Oberliga Hamburg
28. Spieltag


TuS Osdorf

3

:

2


Hamburger SV III

Anpfiff

Fr - 17.02. 19:30 Uhr

Spielstätte

Blomkamp

Zuschauer

270

Schiedsrichter

Lasse Holst (FC Türkiye)

Oberliga

Dank Spranger, Schmidt und „Comebacker“ Ude: Osdorfer Standard-Schule schlägt Rothosen-Ego-Schiene!

Der TuS Osdorf feiert den 3:2-Heimsieg gegen den HSV III nach einem frühen 0:2-Rückstand. Foto: Malte Krause

Das letzte Duell beider Teams am Blomkamp hatte durchaus denkwürdigen Charakter - und die beiden jetzigen Cheftrainer spielten dabei eine durchaus prägende Rolle als Spieler: Während Bennet Krause sein sage und schreibe 1000. Pflichtspiel (!) für den TuS Osdorf bestritt und einen ehrwürdigen Abend erlebte, führte Torben Wacker den Hamburger SV III als Kapitän auf das Feld, musste das 1:9-Debakel hautnah miterleben und über sich ergehen lassen. Kaum verwunderlich also, dass Wacker - fast anderthalb Jahre später - vor der Partie beim aktuellen Oberliga-Schlusslicht und den Besonderheiten am Blomkamp warnte. Auch im Hinspiel kassierten die Rothosen eine 0:1-Niederlage gegen den TuS. Damaliger Torschütze: Georg Demircan, um den es in der Vorwoche beim Osdorfer Gastspiel in Niendorf (0:4) jede Menge Aufregung gab...

Acht Minuten vor Schluss feierte Antonio Ude (re.) mit fast 42 Jahren sein Comeback. Keine 60 Sekunden später durfte er den Siegtreffer bejubeln. Foto: Malte Krause

Nach einem echten „Wirkungstreffer“ blieb der durchaus als Hitzkopf bekannte Mittelfeldspieler benommen und zunächst sogar regungslos am Boden liegen. Der NTSV spielte den Angriff zu Ende und erzielte das vorentscheidende 2:0. „Wir hätten das Spiel auch so verloren“, gab Bennet Krause unumwunden zu, ärgerte sich aber erheblich über das Verhalten von Niendorf-Coach Ali Farhadi, der seine Schützlinge von der Seitenlinie dazu aufforderte, weiterzuspielen. Demircan trug eine Gehirnerschütterung davon und musste die nächsten Tage sogar beruflich aussetzen.

Gegen die „Dritte“ des HSV stand Demircan, der nach eigener Aussage keinerlei Erinnerungen an den Sonntag hat, aber wieder in der Startelf und erlebte mit seinem Team ein wahres Wechselbad der Gefühle (alle Highlights im LIVE-Ticker). Hinten katastrophal, vorne bei Gegenstößen stets gefährlich und mit ungeheurer Comeback-Mentalität - so könnte man den Auftritt des TuS in den ersten 45 Minuten zusammenfassen. Beispielsweise gefällig: Zweimal liefen die Krause-Kicker nach langen Bällen über die eigene linke Defensivseite eklatant nur hinterher, beide Male klingelte es im Kasten von Tjark Grundmann. Zuerst nach einem Abschlag (!) von Keeper Niklas Grünitz, der nach einem Achillessehnenriss sein Comeback und gleichzeitig auch sein Pflichtspiel-Debüt für die Rothosen feierte, weil Tobias Müller krankheitsbedingt passen musste. Sepehr Nikroo verwertete den Assist seines Schlussmannes (19.), ehe Simon Siegfried nach einem langen „Huf“ von Julian Pötzinger nicht mehr zu halten war - 0:2 (24.)!

