Oberliga

„Wenn der Schütze beim Anlaufen auf den Torwart guckt, kannst du es beeinflussen“

„Elfmeterkiller“ Gianluca Babuschkin im Interview

28. März 2019, 12:35 Uhr

Die richtige Ecke geahnt: Vier von sieben Elfmetern gegen den SVCN konnte Keeper Gianluca Babuschkin in dieser Saison bereits parieren. Foto: Bode

Am vergangenen Wochenende schlug er wieder zu: Beim Auswärtsspiel des SV Curslack-Neuengamme gegen Altona 93 hielt Gianluca Babuschkin in der ersten Halbzeit einen Elfmeter von Kapitän Marco Schultz. Es war der insgesamt vierte von sieben gegen den SVCN verhängten „Elfern“, den „Babu“ in dieser Saison abwehrte. Wir haben mit dem 25-Jährigen über diese beeindruckende Quote, seine Zeit im Nachwuchs des FC St. Pauli, die Torhüter der deutschen Nationalmannschaft und seine Vorliebe für Gianluigi Buffon gesprochen und zudem versucht, zu ergründen, was das Geheimrezept des Curslacker „Elfmeterkillers“ ist. 

Gianluca, wenn ihr im Training oder danach Elfmeter schießt, trauen sich deine Mitspieler überhaupt noch gegen dich anzutreten?

Gianluca Babuschkin: Eigentlich machen wir das gar nicht. Aber es gibt jeden Donnerstag ein Elfmeter-Duell zwischen unserem zweiten Torwart Leon Giese und mir. Das geht’s immer um einen Kiba (Kirsch-Bananen-Saft, Anm. d. Red.). Ich glaube, ich hab da im Moment mehr Kibas auf meinem Zettel...

War es etwas besonderes für dich, ausgerechnet an der Adolf-Jäger-Kampfbahn am vergangenen Wochenende einen Elfer zu halten? Immerhin hast du ja selbst mal für Altona gespielt.

Babuschkin: In dem Sinne, dass es gegen den AFC ging, war es kein besonders Spiel. Auch wenn ich mal selbst mal für Altona aktiv war. Es war aber schon ein besonderes Spiel, weil es für uns ein wichtiges war. Zudem haben wir gegen den Tabellenersten gespielt und die Atmosphäre mit fast 1000 Zuschauern war geil. Aber explizit nur darauf bezogen, dass ich gegen meinen Ex-Verein gespielt hab, fand ich es nicht besonders.

Was geht einem in dem Moment, wenn man einen Strafstoß hält, durch den Kopf?

Babuschkin: Ich war in dem Moment glücklich. Vor allem, als die Situation komplett bereinigt war. Es war ja knapp. Patrik Papke hat da gut aufgepasst und einen Nachschuss für Altona verhindert, indem er als Erster am Ball war.

Denkt man im Moment, wo der Elfer abgewehrt ist, auch an die Quote, die man damit erreicht hat? Der Strafstoß vom Wochenende war der vierte von sieben, die gegen den SVCN verhängt worden, den du gehalten hast. Gegen Condor hast du in dieser Saison gleich zwei Strafstöße in einer Hälfte abgewehrt...

Zuletzt scheiterte am vergangenen Wochenende Altonas Kapitän Marco Schultz am Curslacker Torhüter. Foto: KBS-Picture.de

Babuschkin: Nein, im Spiel selbst habe ich darüber auf keinen Fall nachgedacht. Das kam mir erst nach dem Schlusspfiff in den Sinn, als ich darauf angesprochen worden bin. Während der 90 Minuten geht einem das eher weniger durch den Kopf.

Lass uns mal ins Detail gehen: Wie machst du das bei den Elfern? Verrat uns doch mal dein Geheimrezept...

Babuschkin: Natürlich steckt da auch Glück dahinter. Es gab ja auch schon Zeiten, wo ich bei Elfmetern keine Quote wie jetzt hatte und es gar nicht lief. Da habe ich viele kassiert und keinen gehalten. Dann habe ich für mich überlegt: Irgendwas muss du anders machen. Ich bewege mich jetzt viel auf der Linie. Früher hab ich mich für eine Ecke entschieden, in die ich dann gesprungen bin. Natürlich kann man versuchen, den Schützen in eine Ecke zu lenken.

