Kommentar

Ein derartiges Frühschicht-Finale ist eine Farce

Das Stadion an der Hoheluft – der Austragungsort des ODDSET-Pokalfinales. Foto: KBS-Picture.de

Seit heute Morgen ist es raus: Das ODDSET-Pokalfinale der Saison 2018/2019 am 25. Mai findet um 10.30 Uhr im Stadion an der Hoheluft statt. Dies gab der Hamburger Fußball-Verband (HFV) bekannt. Die frühe Anstoßzeit begründet sich damit, dass die ARD als verantwortlicher Sender am extra ins Leben gerufenen Finaltag der Amateure zwischen den Finalspielen der Landesverbände ein Rennen der Formel E überträgt, und der Time-Slot 12.30 Uhr, den es für die Amateurfußballer zuletzt gab, wegfällt. Wir kommentieren das Ganze.

Jetzt haben wir also den Salat. Oder nein, Stopp. Salat zum Frühstück ist nicht jedermanns Sache. Dass wir aber am 25. Mai ein Hamburger Pokalfinale quasi zum Frühstück serviert bekommen – an diesen Gedanken müssen wir uns in der Hansestadt gewöhnen. Denn seit der DFB, die ARD und die Landesverbände sich geeinigt haben, was die Anstoßzeiten der einzelnen Endspiele am sogenannten Finaltag der Amateure angeht, ist sicher: In Hamburg wird der Ball ab 10.30 Uhr rollen. Früher als zuletzt gewohnt. Nun wird mancher argumentieren, dass es ja auch in der Ober- und den Landesligen in der Saison Spiele gibt, die die zu ähnlich frühen Zeiten angepfiffen werden. Richtig, völlig korrekt. Die aber betreffen aber auch nicht eine, so gesehen die Stadt überspannende, Allgemeinheit an Fußball-Fans wie es bei einem Pokalfinale der Fall ist.

Was soll HFV-Präsident Fischer auch anderes Sagen?

Foto: KBS-Picture.de

Der gemeine Fan aus der Stadtmitte wird es vielleicht noch zähneknirschend hinnehmen, aber nehmen wir mal an, Norderstedt und Dassendorf erreichen das Endspiel. Der Anfahrtsweg aus diesen beiden, nennen wir sie mal freundlich so, Randgebieten Hamburgs ist eh schon lang. Ihn aber so antreten zu müssen, dass man bereits gegen 10 Uhr, spätestens 10.15 Uhr (man will ja pünktlich sein) an der Hoheluft ist – schon hart. Irgendwo an der Grenze des Verständlichen, auch wenn manche es als Jammern auf hohem Niveau bezeichnen würden. Dass HFV-Präsident Dirk Fischer davon ausgeht, dass trotzdem viele Zuschauer den Weg an die Hoheluft finden werden, ist klar. Was soll er auch anderes sagen? Den eigenen Event schlecht reden?

Apropos Event – das ist genau das Stichwort, was an dieser Stelle passt. Eines dieser Worte aus dem Kanon derer, die vermarkten, kommerzialisieren, eventisieren und Kohle scheffeln wollen, wo es nur geht. Der Finaltag der Amateure – man lasse sich diesen Begriff einmal ganz genüsslich auf der Zunge zergehen – ist ein Opfer genau dieser Wir-kriegen-den-Hals-nicht-voll-Mentalität geworden. Dass vier Endspiele der Landesverbände morgens um 10.30 Uhr beginnen müssen (!) ist der Tatsache geschuldet, dass die ARD nach diesen Spielen an einem Tag, der eigentlich ja Amateurfußball gehören soll, ein Rennen der Formel E zeigt. Ganz nach dem Motto “Auch hier nehmen wir dann gerne noch ein paar Werbe-Einnahmen mit.”

Der für die Amateure gedachte Finaltag 2019 ist eine Ohrfeige für die Basis

Ob die Ränge beim Finale am 25. Mai ebenso gut gefüllt sein werden wie im vergangenen Jahr? Foto: KBS-Picture.de

Nun mag es nett sein, dass auch einmal andere Sportarten außer König Fußball in den Genuss kommen, sich präsentieren zu können. Aber es zeigt, was den Oberen in der DFB-Zentrale ihre Basis, der Amateurfußball, wert ist: nicht viel. Allein schon, den Finaltag am gleichen Tag mit dem DFB-Pokalfinale anzusetzen, zeugt von wenig Weitblick. Was zum Beispiel, wenn der HSV wirklich das Endspiel erreicht und man gerne nach Berlin, aber auch den Heimatclub im Hamburger Pokalfinale unterstützen möchte? Dumm gelaufen, wenn man den Stress des Hin-und-Her-Fahrens an einem Tag an der Backe hat, oder wie? In anderen Landesverbänden wird das vielleicht noch nicht mal möglich sein, wenn ein Verein aus dieser Region in Berlin kickt und das Finale daheim zur Gattung der Nachmittags-Spiele zählt.

Kurzum: Die Amateure werden an ihrem Finaltag ins morgendliche Abseits gedrängt. Ein derartiges Frühschicht-Finale ist eine Farce. Und dieser eigentlich für die Amateure gedachte Finaltag 2019 nichts anderes als eine Ohrfeige für die Basis. Der DFB zeigt, wie schon bei der Nationalmannschaft, die sich in einem Wahn von Kommerzialisierung und Eventisierung, kilometerweit von Fans und dem (Amateur-)Fußball abgenabelt hat, sein wahres Gesicht, Das schöne Reden über die Wichtigkeit der Basis – es wird wieder einmal ad absurdum geführt.


Jan Knötzsch