Oberliga Hamburg
1. Spieltag


Niendorfer TSV

1

:

1


SC Victoria Hamburg

Anpfiff

Fr - 26.07. 19:00 Uhr

Spielstätte

Sachsenweg

Zuschauer

783

Schiedsrichter

Christian Okun (Bahrenfelder SV 19)

Oberliga

Ereignisarmes Eröffnungsspiel: Punkteteilung, aber „es hätte schlimmer anfangen können“

Marvin Karow (li.) und Vedat Düzgüner (re.) nehmen Vickys Magnus Hartwig in die Zange – am Ende konnte Niendorf die Partie dennoch nicht für sich entscheiden. Foto: KBS-Picture.de

Es ist ein Phänomen, das im Fußball nicht neu ist: Vor einer Partie entwickelt sich eine gewisse Erwartungshaltung, die Realität wird jener dann aber nicht ganz gerecht. Seit dem Freitagabend ist die Liste dieser Spiele um eine weitere Begegnung reicher: das Oberliga-Eröffnungsspiel der Saison 2019/2020 zwischen dem Niendorfer TSV und dem SC Victoria (Hier gibt’s den Live-Ticker der Partie zum Nachlesen). Ein Match, das alles war – nur eben kein so richtiger „Lustmacher“ auf die weiteren 34 Spieltage in Hamburgs höchster Amateurspielklasse. Immerhin: Zwei Treffer bekamen die – von offizieller Seite mit der Zahl 783 bezifferten – Zuschauer auf dem Rasen am Sachsenweg dann doch noch zu sehen. Einen auf jeder Seite, sodass am Ende ein Unenstchieden stand. Und Marcus Scholz entsprechend Redebedarf hatte.

„Den letzten Schuss muss er sich besser zurecht legen. Dann kann er sich aussuchen, ob er das Ding links oder rechts rein macht“, war sich der Manager des Niendorfer TSV sicher, als er etwa zehn Minuten nach dem Abpfiff das FussiFreunde-Interview mit Dennis Thiessen „crashte“. Scholz sprach von der 89. Minute: Es stand 1:1. Der eingewechselte Evailton Fernandes bediente Thiessen, der aus 20 Metern den Abschluss suchte, aber an Victorias „Goalie“ Dennis Lohmann scheiterte. „So einen Ball hab ich auch schon mal reingemacht“, wusste auch Thiessen, dass er da vielleicht die Entscheidung liegengelassen hatte und kommentierte den vergeblich abgefeuerten Schuss: „Wenn dir nach mehr als 80 Minuten der erste Ball auf den Fuß fällt, dann ist der Fuß noch nicht richtig eingestellt.“ Und irgendwie passte die Szene zu dem, wie Thiessen das gesamte Match einschätzte: „Das war ein klassischer Saionstart. Es ist noch nicht alles richtig eingespielt, es fehlen noch ein paar Sachen.“

Farhadi: „Bis zum Torschuss habe ich keine Chance notiert – und dann sitzt das Ding“

Und hoch das Bein: SCV-Torschütze André Monteiro Branco (re.) ist einen Tick eher an der Kugel als sein Widersacher Marvin Karow. Foto: KBS-Picture.de

Am Anfang des Duells zum Beispiel der Spielfluss. „In den ersten zehn Minuten lagen gefühlt 20 Leute auf dem Boden, es kam kein Spiel zustande. In der zweiten Halbzeit war das dann besser. Wir haben besser nach vorne gespielt und hatten am Ende die Möglichkeiten, noch das 2:1 zu machen“, war auch Thiessen nicht entgangen. Richtig erkannt: Erst im zweiten Durchgang legten Niendorfs Nummer 31 und seine Teamkollegen eine Schippe drauf – kurioser Weise analog dazu, dass der sonst so stimmgewaltige NTSV-Co-Trainer Jörg Steinbach draußen auch erst im zweiten Durchgang erwachte. Es schien so, als hätte sich auch die „Reibeisen-Stimme vom Sachsenweg“ erst einmal eingrooven müssen, ehe sie in der Saison angekommen war. Einen Zusammenhang aber wollte Ali Farhadi nicht gesehen haben. „In er ersten Halbzeit gab es ja auch nicht viel rum zu meckern“, so Niendorfs Coach Allenfalls beim 0:1, als André Monteiro Branco nach 36 Minuten quasi wie aus dem Nichts die Kugel in den rechten Knick jagte. 


