Abpfiff – Die FussiFreunde-Kolumne

Norderstedts (nicht ganz neuer) Neuanfang, Cordis Korrekturen und Sids Schiri-Schelte

31. Januar 2022, 12:22 Uhr

Foto: KBS-Picture.de

In unserer Kolumne „Abpfiff“ greifen wir die wichtigsten Themen der zurückliegenden Woche im Hamburger Amateurfußball auf und kommentieren diese. In dieser Woche geht es um den Trainerwechsel beim FC Eintracht Norderstedt im Sommer 2022, das personelle Aufrüsten des selbsternannten Regio-Aspiranten Cordi und die Schiedsrichterkritik von Hamm Uniteds Trainer Sidnei Marschall nach dem Spiel gegen BU am vergangenen Freitag.

Ein Generationenwechsel in Norderstedt: Sympathieträger Jens Martens macht am Saisonende den Weg frei. Foto: noveski.com

Manchmal gehen Dinge auseinander, von denen man gar nicht geglaubt hat, dass sie wirklich auf einmal auseinander gehen. Freundschaften, Beziehungen. Ehen. Auch Erfolgs-Ehen. So wie die zwischen Jens Martens und dem FC Eintracht Norderstedt. Zweimal den Einzug in den DFB-Pokal geschafft, damals nach seiner Amtsübernahme die Regionalliga Nord gehalten, eine mögliche Rekordsaison 2019/2020 nur von der Corona-Pandemie verhindert – da darf man schon von einer veritablen Erfolgsgeschichte sprechen. Dennoch: So überraschend das Martens-Ende in Norderstedt für manchen auch kommen mag, so gering ist die Menge der Aufschreie a la „Wie können die nur? Der hat doch gut gearbeitet...“

Ein Generationenwechsel, der logisch ist – aber auch ein bisschen Risiko beinhaltet

Olufemi Smith (li.) tritt in die Fußstapfen von Martens als alleiniger Chefcoach in Norderstedt. Foto: noveski.com

Zurecht. Denn es ist letztlich nicht so, dass Martens mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt wird, weil es beispielsweise in dieser Saison nicht mehr so läuft. Nein, es ist schlicht und einfach ein Generationenwechsel, den die Eintracht da einleitet. Wohlüberlegt, wohltuend unaufgeregt. Hier der 66-jährige Martens, der im Abendblatt sagt, wieder mehr Zeit für seine Frau haben zu wollen. Da der 43-jährige Smith, der an der Seite Martens‘ hat wachsen – und vor allem lernen – können. Dass der eine Teil eines so oder so schon gleichberechtigten Duos übernimmt, wenn der andere geht – es ist ein nur logischer Schluss. So schließlich ist das, was sie in Norderstedt vollziehen eben nur en Generationenwechsel. Und kein kompletter Neuanfang.

Und doch: ein bisschen Risiko schwingt in der „Beförderung“ von Olufemi Smith zum alleinigen Chef mit. Seine Trainerstationen beim USC Paloma und dem SC Condor, wo er jeweils vom Co- zum Cheftrainer aufstieg, waren nicht von einer Erfolgslinie durchzogen, wie die Ära Martens in Norderstedt. Sein Scheitern an der Brucknerstraße und am Berner Heerweg, so begründet „Femi“ via Abendblatt, habe auch damit zu tun gehabt, dass es dort Umbrüche gegeben und Strukturen gefehlt haben. Nun, eine Art Umbruch ist auch der Wechsel von Martens zu Smith. Aber eben nur ein kleiner. Und vor allem: einer in guten Strukturen. Und in Ruhe. Kein Neuanfang eben. Nur ein Generationenwechsel. Völlig logisch also, dass bei dieser auseinandergehenden Beziehung keiner sein Gesicht verliert.

