher des FC St. Pauli. Foto: KBS-Picture.de

Blicken wir mal ein wenig auf deine bisherige Laufbahn zurück: Du bist bei Condor in deiner ersten Herren-Saison gleich so richtig durchgestartet und hast derart auf dich aufmerksam gemacht, dass St. Pauli II dich unbedingt haben wollte und du dann auch in die Regionalliga gewechselt bist. Würdest du im Nachhinein sagen, dass der Schritt zu früh kam?

Coskun:
„Zunächst einmal ist mir wichtig, zu erwähnen, dass ich Christian Woike mehr als dankbar dafür bin, dass er mir das Vertrauen geschenkt und mir das alles überhaupt erst ermöglicht hat! Das ist in den letzten Jahren ein bisschen zu kurz gekommen. Ich konnte mich in der Öffentlichkeit nie so richtig bei ihm bedanken. Denn das alles konnte nur dank seines Vertrauens und seiner Arbeit passieren. Die Frage würde ich mit einem großen ‚Jein‘ beantworten. Denn wenn man mit 18 Jahren anfängt, in der Oberliga zu kicken, im ersten Herrenjahr so durchstartet und solch ein geiles Jahr erlebt, dass sich kurz vor der Sommerpause der Manager von St. Pauli meldet und das Interesse des Vereins an deiner Person bekundet, dann ist das für jeden Fußballer das geilste Gefühl überhaupt. In dem Moment ist man voller Euphorie und einfach nur glücklich, aber natürlich kommen im Nachhinein 1000 Fragen auf – auch die, ob der Schritt zu früh kam. Vielleicht hätte ich im ersten Schritt bei Condor bleiben sollen, aber ich würde es nicht als Fehler oder einen Schritt zu früh ansehen, denn zu dem damaligen Zeitpunkt war auch ein großer Faktor, warum ich letztlich gewechselt bin, dass ich zu der Zeit viel mit Verletzungen zu kämpfen hatte. Sowohl im letzten Jugend- als auch im ersten Herrenjahr. Daran habe ich auch gedacht, dass ich durch den Wechsel zu St. Pauli viel bessere Möglichkeiten habe, meine Verletzungen in den Griff zu bekommen – neben dem Aspekt, dass in diesem Moment einfach nicht mehr geht, als mit einem Verein wie St. Pauli in der Regionalliga zu spielen. Deshalb würde ich im Nachhinein nicht sagen, dass ich den Schritt zu früh gemacht habe.“

Heißt auch, du würdest du die Entscheidung mit etwas Abstand nochmal genau so treffen?

In der Jugend kickte Coskun (re.) für den SC Union 03, SC V/W Billstedt und eben SC Condor, wo er schließlich auch den Sprung schaffte. Foto: Bode

Coskun: „Ich denke, ja. Ich bin ein risikofreudiger Mensch, springe auch gerne ins tiefe Wasser, und will die Leute auf dem Platz davon überzeugen, dass ich ein guter Kicker bin. Deshalb denke ich schon, dass ich den Schritt nochmal so gewagt hätte. Viele Leute sehen nur, dass ich gar keine Einsatzzeit erhalten habe. Aber man muss da auch ein bisschen unterscheiden. Wenn mich heute jemand fragt, ob das zu früh war und warum ich nicht gespielt habe, dann sage ich: Das kann man so sehen. Es gibt aber viele Gründe, warum ich nicht gespielt habe – wie zum Beispiel der leider sehr große Faktor mit den vielen Verletzungen. Jeder, der mich kennt und begleitet hat, weiß, dass ich damit nun mal große Probleme hatte – diese haben mich auch bei St. Pauli verfolgt. Dementsprechend wurde ich nie richtig fit und konnte auch nie an meine Leistungen bei Condor anknüpfen. Es war nämlich nicht so, dass ich topfit mittrainiert, aber nie gespielt habe, sondern vielmehr so, dass ich nie richtig fit wurde.“

In der darauffolgenden Saison bist du von den „Kiezkickern“ zu Teutonia 05 weitergezogen und warst im Vorfeld einer der Top-Transfers. Dennoch lief es bei T05 auch nicht so rund. Warum nicht?

Doch schon in seinem letzten Jugend- und im ersten Herrenjahr plagte sich Coskun oft mit Verletzungen herum. Foto: KBS-Picture.de

Coskun: „Es gab das Interesse von St. Pauli, den Vertrag zu verlängern, obwohl ich nicht gespielt habe. Sie haben weiterhin das Potenzial in mir gesehen. Ich habe mich dann aber dagegen entschieden, weil ich mir dachte: Vielleicht ist es besser, wieder einen Schritt zurück zu gehen, um einen neuen Anlauf zu nehmen. Aber das lief leider auch nicht so rund. Dieses Mal lag das gar nicht an Verletzungen, sondern an verschiedenen anderen Faktoren. Vielleicht war das größte Problem, dass ich den Transfer mit dem damaligen Manager Bert Ehm fix gemacht habe – und nicht mit dem Trainer Sören Titze selbst. Wenn man mit dem Trainer in einem Verhandlungsgespräch sitzt, ist es einfach ein ganz anderes ‚Feeling‘. Er kann dir offen und ehrlich sagen, was seine Pläne mit dir sind. Wenn du den Trainer aber das erste Mal beim Vorbereitungsbeginn siehst, dort auch das erste Mal mit ihm kommunizierst, ist das immer so eine Sache. Da stellt man sich dann schon die Frage, ob der auf einen baut oder eben nicht. Und ich hatte schnell das Gefühl, dass der Trainer nicht auf mich baut – was auch völlig fein ist. Denn jeder Trainer hat seine eigene Sichtweise, eine eigene Idee und Spielphilosophie. Von daher bin ich auch niemandem böse, sondern habe mich dann dazu entschlossen, zum SC Condor zurückzugehen.“

Nach den ganzen Erfahrungen zuletzt: Inwieweit ist dir der Spaß am Fußball abhandengekommen?

