Landesliga Hansa
5. Spieltag


FC Türkiye

1

:

1


Dersimspor Hamburg

Anpfiff

Sa - 24.08. 15:00 Uhr

Spielstätte

Sportplatz Landesgrenze

Zuschauer

87

Schiedsrichter

Johannes Mayer-Lindenberg (HTB)

Landesliga Hansa

Erst Kaval-Knall, dann bringt (E)„Moji“ Türkiye zum Lächeln

Achtung, Gegenspieler im Anflug: Behnam Azizpoor (re.) attackiert Dersims Tim Sethmacher. Foto: Mathias Reß

Seweryn Malyk hatte sich schon am Tag vor dem Match gefreut. Nicht über die Punkte, denn um die musste der FC Türkiye gegen Dersimspor am heutigen Samstag noch kämpfen (Hier gibt’s die Highlights des Spiels zum Nachlesen im Live-Ticker). Nein, der Manager der Gastgeber sprach darüber, dass der neuste Transfer der Wilhemsburger quasi genau zur rechten Zeit zum Süd-Derby der Landesliga Hansa finalisiert werden konnte. „Wir haben die Spielerlaubnis für Takuro Mohara bekommen“, teilte Malyk am Freitag mit, dass der Japaner, der von einer Uni in seinem Heimatland in die Hansestadt kommt, gegen Dersim mitwirken dürfe. Und wie er dies tags darauf machte...

Es waren 66 Minuten in der sengenden Sonne auf dem Sportplatz Landesgrenze absolviert, als Inan Türkad sich rechts in der Nähe des Strafraums den Ball erkämpfte, in die Box ging und das Spielgerät ins Zentrum beförderte. Dort stand Mohara mutterseelenallein und mit jeder Menge Zeit gesegnet, den Ball anzunehmen und sich die Ecke auszusuchen. Und genau das machte der Wirbelwind mit der weißen Nummer vier auf dem Rücken des roten Türkiye-Trikots: Er erspähte, wo Dersim-Keeper Can Öküzbogan stand, schoss – und drehte dann jubelnd ab. Seine Mitspieler fielen „Moji“, wie sie ihren Neuzugang bei Türkiye liebevoll nennen, um den Hals. Eben genau dieser „Moji“ hatte dem FCT da soeben sinnbildlich gesprochen ein Emoji (ein Pikto- oder Ideogram, das in Textnachrichten und Chats verwendet wird, Anm. d. Red.) beschert: ein lächelndes. Wie passend für den Mann, der aus dem „Land des Lächelns“ kommt.

Großkopf: „Wenn man das Spiel betrachtet, haben wir zwei Punkte verschenkt“

Erzielte bei seiner Premiere gleich ein wichtiges Tor: Türkiyes Neuzugang Takuro Mohara. Foto: Mathias Reß

„Jeder der hier war – auch wenn das nicht all zu viele waren –, hat gesehen, was der Junge kann. Er hat Spielverständnis, kann kicken und ist ruhig an der Kugel“, lobte Türkiyes Trainer Jörn Großkopf seinen Neuzugang und attestierte diesem mit Blick auf den Ausgleichstreffer: „Er hat das Ding ganz souverän reingemacht. An ihm werden wir noch viel viel Freude haben.“ Mit der Freude über den einen Zähler war es nach dem Abpfiff der Partie hingegen eine ganz andere Sache. „Wenn man das Spiel betrachtet – gerade, wenn man sich die zweite Halbzeit ansieht –, dann haben wir zwei Punkte verschenkt“, konstatierte Großkopf. Natürlich nicht, ohne seine Sicht der Dinge nicht anschließend auch noch zu begründen. „Wir haben so viele Überzahl-Situationen gehabt, wo wir den Ball nicht spielen, weil wir zu selbst- und ballverliebt sind. Das müssen wir trainieren. Wir müssen den Ball einfach nur nochmal durchstecken“, erklärte der Fußball-Lehrer in der Theorie, was in der Praxis nicht funktionierte. „Da wird der Ball dann lieber nochmal mit der Sohle gespielt oder gar nicht“, ärgerte sich Großkopf.

