„Es ist nicht so, dass wir unglaublich unterlegen sind“

Blickt trotz der derzeitigen Schwächephase optimistisch in die Zukunft: Altengammes Trainer Daniel Andrade-Granados. Foto: noveski.com/Bode

Mit 13 Punkten aus 14 Spielen steht der SV Altengamme derzeit auf dem zwölften Platz in der Landesliga Hansa. Nur ein einziger Punkt trennt die Mannschaft von Trainer Daniel Andrade-Granados von einem Abstiegsplatz. Im Gespräch mit den FussiFreunden begibt sich der 36-Jährige Übungleiter auf die Suche nach den Ursachen für den Absturz seines Teams und erklärt, was ihn zuversichtlich macht, dass es ihm und seinen Schützlingen gelingt, nicht noch weiter abzurutschen und die Liga zu erhalten. 

Die Augen vor der Realität zu verschließen ist nichts, womit Daniel Andrade-Granados etwas anfangen kann. „Natürlich ist es möglich, dass wir in dieser Saison irgendwann mal auf einem Abstiegsplatz stehen könnten“, sagt der Trainer des SV Altengamme, gibt sich aber optimistisch: „Aber ich gehe nicht davon aus, dass das passiert.“ Viel entscheidender, so der 36-Jährige sei, „wo wir am Ende der Saison landen. Wenn wir nach dem letzten Spieltag nicht auf einem Abstiegsplatz stehen, dann war es eine gute Saison.“

„Gegen Lohbrügge waren wir bis zum 0:1 stark“

Gegen Paloma kamen Marvin Behr (li.) und der SVA nicht über ein Unentschieden hinaus. Foto: noveski.com/Bode

Im Moment jedoch, das weiß auch Andrade-Granados, läuft die Saison in Altengamme alles andere als gut. Auch, wenn die Mannschaft vom Gammer Weg nicht auf einem Abstiegsplatz steht. Aber: Seit nunmehr sieben Spielen ist der SVA sieglos. Eine Krise? Mitnichten. „Nein, eine Krise ist das nicht“, beteuert Andrade-Granados energisch, „wir haben beim SVA in der Vergangenheit schonmal Phasen gehabt, in denen wir länger ohne Sieg waren oder öfter hintereinander verloren haben.“ Wenn überhaupt, dann sei der momentane Status Quo, so Andrade-Granados weiter, „eine Ergebniskrise.“ Denn es sei ja nicht so, „dass wir unglaublich unterlegen sind. Gegen Lohbrügge zum Beispiel waren wir bis zum 0:1-Rückstand stark, gegen Bramfeld haben wir nur verloren, weil wir in der ersten Halbzeit katastrophal gespielt haben.“

Aber: Beide Spiele wurden eben verloren. Das gegen Lohbrügge mit 0:4, das gegen Bramfeld sogar mit 1:5. Zwei von – zumindest zahlenmäßig –vier Ausreißern. Auch gegen Meiendorf (2:4) und Bergedorf (1:4) verlor der SVA deutlich, ansonsten fielen die drei weiteren Niederlagen nicht unbedingt so klar aus. Das unterstreicht Andrade-Granados Einschätzung, ändert aber nichts daran, dass die Kicker vom Gammer Weg (weitere Bilanz: drei Siege, vier Unentschieden) in der Tabelle auf Rang zwölf mit 13 Zählern nur einen Punkt vor dem ersten Abstiegsplatz stehen. Ein Umstand, der eine Analyse erfordert.

„Mangelnde Erfahrung ist ein Thema, aber nicht der Hauptgrund“

Dennis Herzberg, der hier von Physiotherapeutin Anna Putfrarcken (re.) behandelt wird, zog sich gegen Paloma eine Außenbandverletzung zu und fällt vorerst aus. Foto: noveski.com/Bode

Also herein in die Ursachenforschung: „Es ist offensichtlich, woran es liegt“, konstatiert Andrade-Granados. Eine Krise innerhalb des Teams sei es jedenfalls nicht: „Für die momentane Situation ist es vielleicht sogar noch zu ruhig in der Mannschaft“, findet der Coach, der vielmehr das Spiel vom vergangenen Wochenende gegen den USC Paloma (1:1) als Aufhänger heranzieht. „Genau wie wir befindet sich auch Paloma in einem Umbruch. Aber wenn man mal die beiden Startaufstellungen der Teams vom letzten Sonntag vergleicht, dann fällt einem auf, dass es gravierende Unterschiede gibt. Beim USC standen trotz des Umbruchs Spieler mit Oberliga-Erfahrung oder solche, die beim SC Condor in der A-Regionalliga gespielt haben, in der Startelf“, erläutert Andrade-Granados. 