Spranger-Standards sorgen für Wende

Ali Can Sommer (li.) im Duell mit dem späteren Gelb-Rot-Sünder Yannis Büge. Foto: Malte Krause

Die Wacker-Elf schien Revanche für die letzten Ergebnisse gegen den TuS zu nehmen, verlor aber auf einmal und urplötzlich völlig den Faden. Und wie! Felix Spranger, dem in der Rückwärtsbewegung ein ums andere Mal der Zugriff auf seiner Seite abhandenkam, bereitete den Anschluss per Ecke mustergültig vor, Robin Schmidt schädelte die Kugel in den Winkel (27.)! Und keine 240 Sekunden später leitete Spranger nach Nikroos vergebener Großchance und anschließender Rothosen-Ecke den Gegenzug ein, ehe Incheol Choi am gegnerischen Sechzehner von Lasse Lüttgen gelegt wurde und Spranger das Spielgerät aus 18 Metern über die Mauer hinweg ins rechte Toreck schlenzte - 2:2 (31.)! In der Folge hätte Osdorf das Spiel noch vor der Pause gänzlich auf den Kopf stellen müssen, betrieb aber Chancenwucher in Reinkultur.

Nikroo versucht's alleine - Büge erweist den Bärendienst

TuS-Matchwinner und Doppeltorschütze Robin Schmidt (li.) behauptet sich in der zweiten Etage gegen Sepehr Nikroo. Foto: Malte Krause

Dass den Rothosen auch im zweiten Abschnitt die Felle davon schwammen, lag einerseits an der Ego-Tour von Nikroo, der etliche Male die besser postierten Nebenleute übersah und nur für sich spielte, sowie an der dämlichen Gelb-Roten Karte gegen Yannis Büge, der einem viel zu lang geratenen Ball hinterherjagte und - überflüssig wie ein Kropf - nur TuS-Torsteher Tjark Grundmann traf (79.)! „Er ist ein Spieler, der Erfahrung mitbringt und keine 19 oder 20 Jahre jung ist. Da muss er cleverer sein! Gerade in der Phase waren wir etwas besser im Spiel“, bemängelte Wacker.

Und so schrieb ein Mann die Geschichte des Spiels, der in wenigen Wochen seinen 42. Geburtstag feiert: Antonio Ude! „Gestern haben sich noch zwei Jungs im Training krankheitsbedingt abgemeldet. Am Morgen hatten wir nur 15 Mann im Kader - ohne die Unterstützung aus der U23“, verriet Krause - und erklärte, dass es bereits am Donnerstag beim Abschlusstraining "so ein bisschen rumort“ habe. Genauer gesagt: „Ich habe zu ‚Toni' gesagt: ‚Nimm‘ mal deine Fußballschuhe mit und mach’ dich bereit für einen Kurzeinsatz.’ Und dann hat er gesagt: ‚Die Schuhe sind auf jeden Fall schon am Platz.‘ Und es war dann auch nochmal ganz gut, dass wir ihn gebracht haben.“

Ude kommt, sieht und siegt!

Marcell Jansen (li.) war bei der Defensive der "Blomkampler" gut aufgehoben und nahezu abgemeldet. Foto: Malte Krause

In der 82. Minute betrat Ude das Geläuf, keine 60 Sekunden später reckte er jubelnd die Arme in die Höhe - und beinahe hätte der 41-jährige Routinier entscheidenden Anteil daran gehabt. Zum dritten Mal an diesem Abend war es ein ruhender Ball aus dem Halbfeld von Spranger, der für totales Chaos in der Gäste-Abwehr sorgte. Jannik Ahrens kam dem dahinter postierten Ude zuvor und Schmidt drückte das Runde unter riesigem Jubel ins Eckige (83.)! Mit Ude kam quasi auch der Sieg - und der Spaßfaktor. Als es zwei Minuten vor Ultimo von der Bank den flapsigen Kommentar gab: „Toni, mal ein Sprint!“, entgegnete dieser nur mit einem ungläubigen Blick.

