Oberliga

„Heusi“ hört auf: Vom „Zappelphilipp“ zum Mr. HSV III

Nach 16 Jahren in Diensten des Hamburger SV III beendet Yannick Heuer seine aktive Laufbahn. Foto: KBS-Picture.de

Er wisse nicht, wie oft er in den letzten Jahren gefragt wurde, warum er denn nicht zu einem anderen Verein wechseln würde. All denen könne er heute sagen: „Weil ich nie das Gefühl hatte, dass es mir irgendwo anders besser gehen würde“, untermauert Yannick Heuer seine ungemeine Vereinstreue. 16 Jahre lang hütete er das Tor des Hamburger SV III – doch nun ist Schluss! „Heusi“ hängt die Stiefel – oder in dem Fall besser gesagt die Handschuhe – an den Nagel. „Die Zeiten, in denen man seinem Verein über Jahre treu geblieben ist, scheinen fast vorbei zu sein. Vielleicht ist es mittlerweile normal, dass man seine Truppe verlässt, weil es woanders 12,70 Mark mehr gibt“, mutmaßt er. „Für mich kam es aber nie in Frage!“ Stattdessen ging er mit den „Rothosen“ durch dick und dünn – und erlebte den Absturz bis in die Niederungen der Bezirksliga genauso mit wie den späteren Aufstieg in die Hamburger Beletage. Wir haben mit dem 34-Jährigen seine 16-jährige Laufbahn beim HSV III Revue passieren lassen.

Yannick Heuer über…

… sein erstes Training beim HSV III:

Auch wenn er sich zuletzt mit der Rolle als Nummer zwei anfreunden musste, war Yannick Heuer (Mi.) immer mit vollem Einsatz für seinen HSV III dabei. Foto: KBS-Picture.de

„Ich war damals noch Spieler bei meinem Heimatverein TSV Eppendorf-Groß Borstel. In der E-Jugend hatten wir, die kleinen Jungs, ein Pokalspiel gegen den ‚großen‘ HSV und haben 17 oder 18 Dinger bekommen. Danach kam der Trainer vom HSV zu mir und fragte, ob ich nicht mal zum Training vorbeikommen wolle – wohlgemerkt nachdem ich 17 oder 18 Mal hinter mich greifen musste. Ich habe dann erst beim Training zugeschaut und bin dann letzten Endes auch dorthin gewechselt, wurde aber von meinem Heimatverein für neun Monate gesperrt. Das war 1996 und ich war gerade mal zehn Jahre alt. Da trifft einen so etwas schon enorm. Ich erinnere mich aber noch, wie man damals vom einen zum anderen Tor gehen konnte, ohne dabei auch nur einen einzigen Grashalm zu berühren, weil das zu der Zeit ein unglaublicher Acker war. Und woran ich mich auch noch erinnere: Ich kam damals noch nicht an die Latte. (lacht)“

… seine erste Partie:

In der damaligen Aufstiegsrunde um die Landesliga-Rückkehr musste sich der HSV III - mit Heuer (3. v. li.) - trotz Führung der SVHR II mit 1:2 geschlagen geben. Foto: KBS-Picture.de

„Das muss in der E-Jugend gewesen sein – aber ich kann mich daran nicht mehr genau erinnern, weil ich ewig gesperrt war und immer nur mittrainieren konnte. Deshalb wird das in einem Testspiel der Fall gewesen sein. Mein erstes Herrenspiel für den HSV III war in der Saison 2004/05 in der Landesliga gegen den SC Bosna. Im Nachhinein habe ich gehört, wie unser damaliger Co-Trainer Norbert Lengemann mit unserem Trainer Jogi Meyer gesprochen hat – und der im Vorfeld der Saison zu ihm sagte: ‚Wir haben gute Spieler, außer den Torwart. Der kann nix und ist ein Zappelphilipp.‘ (lacht)“

... sein emotionalstes Spiel:

„Das wurde mir durch die Corona-Krise leider genommen! Ich bin mir sicher, dass mir ‚Rabe‘ und ‚Rahner‘ (Trainerteam Marcus Rabenhorst und Christian Rahn; Anm. d. Red.) zum Schluss hin noch ein Spiel gegeben hätten – und ich bei der Auswechslung oder nach Schlusspfiff nicht mehr hätte an mich halten können. Allein der Gedanke daran verursacht schon Gänsehaut bei mir. Deshalb ist es schon traurig, so aufhören zu müssen. Eigentlich wollte ich bereits letztes Jahr Schluss machen, aber die Entwicklung ist so gut gewesen und es hat so viel Spaß gemacht, dass ich noch ein Jahr dran gehangen habe. Und ich bereue diese Entscheidung auch nicht.“

