
So - 19.02. 10:45 Uhr

Reinmüller

250

Furkan Cevdet Vardar (RW Wilhelmsburg)
Oberliga
Ein „Beherrschen“ ohne Ertrag - bis Denis den Turbo zündet!
Erciyes Palo (li.) schlägt die Hände auf den Kopf, Janek Wrede blickt konsterniert drein - während Ole Eggers (2. v. re.) den späten Ausgleichstreffer bejubelt. Foto: noveski.com
Tjorven Köhler (li., leicht verdeckt) bringt den HEBC nach einem dicken Patzer von ETV-Keeper Viktor Weber früh in Führung. Foto: noveski.com
Eine Wahrnehmung, mit der Kocadal das Geschehen am Reinmüller auf den Punkt brachte. Sein HEBC profitierte früh von einem kapitalen Aussetzer von ETV-Fänger Viktor Weber, der eine harmlos anmutende Ecke von Friedemann Schott fallen ließ und Tjorven Köhler den frühen Führungstreffer ermöglichte (3.). Der „Blondschopf“ der Lila-Weißen erlebte generell eine ereignisreiche erste Halbzeit: Tor, Trikottausch, Schuhwechsel, Gelbe Karte und viele intensive Duelle.
Apropos intensiv: Der HEBC agierte in einem kompakten 5-4-1-System und wollte, wie schon im Hinspiel, hoch anlaufen. Das Problem: „Der ETV einen ziemlichen Entwicklungsschritt gemacht. Wir kamen gar nicht hinterher. Der Plan war schon, etwas höher zu stehen - besonder bei Abstößen. Aber die führen die Abstöße so schnell aus, da waren unsere Jungs, weil sie viel gelaufen sind, noch gar nicht dazu in der Lage, oben anzulaufen. Das Spieltempo war an diesem Tag einfach ein bisschen zu hoch für uns, um hoch zu pressen“, erkannte Kocadal, dessen Mannen dem Druck der Gäste aber standhielten - mit einer Ausnahme. Die vom HEBC-Coach bereits angesprochene „hundertprozentige Torchance“, als Emre Töremis eine Flanke von Michael Igwe zunächst per Kopf an den Pfosten und im Nachsetzen mit dem Fuß an die Latte beförderte (18.).
"Die musst du erstmal bespielen"
Tjorven Köhler (li.) bejubelt sein Führungstor - Lion Jodeit eilt als erster Gratulant herbei. Foto: noveski.com
Ansonsten fand der spielerisch überlegene ETV kaum Mittel und Möglichkeiten, entscheidend durchzudringen. „Wir sind immer gut - bis zum letzten Drittel. Wir schießen nur nicht aufs Tor. Wenn wir mal schießen würden, dann würde es nochmal anders aussehen. Das müssen wir lernen, den Ball nicht ins Tor tragen zu wollen“, befand Atamimi - und fügte an: „Wir haben Fehler gemacht. Und wenn man in der Oberliga Fehler macht, werden diese sofort bestraft.“ Was es seinem Team außérdem schwer machte, waren die generellen Gegebenheiten: „Kleiner Platz, Uhrzeit und eine Mannschaft, die gegen Dassendorf 0:0 spielt und Norderstedt rauswirft, die musst du erstmal bespielen und dir Torchancen herausspielen.“
Vielmehr hatten die „Veilchen“ nach der Pause zweimal die Gelegenheit, das 2:0 zu erzielen. Aber Fabian Lemke zielte etwas zu ungenau (65.) und der eingewechselte Raoul Bouveron scheiterte mit der langen Fußspitze an Webers Fingerkuppen (69.). Bis zur 81. Spielminute passierte auf der anderen Seite so gut wie gar nichts. Patrick Meins musste nicht einmal ernsthaft eingreifen - trotz der Ballbesitz-Dominanz des ETV. Dann aber setzte Jepthah Asare einen Schlenzer nur knapp am langen Eck vorbei. Und am Ende waren es zwei Joker, die dem Gast zumindest noch einen Zähler retteten: Noel Denis startete noch in der eigenen Hälfte ein unnachahmliches Solo, ließ vier Mann stehen und hatte im Strafraum noch den Überblick für den mitgelaufenen Jan-Ole Eggers - 1:1 (89.)!
"Ein gutes Ergebnis, wenn man sieht, was der ETV abgebrannt hat"
Kollektives Ausrasten bei Torschütze Ole Eggers (li.) und seinen Teamkollegen nach dem ganz späten Ausgleichstreffer. Foto: noveski.com
„Das ist seine Aufgabe. Wir wissen, dass er das kann und auch so macht, aber auch, dass er eigentlich nur die Luft für zehn oder 15 Minuten hat. Wir brauchten ihn heute aber früher“, lobte Atamimi seinen „Flügelflitzer“, der nach seiner Einwechslung sofort frischen Wind ins Spiel der Rot-Weißen brachte - und mit seiner Vorarbeit zumindest 99-prozentigen Anteil am Remis hatte.
Trotz des ganz späten Gegentreffers bilanzierte Kocadal: „Ein gutes Ergebnis für uns. Wenn man sieht, was der ETV hier abgebrannt hat. Das ist auf jeden Fall die beste Pressing-Mannschaft in ganz Hamburg. Die haben uns gar keine Zeit gelassen, mal drei, vier Pässe in Ruhe zu spielen. Nichtdestotrotz: Ich habe nur eine hundertprozentige Torchance gesehen - und das war die doppelte Alu-Chance, wo wir uns richtig dumm anstellen mit drei Verteidigern gegen einen Mann. Und in der zweiten Halbzeit haben wir zwei sehr gute Möglichkeiten.“ Es sei aber auch so, dass man „nur mit Unentschieden nicht weit kommt“, so der HEBC-Übungsleiter. „Man kann sich natürlich freuen und es ist auch gut für die Moral, dass man gegen diese Top-Teams etwas mitnimmt. Aber im Endeffekt brauchen wir Siege.“
Verdient oder unverdient? "Das juckt mich nicht!"
Weder Blerim Qestai (li.) noch Hendrik Diekmann waren unmittelbar nach Schlusspfiff mit der Punkteteilung gänzlich zufrieden. Foto: noveski.com
Dennoch: „Man muss sich nicht schämen, dass man eigentlich über 90 Minuten beherrscht wurde vom ETV. Wir haben einen extrem guten Fight geliefert und es gibt Teams, die unter diesem Druck zusammenbrechen. Das machen wir einfach nicht. Und da ziehe ich den Hut vor meiner Mannschaft, wie sie das alles wegverteidigt.“ Was seine Elf „in den letzten Wochen abgezogen hat, das ist schon richtig toll und darauf kann man aufbauen.“ Und obwohl der ETV den Hausherren mit dem Pressing „komplett den Schneid abgekauft“ habe, konnte man „sehr viele Ballgewinne im Zentrum verbuchen, diese aber nicht zu unserem Vorteil nutzen“. Ob die Punkteteilung am Ende verdient oder unverdient war, „das juckt mich gar nicht“, entgegnete Kocadal abschließend.