Landesliga Hansa

Die Lage der Liga: Oben alles klar? Türkiye unten mit „Dela“ aus dem Keller?

Einer von Türkiyes neuen Hoffnungsträgern: Sascha de la Cuesta. Foto: Bode

Am heutigen Freitagabend ist es soweit: Der SV Nettelnburg-Allermöhe und der Rahlstedter SC eröffnen mit ihrem Duell zeitgleich mit dem „Kickoff“ beim Spiel des Klub Kosova gegen den Düneberger SV die Restsaison der Landesliga Hansa. Nachdem wir vorm Start in die verbleibende Spielzeit bereits die Lage in der Regionalliga Nord, der Oberliga sowie der Landesliga Hammonia unter die Lupe genommen und analysiert haben, tun wir dies nun auch mit der Hansa-Staffel, in der es in dieser und der vergangenen Woche gerade bei den Spitzenclubs neue Entwicklungen gab. Wir beschäftigen uns allerdings nicht nur mit dem VfL Lohbrügge und dem ASV Hamburg, sondern auch mit dem weitaus spannenderen Thema namens Abstiegskampf.

Doch beginnen wir ganz oben. Dort, wo alles klar ist. Oder muss man neuerdings vielleicht doch die Frage stellen: Ist oben alles klar? Eigentlich ja. Denn das Rennen um den Meistertitel in der Hansa-Staffel ist – so weit kann man sich gefahrlos aus dem Fenster lehnen – bereits entschieden. Wer soll den VfL Lohbrügge, den unangefochtenen Leader der Liga, der über die besten Einzelspieler verfügt und augenscheinlich auch als Team vorzüglich funktioniert, noch stoppen? Der ASV Hamburg als Tabellenzweiter? Der Club, der an der Snitgerreihe ist zwar am dichtesten dran – aber eben auch kilometerweit weg. So sehr man vor den Leistungen des Aufsteigers den Hut ziehen und anerkennen muss, dass auch hier eine Horde erstklassiger Einzelspieler am Werke ist, so bitter ist – sollte es denn letztlich wirklich so kommn – auch der Abzug von drei Punkten für dem ASV, der derzeit ja nach den Vorfällen im Testspiel gegen den TuS Osdorf im Raum steht. Er macht es für die Equipe von Ghazi Mustapha eigentlich unmöglich, den VfL noch einzuholen oder gar zu überholen. Die Mannschaft vom Binnenfeldredder ist einfach zu stark. Und zu konstant. Sie wird nicht so derartig stolpern, als dass sich an den Kräfteverhältnissen an der Spitze nachhaltig etwas ändert.

Der SVNA ist zu „nett“ – Berne setzt Impuls, aber reicht das Material?

Gelingt es Neu-Coach Christian Dittmar, den TuS Berne von den Abstiegsrängen fernzuhalten? Foto: Bode

Oder doch? Seit dieser Woche steht am „Binner“ zumindest die Frage im Raum, wie es weitergeht. Mit Mato Mitrovic hat sich nicht nur der Sportliche Leiter aus offiziell beruflichen Gründen per sofort verabschiedet. Nein, Mitrovic war zudem auch einer der wichtigsten, wenn nicht sogar der wichtigste Sponsor. „Ich gehe davon aus, dass wir die Saison zu Ende spielen“, sagt Trainer Sven Schneppel. Logisch, was soll er auch anderes sagen. So wird es kommen. Was aber ist in der kommenden Serie? Wer die mögliche Oberliga-Saison 2020/2021 des VfL Lohbrügge finanzieren soll, ist zumindest offiziell derzeit völlig offen – und so könnte das Mitrovic-Ende mit Zeitverzögerung noch so seine Probleme für die „Wild Boys“ bringen, denn die Rechnung ist einfach: kein Mitrovic-„Money“ = keine starken Neuzugänge (von denen drei offenbar schon fest am Haken zappelten) = Abstiegskampf! Am Binnenfeldredder ist man bestens beraten, diese Frage schnellstens, aber eben auch umso nachhaltiger zu klären, damit der berühmte Schuss nicht irgendwann nach hinten losgeht.