Ungläubig blickte nach Schlusspfiff auch Torben Wacker drein. Minutenlang philosophierte er noch mit Julian Pötzinger auf der Bank über die Gründe für die Niederlage - und meinte anschließend: „Das haben wir uns zu 100 Prozent selbst zuzuschreiben!“ 25 Minuten lang hätten seine Mannen „alles im Griff“ gehabt. „Du führst 2:0 - und dann weiß ich nicht, was auf einmal passiert ist. Es war wirklich ein kompletter Bruch in unserem Spiel. Wir sind im Abstiegskampf, da geht nichts locker! Dass wir nach 30 Minuten das Fußballspielen komplett einstellen, keine Zweikämpfe mehr annehmen die Räume nicht mehr dicht machen und Osdorf so einfach ins Spiel kommen lassen - das kann ich weder verstehen noch akzeptieren!“

"Wir haben Kinderfußball gespielt!"

Antonio Ude entledigt sich seiner Warmmach-Klamotten und macht sich bereit für seinen Einsatz. Foto: Malte Krause

Was ihn zudem „maßlos geärgert“ habe, war die Tatsache, „dass im Vorfeld explizit noch auf die Standards von Osdorf hingewiesen wurde. Ganz egal, ob vom Mittelkreis, aus dem Halbfeld oder bei Ecken.“ Und letztendlich fielen sämtliche Gegentore nach Ecken oder Freistößen - angefangen mit dem 1:2. „Wir sind nicht am Mann und gehen gar nicht hoch - das geht so nicht! Wir müssen in der Box konsequent verteidigen“, haderte Wacker. „Auch beim 2:2 agieren wir einfach nicht clever. Und am Ende kannst du sogar noch froh sein, dass du dir nicht noch das 2:3 fängst - das war das einzig Gute. In der zweiten Halbzeit war es kein schönes Spiel von beiden Seiten. Man hat gemerkt, dass keiner der ersten Fehler machen wollte.“

Aber: Die Chancen waren da, um das Ruder vielleicht auch in eine andere Richtung rumreißen zu können. „Vielleicht muss man in der einen oder anderen Situation auch einfach mal den Nebenmann sehen. Das gilt für alle“, wünscht sich Wacker mehr den Teamgedanken im Vordergrund. Und so brachte es Artur Krüger, der sich verletzt in den Dienst der Mannschaft stellte und 90 Minuten lang den Allerwertesten aufriss, was nicht für jeden Spieler galt, im Kreis nach dem Spiel auf den Punkt: „Wir haben Kinderfußball gespielt!“ Wacker präzisierte: „Wir haben die Zweikämpfe wie Kinder geführt, Osdorf hat die angenommen - und das war am Ende der Unterschied. Und es kotzt mich einfach an, dann auch noch per Standard, wo der Ball gefühlt fünf Jahre in der Luft ist, das 2:3 zu kriegen! Das kann ich einfach nicht verstehen“, schimpfte der Rothosen-Coach.

"Hätten die einen Punkt geholt, wäre das Licht aus gewesen"

Ein Lebenszeichen im tristen Tabellenkeller vom TuS Osdorf - und ein Sieg nach einem Zwei-Tore-Rückstand, womit man den HSV III wieder unten reinzieht. Foto: Malte Krause

Völlig verständlicher Frust auf der einen, Jubel auf der anderen Seite: „Die Jungs haben eine super Moral bewiesen! Das ist wahrlich keine Selbstverständlichkeit, wenn man als Tabellenletzter auch noch 0:2 hintenliegt“, war Bennet Krause mächtig „stolz auf die Truppe“ - und befand: „Heute hatten wir auch mal das Glück auf unserer Seite. Aufgrund der letzten Wochen, wo die Jungs echt viel einstecken mussten, freut mich das total, dass sie sich heute einfach mal belohnt haben.“ Und einen direkten Kontrahenten wieder mit ins Boot geholt. „Es ist auf jeden Fall so, dass wir den HSV vielleicht nochmal ein bisschen verunsichert und eventuell auch nochmal mitreingezogen haben. Denn: Wenn die hier gewonnen oder auch nur ein Punlz geholt hätten, dann wäre das Licht wahrscheinlich aus gewesen. So haben wir in der kommenden Woche ein weiteres Endspiel, was wir auf jeden Fall gewinnen müssen.“