Auf Seiten seiner Schützlinge sehe das derweil ganz anders aus, ergänzt er: „Bei uns gibt es Dennis und Kevin Herzberg, die bei Vier- und Marschlande mal im Oberliga-Kader gestanden, aber wenig gespielt haben. Jonas Kastl wurde in Lohbrügge weggejagt, kam bei Curslack kaum zum Einsatz. Marvin Behr kommt aus der A-Verbandsliga. Ein Sebastian Pietsch hat bisher nur in der Kreisliga gespielt. Für Alexander Golinske oder Philipp Ahrens ist die Landesliga die höchste Liga, in der sie überhaupt gespielt haben. Viele unserer Ur-Altengammer haben nur den Weg von der Kreis- in die Landesliga mitgemacht“

Wenn man betrachte, „wo wir herkommen, ist es nicht verwunderlich, wo wir im Moment stehen“, bekräftigt Andrade-Granados, „es gibt eben verschiedene Formen von Um- und Aufbrüchen. Das soll aber alles keine Entschuldigung sein.“ Aber ist die mangelnde Erfahrung im Kader auch der Hauptgrund für Altengammes Absturz? „Es ist ganz bestimmt ein Thema, aber nicht der Hauptgrund“, befindet Andrade-Granados. Der Coach hat noch ein anderes Feld ausgemacht, auf dem es nicht läuft: „Bei uns gibt es schon die ganze Saison über Verletzungssorgen und wir haben das Problem, die fehlenden Spieler flexibel zu ersetzen. Am vergangenen Wochenende hatten wir zum ersten mal die Situation, dass wir Spieler aus dem Kader streichen konnten, die fit waren.“

„ Ich bin überzeugt, dass wir so viel Potenzial haben, dass wir nicht absteigen“

Ein Leader-Typ, der Coach Daniel Andrade-Granados derzeit fehlt: Dominik Scheu (re.). Foto: noveski.com/Bode

Jonas Buck zum Beispiel, der zwar einsatzfähig gewesen wäre, aber nicht trainiert hatte. Er wird dem Team nun bekanntlich vorerst wegen einer Weltreise im kommenden halben Jahr nicht zur Verfügung steht. Fehlen wird vorerst auch Dennis Herzberg, der sich gegen Paloma einen „Außenbandriss, zumindest aber einen Anriss“ (O-Ton Andrade-Granados) zugezogen hat.


Die lange Ausfall-Liste beschwört noch ein anderes Problem herauf: Dem SVA fehlt ein Leader. Mit Kevin Herzberg und Dominik Scheu fehlten eine Zeit lang beide Kapitäne, die laut Andrade-Granados „prädestinierte Leute dafür sind, eine Mannschaft zu führen. Als beide zeitgleich nicht dabei waren, haben wir deutlich geschwommen.“  Nun ist zumindest Kevin Herzberg wieder dabei. Scheu jedoch fehlt mit einer Schambeinentzündung weiterhin – und die Problematik der fehlenden Führungsfiguren ist (noch) nicht ganz ad acta gelegt: „Wir haben in der Planung vor der Saison sehr spät einen Block an erfahrenen und wortgewandten Spielern verloren. Es braucht Zeit, um diese Strukturen neu zu entwickeln.“ 

Dennoch sollte es schnell gehen, die Findungsphase, in der Andrade-Granados seine Mannschaft sieht, abzuschließen. Sonst drohen vielleicht tatsächlich der Abstiegsrang und im schlimmsten Fall die Bezirksliga – oder nicht!? „Die Liga ist so eng und ausgeglichen wie nie in den letzten drei Jahren“, sieht Altengammes Trainer keinen Grund zur Panik, denn: „Alle ziehen an einem Strang, jeder im Team hat das gleiche Ziel. Ich bin überzeugt, dass wir so viel Potenzial haben, dass wir nicht absteigen werden. Mit der Qualität, die wir in der Truppe haben, muss es unser Anspruch sein, auch im nächsten Jahr in der Landesliga zu spielen.“

Jan Knötzsch