Nichtsdestotrotz verpflichtete ihn der FC St. Pauli für die U23-Mannschaft in der Regionalliga. Foto: KBS-Picture.de

Coskun: „Das ist leider so, dass mir der Spaß am Fußball in den letzten ein, zwei Jahren auf jeden Fall genommen wurde. Nicht von einer einzelnen Person, sondern auch aufgrund meiner ganzen Verletzungsprobleme. Dadurch kann man einfach nicht frei aufspielen und so aufblühen, wie man es eigentlich tun könnte. Wenn man verletzt ist, ist man gefrustet – und wenn man dann mal nicht verletzt ist, ist immer der Gedanke da: Hoffentlich verletze ich mich nicht wieder. Ich konnte nie mehr vom Kopf her frei aufspielen. Natürlich hat das den Spaß an sich schwinden lassen.“

Welche Fehler würdest du dir im Nachhinein ankreiden?

Coskun: „Ich würde sagen, wenn ich in meiner Vergangenheit etwas hätte anders machen können, dann ist es vielleicht der Punkt, dass ich während oder nach meiner ersten Oberliga-Saison bei Condor eine einjährige Pause hätte einlegen müssen. So hart das auch klingt – und ich glaube, dass das wirklich niemand machen würde, wenn er in dem jungen Alter am Durchstarten ist und das Auge einiger Verein auf sich gerichtet hat. Aber in dem Moment wäre es wohl das Beste gewesen, weil ich diese Pause gebraucht hätte für meine Genesung. Ich habe jetzt im letzten Jahr mit Reha-Sport angefangen und hätte mich schon vorher darauf konzentrieren sollen. Dann hätte ich eventuell wieder Vollgas geben können und es wäre heute vielleicht alles ein wenig anders. Aber ich bin darüber gar nicht so frustriert, weil diesen Schritt vermutlich niemand gemacht hätte.“

Zuletzt warst du in der Bezirksliga beim MSV Hamburg aktiv, nun geht‘s nach Lurup. Wie groß sind bei dir die Motivation und Vorfreude auf die Saison?

Doch weder bei den "Kiezkickerchen" noch beim FC Teutonia 05 oder auch nach seiner Rückkehr zum SC Condor lief es für Coskun nach Wunsch. Foto: KBS-Picture.de

Coskun: „Beim MSV war ich ja nur einen Monat. Dann habe ich mir gesagt, dass ich jetzt eine Pause und Zeit für mich und meinen Körper brauche. Ich wollte einfach alles wieder soweit hinkriegen, dass ich wieder leistungsbezogen Fußball spielen kann. Ich habe für mich gemerkt und eingesehen, dass es einfach nichts mehr bringt, von einer Verletzung in die nächste zu geraten. Ich habe mir jetzt eine einjährige Auszeit genommen. Ich kann zwar nicht beschwören, dass es nicht doch wieder aufkommt, aber ich kann für mich sagen, dass ich viel dafür getan habe, wieder ein ganz anderes Gefühl in den Bereichen zu haben, wo ich immer wieder verletzt war. Das spiegelt auch meine Motivation wider, dass ich mir ein Jahr lang mit voller Konzentration zwei- bis dreimal die Woche nur darauf hingearbeitet habe, diese Saison wieder zu spielen. Mehr Motivation kann man eigentlich nicht zeigen. Ich bin jedenfalls hochmotiviert und die Vorfreude auf das erste Punktspiel ist so dermaßen groß! Meine Erwartungen – einfach alles ist auf dem höchsten Level. Jetzt muss man schauen, was die Zukunft bringt und was die Beine so sagen.“

Wie sehen denn deine persönlichen Ziele mit Lurup aus?

Coskun: „Ich weiß nicht, wie das jeder einzelne Spieler für sich oder der Verein sieht – aber für mich persönlich gibt es nur ein Ziel: Das ist der Aufstieg! Ich möchte so wenig wie möglich verletzt sein, der Truppe so gut es geht helfen und meine Mannschaft in die Landesliga schießen. Das ist für mich das einzige Ziel.“

Abschließend: Wann werden wir „den alten“ Emre Coskun wiedersehen?

Nun freuen sich Daniel Domingo (li.) und der SV Lurup auf die Dienste von Coskun, der am Vorhornweg zu alter Klasse zurückfinden will. Foto: privat

Coskun: „Ich hoffe, dass wir, wenn Anfang September die Saison beginnen sollte, alle wieder Spaß am ‚alten‘ Emre haben, vielleicht sogar eine bessere Version sehen können. Ich glaube, ich lehne mich auch nicht weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass ich derjenige bin, der den ‚alten‘ Emre am meisten vermisst und ihn am ehesten wiedersehen möchte. Aber wie gesagt: Ich kann nur betonen, dass ich so viel Zeit, Schweiß und Herz investiert habe, um wieder anfangen zu können. An dem Punkt bin ich jetzt angelangt. Jetzt kommt dann ja auch erstmal die Vorbereitung, die ich auch noch dazu nutzen kann, an der Fitness zu arbeiten. Ich bin jedenfalls guter Dinge. Denn wir haben ein geiles Team, einen super Manager und einen top Trainer. Mehr geht nicht. Ich hoffe, dass all das dazu beitragen kann, dass man den ‚alten‘ Emre wiedersehen kann, aber natürlich auch, dass der ‚alte‘ Emre der Mannschaft zum Erfolg verhelfen kann.“