Ansonsten, so der Coach der Hausherren, „kann ich meinen Jungs keinen Vorwurf machen. Wir haben Vollgas gegeben, das war unglaublich hart bei diesen Temperaturen.“ In der ersten Hälfte habe sein Team zwar nicht gut gespielt, so Großkopf, „aber in der zweiten war es dann schon gut.“ Die Erkenntnis des Türkiye-Trainers mit Blick auf den Kontrahenten: „Die haben zwei Mal aufs Tor geschossen. Das eine war ein Sonntags-Schuss.“ Der aber war, zu allem Ärgernis der Gastgeber, drin. Vier Minuten bevor Mohara der Ausgleich gelang, war Dersim in Führung gegangen. Und wie: Durch einen echten Knaller! Dijar Kaval kam rund 25, 30 Meter vorm Tor an den Ball, zog einfach mal eiskalt ab und versenkte die Kugel oben rechts an FCT-Schlussmann Daniel Göbel vorbei im Giebel. „Wir sind glücklich in Führung gegangen“, bekannte auf der anderen Seite auch Zeynel Selcuk nach dem Kaval-Knall aus der 62. Minute und war sich bei der nach Remis immer wieder gern genommenen Frage, ob man denn nun eine Zähler gewonnen oder zwei weitere liegengelassen habe, sicher: „Wir haben einen gewonnen!“ 

Selcuk: „Wir müssen das Ding zumachen, haben aber Lehrgeld bezahlt“

Duell der Sechser: Dersims Dijar Kaval (re.), der zum 1:0 für sein Team traf, gegen Inan Türkad, der den Ausgleich vorbereitete. Foto: Mathias Reß

Die Analyse folgte, warum dem so war, folgte auf dem Fuße. „Türkiye war sehr fit. Fitter als wir. Beim Gegner sind die finalen Pässe nicht angekommen. Aber deren Spiel interessiert mich nicht. Wir haben uns sehr tapfer geschlagen“, gab der Dersim-Übungsleiter, der auf den Spitznamen „Sammy“ hört, zu Protokoll. „Aufgrund der vielen jungen Spieler, die wir haben, haben wir Lehrgeld bezahlt. Wir müssen das Ding eigentlich zumachen. Aber wir Trainer hatten keinen Zugriff aufs Spiel und die Spieler selbst auch nicht mehr. In den letzten 15 Minuten hat sich das Spiel verselbständigt. Auf beiden Seiten hätten weitere Tore fallen können, beide Mannschaften hätten das Spiel gewinnen können“, bilanzierte der Coach der Gäste und fügte hinzu: „Wir sind stolz auf diesen Punkt, den wir gewonnen haben. Ich bin stolz auf diese junge Mannschaft. Auf jeden einzelnen Spieler. Wir gehen glücklich nach Hause.“ Dies allerdings nicht, ohne auch dem Widersacher noch ein paar nette Worte mit auf den weiteren Weg zu geben.

„Man muss Türkiye loben. Für die fitten und tollen Jungs, die sie haben, kann man sie nur beglückwünschen. Das gilt auch für den Trainer, der hier von außen Ruhe bewahrt“, sagte Selcuk und stelle anschließend fest: „Ich glaube, dass Türkiyes Mannschaft weiter reifen wird. Sie werden oben mitspielen. Im Moment haben sie allerdings eine Pechsträhne.“ Sowohl „die als auch wir müssen an der Arbeit bleiben“, befand Selcuk, ehe er betonte: „Wir als Dersimspor genießen jede Minute, wenn man mal bedenkt, wo wir herkommen und was wir machen.“ Ein klarer Fingerzeig darauf, dass dem Coach, der erst vor dieser Saison sein Amt antrat, aus dem Kader der Vorsaison gerade einmal zwei Spieler erhalten blieben und die Trainings-Möglichkeiten bei Dersim mach der Fehde mit dem Bezirksamz Harburg und dem Verlust der Heimspielstätte an der Baererstraße gelinde gesagt nicht die besten sind. Angesichts dessen ist die Ausbeute von acht Punkten aus fünf Spielen tatsächlich aller Ehren wert.

Jan Knötzsch