Landesliga Hansa
3. Spieltag


SC V/W Billstedt 04

1

:

2


ETSV Hamburg

Anpfiff

So - 14.08. 15:30 Uhr

Spielstätte

Öjendorfer Weg

Zuschauer

300

Schiedsrichter

Andre Heinrich (FSV Harburg-Rönneburg)

Landesliga Hansa

„Hätte mir einer vor dem Spiel gesagt, dass meine Mannschaft so schlecht spielen kann, hätte ich gesagt: ‚Du hast keine Ahnung vom Fußball‘!“

Auch in den Trinkpausen appellierte ETSV-Coach Jassi Huremovic (Mi.) immer wieder an sein Team. Foto: Maurice Herzog

Schon während des Spiels machte er seinem Unmut immer wieder Luft. Ob in den Anfangsminuten, als er seine Equipe fragend dazu aufrief: „Männer, wie wär‘s, wenn wir jetzt mal hochschalten?!“ Oder aber kurz vor der Pause, als eine Ecke völlig misslang, in Richtung seines Co-Trainers Matthias Märtens: „Ist das unser Anspruch, aus einer Standardsituation sowas zu machen?!“ Als die Schlussphase anbrach und Florian Klein auf Höhe der Grundlinie in aussichtsreicher Position noch einmal ins Dribbling ging, um die Kugel schließlich sehr lässig per Chip in die Mitte zu bringen, was gründlich misslang, platzte es endgültig aus Jassi Huremovic heraus: „Das ist arrogant und scheiße!“ Deutliche Worte vom Trainer des ETSV Hamburg – und auch nach Abpfiff (alle Highlights im LIVE-Ticker) nahm er kaum ein Blatt vor den Mund.

Marcel Rump bejubelt seinen Führungstreffer für den ETSV Hamburg. Foto: Maurice Herzog

„Gewonnen“, entgegnete Huremovic auf die Frage zu seinem Spielfazit, ehe er ein wenig mehr ausholte und anfügte: „Hätte mir einer vor dem Spiel gesagt, dass meine Mannschaft – und ich sehe die Jungs jeden zweiten Tag im Training – so schlecht spielen kann, hätte ich gesagt: ‚Du hast keine Ahnung vom Fußball!‘ Aber anscheinend habe ich keine Ahnung vom Fußball!“ Dabei bemühte der Coach des ambitionierten Landesliga-Aufsteigers einen berühmten Spruch von Lothar Matthäus: „Hätte, hätte, Fahrradkette.“

Was Huremovic damit im Detail meinte? „Wenn du die Chancen machst – und das ist für mich überheblich, weil du dem Gegner hier fünf, sechs Dinger einschenken musst –, ist es im Endeffekt egal, wenn du ein Gegentor kriegst. Aber im Endeffekt muss man Vorwärts ein Kompliment machen und froh sein, dass das hier nicht 2:2 ausgeht. Du machst die Chancen nicht, weil du überheblich und arrogant bist. Und für mich hat das auch nichts mit Fußball zu tun, sondern mit Fairness“, so Huremovic, der ein Beispiel nannte: „Wenn du durch bist, aber auf Höhe der Grundlinie nochmal einen Gegenspieler ausspielen willst, dann geht das einfach nicht!“

Ausgerechnet Suntic sorgt für Spannung

Felix Niedwetzki (li.) - unter Bedrängnis von ETSV-Captain Kusi Kwame - vergibt die Chance auf den Ausgleich. Foto: Maurice Herzog

Stattdessen bestrafte ein starker SC V/W Billstedt das „Star-Ensemble“ der Eisenbahner um ein Haar. Ausgerechnet Danijel Suntic, der gerade erst die Seiten gewechselt hat, „streichelte“ vier Minuten vor Ultimo einen Freistoß aus rechter Position mit Hilfe des linken Innenpfostens ins Billstedter Glück. Suntic ballte kurz und etwas verlegen die Faust – und blies mit seinem 1:2-Anschlusstreffer zur Schlussoffensive. Und tatsächlich: In der sage und schreibe fünften (!) Minute der Nachspielzeit eroberte der eingewechselte Mario Burmester den Ball von Edin Tanovic – und war plötzlich auf und davon. Tanovic wollte seinen Fehler wieder gutmachen, auch ETSV-Fänger Elian Clasen stürzte aus seinem Gehäuse, so dass Burmester unter starker Bedrängnis keinen kontrollierten Abschluss mehr zustande bekam.

"Damit gibt er zu, dass das ein Foul war"

Augen zu und durch: Nach diesem Motto zirkelt Matthias Cholevas einen Freistoß ins Eisenbahn-Glück - 2:0. Foto: Maurice Herzog

Die Hausherren forderten einen Strafstoß, Schiedsrichter Andre Heinrich (FSV Harburg-Rönneburg) ließ aber weiterspielen – und pfiff kurz darauf ab. „Ich hatte einfach nur Bedenken: Wenn du die Chancen vorne nicht nutzt, kriegst du vielleicht noch einen Elfmeter gegen dich. Und wenn er den pfeift, dann brauchst du dich nicht zu wundern, wenn es auswärts so einen Elfmeter gibt. Und dann steht es 2:2 – und du haderst“, monierte Huremovic den etwas zu lässigen Auftritt seiner Schützlinge.