Wenn wir das Wort „hinten“ durch „unten“ ersetzen, dann sind wir im Abstiegskampf angelangt. Bei den Teams, die hinten stehen. Die den Anforderungen hinterherhinken. Bei den Teams, bei denen zwischen Anspruch und Wirklichkeit bisweilen Welten klaffen. Sreng genommen könnte man die Clubs, die in Gefahr sind, in die Bezirksliga runter zu müssen, fast sogar bis zum zehnten Platz verorten – doch während wohl logischer Weise kaum noch einer den berühmten einen Pfifferling auf den Ligaverbleib von Schlusslicht FTSV Altenwerder setzt, dürften die Vereine, denen das größte Zittern bevorsteht, wohl das Quartett Düneberger SV, FC Türkiye, SV Nettelnburg-Allermöhe und TuS Berne sein. Bei Türkiye und dem SVNA darf man frisch, fromm und frei von der Seele weg bilanzieren: Die bisherige Saison ist misslungen! Keines der beiden Teams hatte man letztlich genau dort, wo die Mannschaften jetzt stehen, erwarten müssen. „Türkiye gehört da unten eigentlich nicht hin“, sagt beispielsweise SVNA-Trainer Daniel Andrade-Granados, während Rahlstedts Coach Mo Wadhwa konstatiert: „Der SVNA hat da unten eigentlich nichts zu suchen, die hätte ich in der Tabelle eher in der Region erwartet, in der wir jetzt stehen.“  Eigentlich...

Düneberges Konstanz? Dass man nicht konstant genug ist...

Auf Düneberg-Coach Dennis Tornieporth (li.) und sein Team wartet im Kampf um den Klassenerhalt eine Menge Arbeit. Foto: Bode

Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Beim FC Türkiye hat man, was die personelle Besetzung angeht, den Ernst der Lage erkannt, personell nachgebessert und die Mannschaft um veritable, bereits in der Oberliga erprobte Kicker wie Sascha de la Cuesta, Tolga Odabas und Isaac Akyere ergänzt. Zugänge, die dringend nötig waren. Zum einen, weil sie spielrerische Klasse mitbringen. Zum anderen, weil der Mannschaft aus Wilhelmsburg Leitwölfe und Erfahrenheit fehlen – ein Cem Müller allein reichte bislang nicht, um die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Der Club befindet sich – anders als in den Jahren, in denen man Großes vorhatte und dieses genauso groß verkündete, ganz eindeutig in einem Jahr der Konsolidierung. Nicht mehr und nicht weniger. So zurückhaltend die Türkiye-Töne in dieser Saison sind, so sehr muss der Verein aber auch aufpassen, dass das Unterfangen Klassenerhalt nicht schief läuft. Selbiges würde den FCT gefühlt um Jahre zurückwerfen – und ganz sicher auch nicht der Anspruch der handelnden Personen sein. Das Dilemma des SVNA? Auch hier fehlt es an Erfahrung. Und ergo auch an Spielern, die in der Lage sind, im Rahmen des Erlaubten, auch mal dreckig zu spielen. Das Team ist zu brav – ein Umstand, mit dem man im Abstiegskampf nicht einmal den immer wieder gern zitierten Blumentopg gewinnt.

In Berne entstand derweil zuletzt unter anderem durch den 4:1-Erfolg vor der Winterpause gegen den Düneberger SV noch einmal so etwas wie eine neue Euphorie. Vielleicht auch dadurch ausgelöst, dass man mit dem Wechsel auf der Traunerbank von Frank Neben zu Christian Dittmar einen neuen Impuls gesetzt hat, wie man so schön sagt. Doch auch Dittmar hat das gleiche Los zu tragen wie sein Vorgänger: Der TuS verlor im Sommer diverse Leistungsträger, deren Abgang man im Laufe der Spielzeit bislang nicht adäquat kompensieren konnte. Auch im Winter wurde nun nicht großartig nachgelegt – es könnte, ebenso wie in Düneberg und beim SVNA zum Nachteil gegenüber Türkiye werden. Wobei Namen allein freilich keinen Erfolg garantieren. Auch in Düneberg ist man, was das Spielermaterial angeht, limitiert – ob nur von der Menge an Kickern oder auch von dessen spielerischen Fähigkeiten, bleibt abzuwarten. Bisweilen jedenfalls macht es den Eindruck, als sei das Team von Dennis Tornieporth von dem, was Trainer und Abstiegskampf (er)fordern, überfordert. Die Konstanz im Positiven jedenfalls fehlt. Eher ist es eine Konstanz, dass man nicht genau weiß, was einen beim DSV am Ende erwartet – die Mannschaft eben inkonstant ist. Keine guten Voraussetzungen im Kampf um den Klassenerhalt. Bliebe abschließend die Frage, wer oben und unten das Rennen macht. Die Prognose: Lohbrügge wird Meister, Türkiye kommt mit „Dela“ und Co aus dem Keller – und Düneberg und Berne begleiten Altenwerder in die Bezirksliga.

Jan Knötzsch