Vorausgegangen war dem eine verunglückte Hereingabe von Lennart Merkle, die Tom Wohlers schnell zur Vorlage für Monteiro Branco nutzte. „Das Tor entsteht durch eine Chance für uns, weil Lennart den Ball nicht ordentliche rein spielt. Unser Torhüter André Alves Lopez verschätzt sich dann. Er sah überrascht aus“, ärgerte sich Farhadi, der die durchwachsene erste Hälfte seiner Jungs verteidigte: „Vielleicht hat da auch die Nervosität ein bisschen reingespielt. Man will keinen Fehler verursachen, der zum Fehlstart führt. Bis zu diesem Torschuss habe ich keine Chance notiert – und dann sitzt das Ding.“ In der Pause hätte der Gastgeber dann, so der NTSV-Übungsleiter weiter, „ein bisschen was geändert. Wir wollten in der ersten Halbzeit einen etwas anderen Weg wählen und uns verändern. Das hat nicht gegriffen. Die zweite Hälfte war dann richtig gut. Wir waren griffig und hatten genug Möglichkeiten, haben die aber nicht richtig durchgespielt.“ Nur ein einziges Mal klappte es doch: als Thiessen nach 56 Minuten eine Ecke von links in die Box beförderte und ausgerechnet „Unglücksrabe“ Merkle am höchsten stieg und mit Wucht aus dem Hinterhalt zum 1:1-Ausgleich einköpfte.

Ebbers: „Vom Spiel haben wir wahrscheinlich alle mehr erwartet – wir auf jeden Fall“

Luftduell: Tim-Julian Pahl (li.) im Zweikampf Niendorfs Torschütze Lennart Merkle. Foto: KBS-Picture.de

„Es ist ein absolut verdientes Unentschieden. Ich trauere keinen zwei Punkten nach. Vicky ist eine unglaubliche Truppe, die in jedem Spiel in der Lage ist, Dominanz auszuüben. Vom Ergebnis her ist es okay“, befand Ali Farhadi nach dem Spiel, auch wenn Thiessen in jener eingangs erwähnten 89. Minute Treffer Nummer zwei auf dem Fuß hatte und auch Ilyas Afsin (66., 73.) und Marvin Karow (77.) vor dem Tor nicht mit Glücksgöttin Fortuna im Bunde waren. Und auch Marius Ebbers war in seiner Analyse nah an dem dran, was sein Trainerkollege auf den Punkt brachte. „Vom Spiel haben wir wahrscheinlich alle mehr erwartet – wir auf jeden Fall“, konstatierte der Victoria-Trainer, „man muss klar sagen, dass wir nicht zufrieden sind, Wir haben einige Sachen, die wir in der Vergangenheit gut gemacht haben und die uns ausgezeichnet haben, vermissen lassen. Das Spiel passte nicht zum guten Rahmen und dem guten Wetter. Zumindest von unserer Seite nicht. Das Ergebnis geht so in Ordnung, aber wir sind nicht zufrieden damit“, so der Ex-Profi, der monierte: „Wir haben unsere tiefen Läufe vermissen lassen. Gerade in der zweiten Halbzeit. Das was uns sonst stark macht, war diesmal nicht drin, Wir müssen wieder da hin kommen, dass wir die Stärken ausspielen.“ Aber wie hatte es auf der anderen Seite Dennis Thiessen so schön zusammengefasst? Die Füße – und offenbar auch ein bisschen mehr – waren noch nicht ganz eingestellt. Auf beiden Seiten... 


Jan Knötzsch