Während Wacker-Coach Ümit Taytanli auf Nachfrage, ob es ein „Elfer“ war, entgegnete: „Ja! Ich bin relativ nah dran und auch zum Schiedsrichter gegangen, der gesagt hat, dass er aber noch ‚halbwegs zum Abschluss gekommen ist‘. Damit gibt er zu, dass das ein Foul war. Und wenn er den Vorteil gibt, muss er anschließend den Elfer geben – das ist die Regel. Das Ding hätte er geben müssen, das weiß er auch.“ Aber: „Ich habe ihm auch gesagt, dass das der einzige Fehler war, den er gemacht hat. Ansonsten hat er das monstermäßig gemacht!“

Gewollter Spielzug bringt den Erfolg

Danijel Suntic brachte sein neues Team gegen den Ex-Club kurz vor Schluss per Freistoß wieder heran. Foto: Maurice Herzog

Ein Lob von unterlegener Seite in Richtung des Unparteiischen, der ansonsten in der Tat keine Mühe mit der Hitzeschlacht am Öjendorfer Weg hatte. Marcel Rump brachte die Gäste nach einem tollen Pass des bis dato eher unglücklich agierenden Bedran Atug in Front (31.). Endlich mal ein Spielzug, den sich Huremovic schon zuvor und auch in der Folge gewünscht hätte. „Wir haben vorher gesagt, dass der Gegner jung ist und vorne draufgehen wird. Die sind mit zwei, drei Mann angelaufen – aber wir sind hinten stehen geblieben. Wenn sich die Sechser einfach fallen gelassen hätten, angespielt worden wären, klatschen lassen hätten – und der Ball dann durchgesteckt worden wäre, dann wärst du ständig durch gewesen. Aber wir waren heute einfach nicht auf dem Platz. Vielleicht war das dem Wetter geschuldet. Ich weiß es nicht“, rätselte Huremovic.

"Meine Mannschaft war heute überhaupt nicht auf dem Platz"

George Kelbel (vo.) hatten gegen V/W-Innenverteidiger William Moje einen schweren Stand. Foto: Maurice Herzog

Denn schon vor dem Führungstreffer des ETSV hätten Felix Niedwetzki, der etwas zu lange zögerte und anschließend vom zurückeilenden Tanovic im allerletzten Moment geblockt wurde (11.), sowie Kalif Anthonio, der einen Freistoß nur um Haaresbreite am Pfosten vorbeisetzte (23.), die Hausherren auf die Siegerstraße bringen können. Auch nach Wiederanpfiff verzog Niedwetzki – unter Bedrängnis von Kusi Kwame – nur knapp (53.). Auch der ETSV kam zu Chancen, agierte aber immer wieder zu umständlich und phasenweise in der Tat zu „arrogant“. Bis zur 74. Spielminute, als Matthias Cholevas – nach einem Foul an Damian Ilic – einen 17-Meter-Freistoß traumhaft in den linken Knick zirkelte!

Da man es in der Folge verpasste, den Deckel endgültig draufzumachen, wurde es hintenraus noch einmal spannend. „Aber letztendlich sagt man auch in der Bundesliga: ‚Wer fragt denn morgen noch danach, wie du das Spiel gewonnen hast?‘ Du hast drei Punkte, 2:1 gewonnen – und ob das auf mein Herz geht oder nicht, das interessiert auch keinen Menschen“, sprach aus Huremovic ein Stück weit die Erleichterung. Wenngleich er auch deutlich den Finger in die Wunde legte: „Meine Mannschaft war heute – bis auf ein, zwei Aufnahmen – überhaupt gar nicht auf dem Platz.“

"Eine Monster-Truppe, die nicht nur auf dem Blatt Papier so gut ist"

Jan Landau (re.) vergab eine dieser guten ETSV-Chancen zur Entscheidung auf (zu) lässige Art und Weise. Foto: Maurice Herzog

Sein Gegenüber meinte hingegen: „Jassi hat da eine Monster-Truppe zusammen gescoutet. Die sind nicht nur auf dem Blatt Papier, sondern auch auf dem Feld so gut – in der Bewegung, in der Ballbehandlung und so weiter. Aber wir hatten uns vorgenommen, unangenehm zu sein.“ Denn: „Keiner hat Bock, gegen eine so schnell und aggressiv drückende Truppe zu spielen. Das ist unsere Spielweise. Leider hatten wir im Spielaufbau des Gegners keine Balleroberungen, ansonsten waren wir überall unangenehm.“ Und das mit einem Altersschnitt von nicht einmal 20 Jahren: „Insofern können wir uns in den nächsten Jahren auf mehr freuen“, richtete Taytanli den Blick in die Zukunft.

„Das ist ein anderes Level. Da muss man dann auch Realist sein. Unsere Punkte müssen wir woanders holen. Heute hätten wir den Gegner ein bisschen ärgern können und ein Unentschieden wäre auch cool gewesen, aber ansonsten brauchen wir uns mit der Truppe nicht zu verstecken.“