Also kann man das Ganze trainieren?

Babuschkin: Wenn der Schütze beim Anlaufen auf den Torwart guckt, kannst du es beeinflussen, ihm eine Ecke auffällig weit anbieten. Es gibt da viele Möglichkeiten. Anders ist es, wenn der Spieler, der den Elfmeter schießt, sich nur auf den Ball konzentriert und auf ihn guckt. Dann musst du dich als Torwart entscheiden: Springe ich in die linke oder in die rechte Ecke?

Also ist es schon ein bisschen Psychologie. Das ist ein gutes Stichwort: Torhütern und Linksaußen sagt man ja nach, dass sie eine ganz besondere Spezies sind und eine Macke haben. Wie äußert sich das bei dir?

Babuschkin: (lacht) Ich bin eher ein ruhiger Torwart. Das haben mir schon viele gesagt. Ich bin nicht der Typ, der laut ist und viel schreit, sondern der, der hinter der Abwehr die Situation ruhig bereinigt, wenn der Gegner durchkommt. Dass ich ein verrückter Torwart bin, der so wie ein Linksaußen ist, hab ich bislang noch von niemandem zu hören bekommen.

Dein Vorname verrät: Du hast italienische Vorfahren. Italien hatte bislang immer gute Keeper. Wer von denen hat dich am meisten beeindruckt?

Babuschkin: Ganz klar Gianluigi Buffon. Der ist ja quasi Profi, seit ich ein kleiner Junge bin. Erst bei Juventus und jetzt in Paris. Selbst, wenn ich Juve-Fan bin, erfreut es mich, dass ich ihn immer noch spielen sehe. Das macht Spaß. Man guckt einfach beides: Juve und PSG.

Wenn wir mal auf die Deutsche Nationalelf gucken. Wer sollte da derzeit deiner Meinung nach die Nummer eins sein: Manuel Neuer oder Marc-André ter Stegen?

Seit August 2015 steht der 25-Jährige für den Club vom Gramkowweg zwischen den Pfosten. Foto: Bode

Babuschkin: Aus meiner Sicht ist ter Stegen seit ein paar Wochen aktuell besser drauf. Man muss aber auch im Hinterkopf haben, was Neuer 2014 auf dem Weg zum WM-Titel beigetragen hat. Man hat gesehen, dass er zuletzt sein Niveau auch wieder gesteigert hat.

Lass uns zurück zu dir kommen: Du hast beim FC St. Pauli in der Jugend gespielt. Was stand im Weg, dass du kein Profi geworden bist?

Babuschkin: Vielleicht war ich nicht gut genug für den Profi-Bereich. Man hat bei St. Pauli in der „Zweiten“ aber auch das Pech, dass man trainiert, trainiert und trainiert – und am Wochenende kommt dann der dritte Keeper der Profis runter und steht im Tor, weil er Spielpraxis sammeln soll. Tobias Grubba, der jetzt bei Altona spielt, hat die gleiche Erfahrung gemacht – er war ja damals auch bei St. Pauli II. Nach einer Saison bei der „Zweiten“ habe ich das so nicht mehr gewollt.

Danach ging's über den AFC zum SVCN. Was macht es für dich so reizvoll, am Gramkowweg zu spielen?

Babuschkin: Die Mannschaft und das ganze Drumherum. Es ist super familiär, uns wird viel gegeben. In den drei Jahren, die ich jetzt hier bin, haben wir immer eine super Mannschaft gehabt mit Leuten, die sich sehr gut verstanden haben. Auch die Anlage mit der Tribüne ist top.

Also sehen wir dich auch in der kommenden Saison im Curslack-Trikot Elfmeter halten? Oder gibt’s Ambitionen, es nochmal woanders oder höherklassiger zu probieren?

Babuschkin: Bisher habe ich noch nicht unterschrieben. Das liegt an privaten und beruflichen Gründen. Ich werde mich in den nächsten ein oder zwei Wochen entscheiden und kann mir auf jeden Fall vorstellen, zu bleiben.

Interview: Jan Knötzsch