... den wichtigsten Sieg:

Im zweiten Aufstiegsspiel gegen Este 06/70 war der Druck groß - und der HSV III gewann mit 2:0. Nicht zuletzt dank Yannick Heuer (Mi.), der einen Strafstoß parierte. Foto: Küch

„Wir haben oft und viele Jahre im Mittelfeld gestanden oder um die ‚Goldene Ananas‘ gespielt – aber eben auch einige Jahre erlebt, wo es weniger rosig aussah. Deshalb sind die errungenen Siege im Abstiegskampf schon sehr wichtig gewesen. Der wichtigste Sieg war für mich aber der in der damaligen Aufstiegsrunde gegen Este 06/70 (HIER). Nach dem ersten Relegationsspiel gegen HR II, was wir verloren haben, waren wir praktisch zum Siegen verdammt. Der Druck war also groß – und wir haben an der Hagenbeckstraße vor ein paar Hundert HSVern gespielt. Nach dem Sieg waren wir mit einem Bein zurück in der Landesliga. Das war deshalb so immens wichtig, weil wir zuvor einige weniger schöne Jahre erlebt haben. Wir waren irgendwo im Niemandsland der Bezirksliga und es gab auch bei mir den Zeitpunkt, wo ich für mich gesagt habe: ‚Es fehlt nicht mehr viel, dann reicht’s mir.‘ Der Aufstieg hat den Weg für das, was danach kam und eingeleitet wurde, geebnet.“

... die bitterste Niederlage:

Mit großem Fan-Support an der Hagenbeckstraße hatte der damalige Trainer Karch seinen Helden im angeschlagenen Heuer gefunden: "Wenn wir aufsteigen, ist es zu 90 Prozent sein Verdienst!“ Foto: Küch

„Der Abstieg aus der Landes- in die Bezirksliga war schlimm. Die zweite richtige bittere Niederlage war im ODDSET-Pokal gegen den TuS Hasloh. Man weiß ja, dass die Dritten Mannschaften eigentlich nicht am ODDSET-Pokal teilnehmen dürfen, sondern im Zweit-Herren-Pokal ran müssen. In dem Jahr war es allerdings so, dass die Amateure des HSV auf eine Meldung verzichtet hatten und wir den Platz einnehmen durften. Dementsprechend groß war die Vorfreude – und dann fliegen wir, als ‚großer‘ HSV, in der Ersten Runde gegen einen Kreisklassisten auf so einem Kuhacker raus!“

... den größten Erfolg:

„Die Aufstiege in die Oberliga und der bereits angesprochene Sprung zurück in die Landesliga. Für mich persönlich aber allein die Tatsache, dass es wohl nirgends in Deutschland eine Dritte Mannschaft in der Oberliga gibt. Sich so lange in solchen Sphären zu halten, ist schon ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Ein nicht minder großer Erfolg sind die Fans! Was die in den vergangenen Jahren alles mitgemacht haben und wohin sie uns überall gefolgt sind, ist der Wahnsinn.“

... sein bestes Spiel:

Trotz einer 0:1-Pleite im abschließenden Spiel gegen den FC Bergedorf 85 hatte der HSV III die Landesliga-Rückkehr im Jahr 2015 perfekt gemacht. Foto: Kormanjos

„Da gab es mal eine Partie gegen Nienstedten, wo ich wirklich alles gehalten habe. Das war so ein Tag, wo man die ersten ein, zwei Bälle hält und das Gefühl entwickelt: ‚Heute kommt keiner an dir vorbei.‘ Doch dann kam die 93. Minute und eine Ecke, die unser Abwehrspieler klären wollte – leider ins eigene Tor. Und das war auch noch an meinem Geburtstag! Ansonsten gibt es immer mal wieder Spiele und Mannschaften, gegen die man fast immer gut aussieht oder gut hält. Bei mir waren das meistens SCALA oder auch Elmshorn.“

... den denkwürdigsten Moment:

„Das war in der Landesliga im Spiel gegen Türkiye. Ich habe eine Ecke abgefangen und dann ging es so, wie es immer der Fall war, bis ‚Rabe‘ und ‚Rahner‘ kamen: Ich haue das Ding lang nach vorne und dann steht da Achtmann (lacht). Diesmal ist der Hochabstoß aber direkt ins Tor gegangen! Als Torwart selbst zu treffen, ist schon ein besonderes Erlebnis.“

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