BZ Nord

Gümüs: „Mir ist eine ganze Gebirgskette vom Herzen gefallen, als wir endlich am Ziel waren“

ETV-Manager Koray Gümüs hat "etwas gebraucht, um zu realisieren, dass wir endlich am Ziel sind", wie er gesteht. Foto: Olaf Both

Dem dritten Tabellenplatz in der Saison 2016/17 folgte die Vize-Meisterschaft in der darauffolgenden Spielzeit: Zweimal nacheinander schrammte der Eimsbütteler TV um einen winzigen Deut am Landesliga-Aufstieg vorbei. Doch bekanntlich sind ja aller guten Dinge drei – so auch bei den Mannen vom Lokstedter Steindamm. Im dritten Anlauf hat es der ETV (endlich) geschafft, die Meisterschaft in der Bezirksliga Nord errungen und den Traum von der Landesliga-Rückkehr in die Realität umgesetzt. Wir haben mit Manager Koray Gümüs über dessen Erleichterung, den Druck, die Angst vorm Scheitern, den Trainerwechsel, die Jugendarbeit, einen neuen Trainer für die Zweite, Ziele und die Kaderplanung gesprochen…

FussiFreunde: Koray, was ging dir als erstes durch den Kopf, als endgültig feststand, dass der ETV „endlich“ am Ziel angekommen ist?

Gümüs: „Da wir durch die Niederlage von Falke bei Paloma II auf dem Sofa Meister geworden sind, habe ich etwas gebraucht, um zu realisieren, dass wir endlich am Ziel sind. Nach dem Sieg gegen die Alsterbrüder in unserem letzten Heimspiel machte es dann so richtig Klick und mir fiel eine ganze Gebirgskette vom Herzen.“

In den letzten beiden Jahren seid ihr – trotz zwischenzeitlich allerbester Voraussetzungen und Favoritenrolle – jeweils um Haaresbreite am Aufstieg vorbeigeschrammt. Gab es irgendwann mal bei dir den Moment, wo du ins Zweifeln gekommen bist, ob es noch gelingt?

"Rückkehrer" Dennis Mitteregger hat den ETV zurück in die Landesliga geführt. Foto: Olaf Both

Gümüs: „Eigentlich nie. Nein. Uns ist es immer bereits im Frühjahr gelungen, mit wichtigen Spielern ligaunabhängig zu verlängern, sodass immer klar war: Wir werden bei einem erneuten Scheitern einen weiteren Versuch mit noch mehr Anlauf starten. Als wir in der Hinrunde dieser Saison allerdings sang- und klanglos bei Sasel II verloren, war das ein echter Tiefpunkt und ich war mir lange unsicher, ob wir uns davon erholen würden.“

Der Mannschaft wird nun schon seit Jahren eine ungemeine Qualität bescheinigt. Woran lag es aus deiner Sicht, dass ihr es „erst“ im dritten Anlauf geschafft habt?

Gümüs: „In der ersten Saison hatten wir mit Berne und Bergstedt, in der zweiten Spielzeit mit Lokstedt einfach Teams in der Staffel, die mit ungeheurer Konstanz durch die Liga marschiert sind. Da sahen wir mit unserer jungen Truppe in den direkten Begegnungen immer gut aus, aber über 30 Spiele fehlte eine gewisse Reife. Darauf lag in der in dieser Saison der Fokus.“

Wie schwer war es auch für dich, den Glauben daran nicht zu verlieren – trotz der Rückschläge?

Nach dem Derbysieg gegen den FC Alsterbrüder wurde der Aufstieg mit dem gesamten Verein zelebriert. Foto: Olaf Both

Gümüs: „Natürlich war es nicht einfach – zumal wir sechs Wochen vor Saisonbeginn noch nicht mal einen kompletten Kader zusammen hatten. Aber man muss als Offizieller immer Zuversicht ausstrahlen. In der Zeit haben mir drei besonders wichtige Leute geholfen: Danny Zankl (Sasel-Coach; Anm. d. Red.), Cemil Yavas (Osdorf-Manager) und  Atalay Arican (ehemaliger Inter Hamburg-Manager). Danny und Cemil haben mich immer unterstützt und mir die Motivation gegeben, weiter zu machen. Aber auch der gesamte Verein stand stets hinter unserer Philosophie. Hinzu kam, dass unsere Mannschaft noch sehr jung war, aber eine enorme Qualität hat. Deshalb habe ich den Glauben daran nie verloren, sondern immer positiv in die Zukunft geguckt. Ich wusste, dass wir dieses Jahr einfach dran sind.“

Nach dem Abschied von Thorsten Beyer im Oktober 2018 habt ihr Dennis Mitteregger zum ETV zurückgeholt. Wie ist seine Arbeit zu bewerten?

Gümüs: „Genau wie ich keine einzelnen Spieler aus der Mannschaft hervorhebe, möchte ich auch Dennis nicht gesondert bewerten. Mit ‚Leo‘ (Leandro Indulto, Co-Trainer; Anm. d. Red.), Natascha (Gerdts, Physiotherapeutin), Nicolai (Beverungen, Torwart-Trainer) und eben Dennis haben wir ein Funktionsteam, das hier seit Oktober wahnsinnig gute Arbeit leistet. Die Kompetenzbereiche sind klar abgesteckt und werden von allen respektiert. Darin liegt der Grundstein für unseren Aufstieg.“

Und wie groß ist in deinen Augen der Anteil von Thorsten Beyer am Aufstieg?