Ein Kader-Feinschliff, der spät kommt – aber unumgänglich war

Ist Sinisa Veselinovic der "Game Changer" für die Ambitionen Concordias? Foto: noveski.com

Apropos Gesicht: Das des Kaders von Concordia hat sich noch einmal verändert. Nicht komplett. Aber eben doch schon grundlegend, könnte man angesichts von gleich fünf Neuzugängen ins Feld führen. Auch dieser Schritt ist nachvollziehbar. Der Blick auf die Tabelle reicht aus: Cordi läuft der Musik hinterher. Die Kapelle spielt nicht dort, wo man sich das beim Traditionsverein gewünscht hat. Um im musikalischen Jargon zu bleiben: Am besten tanzt wieder einmal die TuS Dassendorf (durch des Gegners Reihen) – auch wenn der Equipe von Trainer Jean-Pierre Richter am Sonntag in Sasel gezeigt wurde, dass auch andere Vereine in der Oberliga Fußball spielen können. Doch zurück zu Cordi: Vor der Saison hat dort Trainer Frank Pieper-von Valtier freimütig die „Regio“ als Ziel ausgerufen. Konsequent. Angesichts des Kaders ein Muss. Die Realität sieht anders aus – und ist in ganz Fußball-Hamburg bekannt.

Zu viele Punkte wurden liegengelassen – auch wenn es am Wochenende in Curslack mit einem „Last-Minute-Dreier“ geklappt hat. Nicht wenige haben sich in der Saison das eine oder andere Mal verwundert die Augen gerieben ob der Probleme, die Cordi bislang hatte. Doch: Wer sich den Kader des Traditionsvereins ansieht, dem wird nicht entgangen sein, dass dort in der Planung zumindest ein Fehler begangen wurde: es fehlte ein echter „Neuner“. Einer, der in der Box auch mal 89 Minuten nicht zu sehen ist und dann zuschlägt. Die Offensivqualitäten aller anderen Concorden nicht unter den Scheffel gestellt. Diesen Stürmer hat man mit Sinisa Veselinovic nun geholt. Ebenso wie vier andere „Neue“ – darunter zwei Brasilianer. Nicht ohne Risiko, schließlich weiß man nie, wie diese fernab der Heimat einschlagen. Klar aber ist: Mit dem neuen Quintett muss Cordi nun liefern – endgültig. Selbst wenn man als einziger Club für die Aufstiegsrunde melden und diese spielen sollte – denn Kanonenfutter möchte man dort ja auch nicht sein.

Eine Kritik, die vielleicht ein Stückchen zu kurz gedacht ist

Hamm-Coach Sidnei Marschall äußerte am Freitagabend harsche Kritik gegenüber dem jungen Referee Ludolph. Foto: noveski.com

Last but not least an dieser Stelle noch ein paar Worte über etwas, das sich am Freitagabend ereignete: Da hat sich Hamm Uniteds Trainer Sidnei Marschall auf der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen BU episch und wortreich über den Schiedsrichter und dessen Qualitäten „beschwert“. Er sei es leid, er sei müde, er könne es nicht verstehen – gemeint waren Entscheidungen von Schiedsrichter Gerhard Alexander Ludolph, die – salopp formuliert – nicht ganz im Sinne von „Sid“ waren. Für beide Vereine, so Marschall, gehe es um Leben und Tod – und ausgerechnet da schickt der Verband dann einen „18-jährigen A-Jugendschiedsrichter“, der laut Marschall „das Spiel entschieden“ habe. Nun, dass nicht ein jeder fehlerfrei durch ein Spiel kommt – dieses Schicksal ereilt tatsächlich nicht nur Referees, sondern auch Spieler. Das aber am Alter eines Schiedsrichters festzumachen, ist vielleicht eine Spur zu kurz gedacht. Es hat auch schon ältere Schiris gegeben, die nicht ihren besten Tag hatten.

Und was die Sache mit Leben und Tod angeht: Wie sagte doch Liverpool-Legende Bill Shankly: „Einige Leute halten Fußball für eine Sache von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich versichere Ihnen, dass es viel ernster ist...“ Das Augenzwinkern an dieser Stelle wird jeder verstehen...

JK