Torwart Jo Krohn wechselt vom TSV Sasel an den Lokstedter Steindamm. Foto: timelash.de

Gümüs: „Das ist eine schwierige Frage. Wenn ich die Saison Revue passieren lasse, dann ist der Trainerwechsel aus meiner Sicht der Schlüssel zur Meisterschaft gewesen. Wir sind damals bewusst das Risiko aufkommender Unruhe eingegangen, weil wir das Gefühl hatten, dass nicht alle im Team am selben Strang ziehen. Von daher kann ich den Anteil am Aufstieg von Thorsten Beyer nicht beurteilen.“

Viele Beobachter trauen euch zu, eine gute Rolle in der Landesliga zu spielen. Mit welcher Zielsetzung geht ihr da ran?

Gümüs: „Ich denke, wir werden wenig Zeit benötigen, um uns an die neue Liga zu gewöhnen. Im Gegenteil. Es kommt unserer Spielweise entgegen, dass wir zukünftig vermehrt auf Teams treffen, die sich nicht 90 Minuten aufs Verteidigen konzentrieren. Ein konkretes Ziel ist noch nicht gesteckt. Das hängt auch damit zusammen, in welcher Staffel wir landen. Tendenziell geht der Blick aber immer nach oben.“

Inwieweit wird sich der Kader verändern – wer kommt neu dazu, wer wird euch verlassen?

Gümüs: „Unsere Kaderplanung ist zu 99 Prozent abgeschlossen. Verlassen werden uns Ayke Yesiltac, Robert Block, Max Groenhagen, Lennard Henke und Ramen Nurzai. Unser ‚Küken‘ Daniel Rechni pausiert und geht für längere Zeit ins Ausland. Im Gegenzug kehrt Alper Bas nach einem einjährigen Auslandsaufenthalt ins Team zurück. Einziger externer Neuzugang ist Jo Krohn, der bisher beim TSV Sasel in der Oberliga das Tor gehütet hat. Besonders freue ich mich, dass acht Spieler aus unserer A-Jugend-Regionalliga aufrücken. Die Jungs haben größtenteils über Jahre hinweg unter Loïc Favé trainiert und kämpfen derzeit noch um den Aufstieg in die Bundesliga. Auf dem Papier ist das eine richtig spannende Truppe, die unseren Zuschauern hoffentlich eine Menge Freude bereitet.“

Kannst du denn auch schon die Namen der acht A-Jugendlichen verraten, die in die Liga-Mannschaft hochgezogen werden?

Koray Gümüs freut sich insbesondere über die acht Zusagen aus dem eigenen Nachwuchs. Foto: Olaf Both

Gümüs: „Das sind Emre Cem Töremis, Leon Bolz, Hannes Nicolai, Bamo Karim Mohamed, Lennart Monroe Mierow, Kevin-Mervyn Houndjame, Johnson Joshua Kouame und Jan-Ole Eggers.“

Apropos Jugend: Ihr habt nicht nur ambitionierte sowie umworbene Trainer und seid im Nachwuchs extrem erfolgreich, sondern für viele Vereine auch eine Art Vorbild. Wie wichtig ist der Jugendfußball für den Gesamtverein und was bedeutet das für die Liga-Mannschaft?

Gümüs: „Durch unsere Strukturen mit einem großen Hauptverein im Hintergrund, der allerdings vor allem in anderen Sportarten sehr erfolgreich ist, können wir unseren Spielern nur eine sehr geringe Aufwandsentschädigung zahlen. Daher mussten wir uns als Fußballabteilung – ähnlich wie zum Beispiel Osdorf – eine Nische suchen, um erfolgreichen Herren-Fußball zu spielen. Wir legen unseren Fokus nun seit Jahren auf eine gute Jugendarbeit, da wir dort mit unserer guten Infrastruktur einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen Vereinen im Einzugsgebiet besitzen. Durch die intensive Zusammenarbeit von der F-Jugend bis zu den Herren schaffen wir Identifikation und Zusammenhalt. Und einigen Spielern ist diese familiäre Gemeinschaft dann doch wichtiger als ein paar hundert Euro im Monat.“

Wird neuer Coach der ETV-Zweiten: Inter Eidelstedt-Aufstiegstrainer Philipp Riexinger. Foto: privat

Während die Liga-Mannschaft in die Landesliga aufgestiegen ist, hat eure Zweitvertretung – unter anderem mit dir als Trainer – einen guten vierten Platz in der Kreisliga 2 belegt. Nach unseren Informationen wird es dort jedoch zu einer Neuerung auf der Trainerbank kommen: Philipp Riexinger, der gerade erst Inter Eidelstedt in die Landesliga geführt hat, wird das Amt übernehmen. Wie kam es dazu und was erhofft ihr euch von der Personalie?


Gümüs: „Die Verpflichtung von Philipp ist für uns ein echter Coup. Ich kenne Philipp seit der Gründung von Inter Eidelstedt und als ich hörte, dass er eine neue Aufgabe sucht, habe ich ihn einfach kontaktiert. Philipp wird uns mit seiner Akribie und seinem Erfolgshunger definitiv bereichern. Die Truppe möchte mit ihm den nächsten Schritt gehen und den vierten Platz toppen.“